2028 - Operation Stiller Riese
diesem Hexenkessel haben sie jetzt nichts mehr zu suchen, durchfuhr es Perry deprimiert. Obwohl er die taktischen und strategischen Erwägungen vom Verstand her kannte, befiel ihn unwillkürlich ein tiefes Schuldgefühl, und er kam sich für einen Wimpernschlag fast wie ein Verräter vor. Kapitulation! Jedes weitere Opfer ist völlig sinnlos ... Die Kristallimperialisten setzen sich schneller fest, als wir Nachschub heranführen können.
Schon wollte er den Mund öffnen, als ihm Tam Sorayto mit grollender Stimme zuvorkam; die Hände des Präsidenten waren zu Fäusten geballt. „Rundruf an sämtliche Einheiten mit voller Sendeleistung!" befahl er. „Als Präsident von Ertrus und der Kreit-Koalition werde ich ..."
Erst jetzt erschien das Klar-Icon in seinem Blickfeld, deshalb wiederholte er: „Als Präsident von Ertrus und der Kreit-Koalition werde ich keine Kapitulation zulassen! Ich wiederhole: keine Kapitulation! Ertrus ergibt sich nicht! Fortan kämpft jede Einheit nach eigenem Ermessen!"
„Tam!" Rhodans Stimme klang rau und belegt. „Du darfst deine Besatzungen nicht in den Tod schicken! Sie haben keine Chance."
„Wir ergeben uns nicht!" widersprach der Ertruser eisig. „Daran wird nicht einmal deine demokratisch legitimierte Hochrang-Befugnis als Terranischer Resident etwas ändern."
„Tam, nimm doch Vernunft ..." Perry Rhodan wurde schroff unter brochen: „Die MELBAR KASOM wird jetzt in die Kämpfe eingreifen. Ich schicke niemanden in den Tod - ich habe mit meiner Anweisung nur das abgesegnet, was ohnehin passiert! Es sind Ertruser!"
Seine Hand wies auf die Holos: Keines der Schiffe zog sich zurück. Keines! Lediglich einige Einheiten, deren Textmarkierungen auf Beschädigungen hinwiesen, drifteten langsam Richtung Systemrand. In Zeitlupe wurde die Detonation der riesigen Containersektion eines Frachtfloßes gezeigt.
Es sind Ertruser! wiederholte Perry in Gedanken. Als würde das alles sagen. Ihm wurde klar, dass nicht einmal Präsident Tam Sorayto in der Lage gewesen wäre, seinen Ertrusern Flucht oder Kapitulation zu befehlen. Sie werden nicht aufgeben und weiterkämpfen. „Ich verlange", fuhr Tam grollend fort, „dass du augenblicklich die MELBAR KASOM verlässt. Du hast hier nichts mehr zu suchen!" Ihre Blicke trafen sich kurz, Perry erkannte die wilde Entschlossenheit in den leuchtendblauen Augen unter buschigen Brauen. „Transmitter justieren! Stellt eine Verbindung zur LEIF ERIKSSON her ... Resident, die Emotionauten begleiten dich! Auch die Regierungsmitglieder nur eine Notbesatzung bleibt hier. Individualfelder auf Anlaufbereitschaft schalten!"
Tams Hand zeigte jetzt zum zentralen Achslift. Die ersten Emotionauten hetzten hinüber und sprangen in die Öffnung, um nach unten zu schweben.
Neben Perry tauchte das bärtige Gesicht Rock Moiuns auf; er fühlte sich mit sanfter, aber sehr nachdrücklicher Gewalt nach vorne geschoben. Perry sah von ihm zum Präsidenten, ließ den Blick kurz über die Zentralebesatzung schweifen - und gab auf.
Die Ertruser, das war in diesen Sekunden mehr als deutlich, würden niemals aufgeben. Ihre Heimat war bedroht, da würden sie sich bis zum letzten Atemzug des letzten Mannes, der letzten Frau, selbst des letzten Kindes wehren. Andererseits wollten sie auch nicht, dass der Terranische Resident in der Schlacht um Ertrus das Leben verlor. Das war keineswegs eine Anti-Rhodan-Haltung, ganz im Gegenteil.
Perry erkannte betroffen, dass Tam Sorayto schneller und weiter gedacht und die Konsequenzen berücksichtigt hatte: Ein Rhodan war bekannt dafür, auf sich selbst keine Rücksicht zu nehmen, sondern auch an vorderster Front seinen Mann zu stehen. Wenn sie ihn nun von Bord der MELBAR KASOM warfen, war das nur in jeder Hinsicht konsequent.
Ihm als Terranischem Residenten kam eine übergeordnete Bedeutung zu selbst wenn die Schlacht im Kreit-System verloren werden sollte, war das nicht die Niederlage insgesamt. Rhodan musste überleben, weil er für das Ganze die Verantwortung trug: Auf diesen einfachen Nenner ließ sich die ertrusische Handlungsweise bringen.
Zwei Meldungen ließen das alles aber zur Makulatur werden: „Die Arkoniden senden verstärkt extrem intensive Störstrahlung - Transmitter-Justierung zur LEIF lässt sich nicht korrekt herstellen. Gewährleistung für einen Transport liegt nur bei achtzig Prozent; rasch sinkender Wert. Wir versuchen's weiter ..."
„Feindanflug! Ein ganzer Verband! Vollalarm! Vollalarm!"
Perrys Kopf flog herum,
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