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Drachengold: Roman (German Edition)

Drachengold: Roman (German Edition)

Titel: Drachengold: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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Prolog
    Arthur Hammond war stolz auf ein gewisses Maß an Unempfindlichkeit, wenn die Pflicht es verlangte, und auf den Gleichmut, mit dem er körperliche Unannehmlichkeiten und sogar gesellschaftliche Peinlichkeiten ertrug. Er konnte jeden natürlichen Widerwillen unterdrücken, sofern es einem diplomatischen Vorhaben dienlich war. Andere Männer, die mit mehr Taktgefühl gesegnet waren, mochten es sich leisten, zimperlich zu sein – sich selber sah er als ein schlichteres Gemüt, und da dies nun mal so war, hatte er es sich zur Aufgabe gemacht, seine Genügsamkeit auf die Spitze zu treiben. Er musste sich selber gegenüber ebenso rücksichtslos und unnachgiebig sein, wie er es von anderen verlangte, denn nur so war sein Verhalten zu rechtfertigen. Man sollte an ihn denken und zwischen zusammengebissenen Zähnen hervorstoßen: »Oh, Hammond – inakzeptabel, aber er bringt eine Sache zu Ende …«
    Und so hatte er aus seinen natürlichen Anlagen eine Tugend gemacht, und er packte ohne alle Bedenken oder irgendwelche Höflichkeiten jede Gelegenheit, die sich ihm bot, beim Schopfe. Das wiederum hatte zur Folge, dass er sich mit noch nicht einmal dreißig Jahren Botschafter mit uneingeschränkten Befugnissen in China nennen durfte – ein Posten, der auf seine Anregung hin ins Leben gerufen worden war. Allerdings hatte sein Hang auch für die beklagenswerte Lage gesorgt, in der er sich augenblicklich befand und die seine entschlossene Selbstvernachlässigung auf eine bittere Probe stellte. Die Wolldecken, die er sich bis über den Kopf gezogen hatte, waren voller Raureif. Und dann waren da noch die heimtückischen, unvorhersehbaren Bewegungen der riesigen, blassblauen Schwingen, sobald der Drache hinabschoss, um etwas zu fressen. Die Abstände zwischen den Senkflügen waren zu groß, um sich daran zu gewöhnen, und sie folgten zu rasch aufeinander, als dass er sich von einem zum nächsten hätte erholen können. Ständig schwankte Hammond zwischen Übelkeit und Hungergefühlen. Zwar befanden sich Trockenfleisch und Reis in seiner Tasche, aber er konnte sich nur einmal am Tag widerwillig dazu überwinden, eine Hand aus seinen Decken zu stecken, um sich etwas Essbares in den Mund zu schieben. Außerdem wurde ohnehin die Hälfte seines Proviants vom Wind davongeweht. Zumeist begnügte er sich mit wohldosierten Schlucken vom starken Reiswein aus seiner Flasche. So hangelte er sich von Tag zu Tag und vegetierte krank und erschöpft dahin – buchstäblich, wie im übertragenen Sinne, in einem verschwommenen Dämmerzustand, denn seine Brille war sorgfältig in der Innentasche seines Mantels verstaut.
    Zu seiner inneren Abgestumpftheit gesellte sich nach drei Wochen auch eine rein körperliche Gefühllosigkeit; lange Zeit bemerkte Hammond es überhaupt nicht, dass es stetig abwärtsging. Als das Kurierdrachenweibchen die Flügel zusammenlegte, den Kopf nach hinten drehte und sagte: »Das war ein ausgesprochen angenehmer Flug«, schaffte er es eine geschlagene halbe Stunde lang nicht, sich aus dem Geschirr zu befreien, so zittrig und steif waren seine Hände.
    Shen Li sah höflich über seine Schwierigkeiten hinweg. Stattdessen beugte sie sich über ein Wasserloch und trank in tiefen Schlucken; dann hob sie wieder den Kopf und schüttelte sich das Wasser von den Lefzen. »Ich kann den ehrenwerten Lung Tien Xiang nirgends entdecken«, stellte sie fest, während Hammond sich noch immer mühsam an den Haken und Verschlüssen zu schaffen machte, »aber man kann dort drüben auf dem Berg den Pavillon sehen, den er errichten lässt …«
    Hammond wusste nicht, wovon sie sprach, bis es ihm gelang, seine Brille aus der Tasche zu angeln, die Gläser zu putzen und mit zusammengekniffenen Augen der Blickrichtung von Shen Li zu folgen. Tatsächlich erkannte er den Pavillon, der sich am Abhang ganz am anderen Ende des Tales erhob, in dem Shen Li gelandet war. Es handelte sich dabei um ein höchst anspruchsvolles, parthenonähnliches Bauwerk. Ringsum wurde es von Säulen aus gelbem Stein gesäumt, allerdings gab es noch kein Dach. Umgeben war das Gebäude von behelfsmäßigen Hütten.
    »Ich sehe den Pavillon. Aber sind wir nicht noch sehr weit davon entfernt?«, fragte Hammond. Besser gesagt, er wollte das fragen, brachte aber nicht mehr als ein heiseres Krächzen heraus. So gab er den Versuch einer Unterhaltung schleunigst auf und konzentrierte sich stattdessen wieder auf seinen Kampf mit den Geschirrriemen. Im Augenblick hatte er das

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