2012 - Folge 7 - Ein Grab im Dschungel
Moment – Sie sind doch noch Freunde, trotz … na, Sie wissen schon?«
Abby lächelte nickend. »Ja, wir sind noch Freunde, obwohl wir nicht mehr verheiratet sind.«
Jetzt erst umarmte er sie, und sie ließ es sich gefallen und klopfte ihm ein wenig zögerlich und überrumpelt auf den breiten Rücken.
Sie war beruhigt. Tom hatte sie zu Honorato geschickt, den sie um einen Gefallen bitten sollte, bevor sie sich auf den Weg in den Dschungel machte. Er sei ein alter Freund und sein Name Programm – Honorato bedeutete »Ehre«.
Aus Erfahrung wusste Abby allerdings, dass nicht alle Menschen, die Tom als »alte Freunde« bezeichnete, auch wirklich gut auf ihn zu sprechen waren. Sie hatte da in der Vergangenheit schon ein, zwei eher unerfreuliche Erlebnisse gehabt, und einmal hatte ein solcher »alter Freund« bei Toms Anblick sogar wortlos eine Pistole gezogen und tatsächlich auf ihn geschossen …
Mit Honorato jedoch schien er sich nie überworfen zu haben.
Honorato Menéndez war Goldschmied. In seiner kleinen Werkstatt, durch die er Abby führte, waren zwei jüngere Leute und ein alter Mann zugange. In seinem noch viel kleineren Büro bot er Abby einen Kaffee an, den sie dankend annahm, aber auch mit dem Hinweis, dass die Zeit leider drängte.
»Ach, dieser Tom, immer in Eile. Kriegt noch Herzinfarkt. Ist ja auch nicht mehr der Jüngste, si?«
»Wann haben Sie ihn das letzte Mal gesehen?«
Honorato trank einen Schluck Kaffee und hob die Schultern. »Schon länger her.« Er schien zu überlegen. »Wenn ich mich recht erinnere, hat er sich aber gut gehalten, der alte Knabe.«
Abby seufzte. Ja, das hatte er.
Sie kam auf den eigentlichen Grund ihres Besuchs zu sprechen. »Honorato, ich habe Ihnen ja schon am Telefon gesagt, weshalb ich hier bin.«
»Si, si. Gefallen. Hey, Sie sind Ex von Tom – und Tom braucht immer Gefallen.« Er zwinkerte ihr zu.
Sie seufzte noch einmal. Ja, auch das stimmte.
»Sie haben Zeichnung?«, fragte der Goldschmied.
Abby nahm einen Schnellhefter aus ihrer Reisetasche. Darin bewahrte sie die Unterlagen auf, die Tom ihr gefaxt hatte. Eines der Blätter zog sie heraus und reichte es Honorato. Er nahm es mit seiner tellergroßen rechten Hand entgegen. Schwer vorstellbar, dass diese Pranke in der Lage sein sollte, feinsten Schmuck herzustellen. Aber wenn sie bedachte, warum Tom sie zu gerade zu ihm geschickt hatte, lag der Verdacht nahe, dass sich Honorato Menéndez mit der Herstellung von Schmuck vielleicht gar nicht selbst befasste …
»Ah, wunderbares Stück«, schwärmte der Mestize, und seinem Ton wie auch seiner Miene konnte Abby entnehmen, dass er wirklich beeindruckt war. Er hatte in seinem Leben gewiss schon Tausende von Schmuckstücken gesehen, aber ein solches offenbar noch nicht.
Abby auch nicht.
Bei dem Blatt handelte es sich um eine Farbkopie der jahrhundertealten Zeichnung des Armreifs, die Tom im Ledereinband einer alten Kladde gefunden hatte. Der Reif bestand eigentlich aus drei Ringen; zwei silberfarbene fassten einen jadegrünen ein. Alle drei Elemente bestanden aus mehreren Segmenten und wiesen verschiedene Einkerbungen auf.
Abby fand, dass es weniger Schönheit war, was diesen Armreif so einzigartig machte, sondern … etwas anderes. Eine Besonderheit, die selbst von dieser alten Zeichnung förmlich auszustrahlen schien.
»Das soll ein Schmuckstück der Maya sein?«, fragte Honorato. Jetzt klang er eine Spur argwöhnisch.
»Ich kann Ihnen nur sagen, was mir Tom erzählt hat. Und die Zeichnung hat er wohl im Zusammenhang mit einer Sache gefunden, die mit den Maya zu tun hat.«
Honorato nickte und wiegte den Kopf. »Hm. Das muss natürlich nicht heißen, dass der Reif von den Maya hergestellt wurde. Ich habe noch nie auch nur etwas Ähnliches gesehen.«
Das mochte der Wahrheit entsprechen, allerdings ahnte Abby auch, in welche Richtung ihre Unterhaltung jetzt steuerte. Sie hatte in der Zeit mit Tom einiges gelernt.
Honorato Menéndez sollte ihr ein Zertifikat ausstellen, das besagte, dass dieser Armreif aus seiner persönlichen Herstellung stammte und nicht etwa ein antikes Original sei. Damit wollte Tom verhindern, dass Abby bei ihrer Ausreise Schwierigkeiten mit dem Zoll bekam. Da ein solches Zertifikat auch von zwei, drei Behörden abgesegnet werden musste und seine Beschaffung demnach nicht in fünf Minuten erledigt war, hatte er sie angewiesen, das Dokument gleich nach ihrer Ankunft in Campeche in Auftrag zu geben.
»Da werden die Behörden
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