2048 - Insel des Friedens
versuchte zweifellos die Stimmung einzuschätzen. Wie stets trug der nur 1,35 Meter, kleine Goldner seinen schwarzen Capemantel, der alles Licht zu verschlucken schien. Wirr und struppig umgab das aus einigen hundert sehr dicken Einzelhaaren bestehende rote Haar den Kopf mit der faltigen bläulichen Haut; das Gesicht dominiert von der langen Nase mit ausgeprägter Höckerfarm. „Blo Rakane und ich haben eine ... hm, Verabredung, Alashan ist für uns nur Zwischenstation, Unser eigentliches Ziel ist der PULS."
Weil er nicht weitersprach, konnte ich ein heiseres Lachen nicht unterdrücken. Auch Gia und Stendal verzogen angesichts der fast schon sprichwörtlichen Geheimniskrämerei, die dem Boten der Superintelligenz ES zugeschrieben wurde, das Gesicht. „Und natürlich verrätst du uns nicht, um welche Verabredung es sich handelt?" fragte ich. Er sah mich direkt an - mit dem gleichen Blick, der mir schon in meinem Para-Traum zugesetzt hatte. „Doch", sagte er lakonisch. „In den nächsten Tagen wird uns ein Virtuelles Schiff abholen. Wir erwarten die Rückkehr der SOL aus dem Mega-Dom!"
Am 2. Mai 1291 NGZ war die SOL im Mega-Dom verschwunden, um im Auftrag von ES „in der fernen Galaxis Segafrendo eine lebenswichtige Aufgabe zu erfüllen", wie Bully berichtet hatte. Ein Großteil der aus dem PULS abgepumpten Energie war dazu benutzt worden, den Zugang zum dortigen Mega-Dom zu öffnen. Rhodan gegenüber hatte der ES-Bote für die Dauer der Expedition eine Zeitspanne von zehn bis zwanzig Jahren angegeben. Wenn er nun von„Verabredung" spricht, durchfuhr es mich, heißt das nicht, dass er damals schon den jetzigen Ankunftstermin kannte?
Warum dann diese vage Formulierung? Oder war vielmehr ein unteres Zeitlimit gemeint, die frühestmögliche Rückkehr der SOL? Das würde eher Sinn ergeben...
Genau wie mir brannten wohl allen Anwesenden spontan ein halbes Dutzend oder mehr Fragen auf der Zunge, doch diese Eröffnung raubte uns eher die Sprache. Der ES-Bote schien überdies nicht bereit, weitere Auskünfte zu geben - ob mangels Wissen oder weil er seinem Ruf doch gerecht werden wollte, war mir gleichgültig. Die Fragen waren auch rasch verdrängt, denn in den nächsten Stunden informierten uns Lotho Keraete und Blo Rakane über die Lage in der Milchstraße -und in mehr als einem Gesicht zeigte sich tiefe Betroffenheit, als wir die Holoprojektionen, zusammenfassenden Texte und sonstigen Berichterstattungen sahen und hörten.
Die NOVA-Raumer waren Anfang September abgeflogen, wenige Tage nachdem über Mirkandol die GILGAMESCH explodiert war. Schon die Aufzählung der Stichpunkte erzeugte Entsetzen: Imperator Bostichs forcierte Expansion des Kristallimperiums, die Vernichtung des Ark'Tussan, die Annexion des Hayok-Sternenarchipels, die Besetzung des Heimatsystems der Topsider direkt im Kerngebiet der LFT -, die Entführung von Reginald Bull, seine Befreiung aus dem Golkana-Gefängnis von Arkon 1.
Hinzu kamen die Aktivitäten von Morkhero Seelenquell, das Treffen Tausender Monochrom-Mutanten in Terrania und ihr Umzug nach Para-City, die beunruhigenden Nachrichten, die die Zweite Thoregon-Botin aus den anderen Thoregon-Galaxien mitgebracht hatte und die offensichtlich mit dem von den Superintelligenzen hinterlassenen Machtvakuum zusammenhingen, der Einsatz der Aagenfelt-Barrieren, die Schlacht im Olymp-System, Und und und ...
Mir entgingen nicht die nachdenklichen Blicke Keraetes und Rakanes, mit denen sie Tess musterten, als sie von den Monochrom-Mutanten berichteten, Das Gefühl, dass sie etwas verschwiegen, drängte sich mir höchst intensiv auf. Bestätigt wurde es, als sie durchklingen ließen, dass sie weitere Informationen hierzu erst nach einem persönlichen Gespräch verkünden wollten. Dieses Gespräch kam, während die übrigen Teilnehmer der Informationsveranstaltung das Gehörte und Gesehene zu verdauen versuchten. Blo Rakane winkte Tess und mir; wir zogen uns in eine von einem akustischen Riegelfeld abgeschirmte Ecke des Konferenzraums zurück. „Es dreht sich um Dinge, die mit den Monochrom-Mutanten zusammenhängen", begann er. Fast hatte ich den Eindruck, dass der weiße Haluter nach Worten suchte. Verlegenheit? Nein, das war der falsche Begriff, ich wusste es plötzlich genau. „Es fällt mir schwer ..." Ich legte Tess meinen Arm um die Schultern und zog sie an mich. Deutlich fühlte ich ihr zartes Zittern, das sich mit jeder verstreichenden Sekunde verstärkte. Wir sahen zum halbkugeligen Kopf
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