2059 - Die Astronautische Revolution
Vismar Elonkun plötzlich heiser. „Wieso?"
„Sag schon, Dumpfnuss!"
„Sie enthalten Daten. Was soll das?"
„Daten, klar. Aber was noch, was ha ben sie noch gemeinsam? Rede, schnell, denk nicht nach, plapper einfach daher, was dir einfällt! Los!"
„Die meisten sind klein, leicht trans portabel... Sie müssen mit dem Lesegerät kompatibel sein, außer natürlich, sie sind zugleich auch das Lesegerät ..." Vismar schmierte sich mit dem Schreibstift ein krakeliges Kürzel auf den Handrücken, wie er es oft tat, wenn er zu ungeduldig war, um nach einer Folie zu suchen. „Gut! Nicht aufhören, wei ter!"
„Daten können hard- oder software mäßig geschützt werden... Hardware-Sicherungen sind effizienter, weil man ein spezielles Teil dazu benötigt, einen Schlüssel sozusagen, das kann ein einfaches positronisches Zusatzgerät sein oder eine komplexe Gambia-Skulptur, aber dazu müssten entsprechende Anschlüsse vorhanden sein, und hier gibt es nichts davon..."
Vismar malte einen weiteren Kringel auf seine Hand. „Vergiss die Schraube, quassel einfach los, das kannst du doch sonst so gut! Was soll man mit Datenträgern nicht tun? Was wäre das Dümmste?"
„Sie löschen. Beziehungsweise zerstören, unleserlich machen. Durch eine Gambia-Bakterie oder einfach falsche Behandlung. Dumm, dumm ... Dumm wäre natürlich bei den meisten Speichermedien, sie hohen Spannungen auszusetzen oder extremen Temperaturen, physischer Gewalt oder ..."
Ruben schmunzelte. „Als ich drei war, habe ich einmal Ydenes komplette, heiß geliebte Sammlung historischer Buddo-Lieder vernichtet, weil ich die Speicherscheibe ins Aquarium geworfen habe, um zu sehen, ob sie sich dreht, während sie zu Boden sinkt ... Meine Mutter hat mich nie geschlagen, aber damals war sie, glaube ich, sehr nahe dran, und ... Was machst du da?"
„Caldrogyn, du bist zwar ein Landei, aber irgendwie ein Genie, oder zumindest habe ich dich zu einem gemacht!" Vismar war zu seiner Werkbank gehumpelt, improvisierte hastig eine Apparatur.
Er fixierte eine Feinbohrmaschine waagrecht über der Arbeitsfläche, spannte die Schraube mit dem dickeren, fünfeckigen Ende ins Bohrfutter und errichtete darüber eine Art Galgen, der eine haarfeine Nadel ins Gewinde der Schraube drückte. Schließlich justierte er das merkwürdige Gebilde mit Hilfe holographischer Fein-Mess-Felder an mehreren Stellen nach. Ruben begriff endlich und half, ein Mikro-Oszillometer sowohl mit der Vorrichtung als auch mit dem Infra-Netz zu verbinden. Dann starteten sie die Bohrmaschine mit der niedrigsten möglichen Drehzahl.
Ein hässliches, kreischendes, an- und abschwellendes Geräusch drang aus den Lautsprechern, als die Nadel die Rille des Schraubengewindes entlang fuhr. Es kostete sie geraume Zeit, den richtigen Auflagedruck der Nadel und die passende Umdrehungsgeschwindigkeit der Schraube herauszufinden, doch schließlich erfüllte eine seltsame Melodie den unterirdischen Raum. Ein Lied, manchmal exotisch, dann wieder merkwürdig vertraut ... stellenweise von süßlicher Harmonik, wenig später dissonant und abgehackt ... doch weder schnörkeliggetragen wie sambarkische Musik noch martialischrhythmisch wie die Märsche der Berku'Tama, noch ohrenbetäubend kakophonisch wie die Gesänge der Caranesen...
Symbolketten erschienen auf dem Holo-Monitor. Vismar krähte triumphierend auf, hustete, spuckte in den Napf. Was hat seine Gesundheit wohl derartig ruiniert? Und warum lässt er sich nicht von den Patamedikern behandeln, sondern leidet lieber furchtbare Schmerzen? Demut allein konnte es nicht sein, da kannte Ruben den Diagonaldenker inzwischen besser! „Ich habe immer schon gesagt, als In genieure haben diese Berku'Tama weit mehr drauf, als wir hochnäsigen Sambarkin ihnen zutrauen. Schau, Dumpfnuss: Die verschiedenen Töne stehen für die Buchstaben, und die Längen der Pausen ergeben die Zahlen und Satzzeichen." Er tippte, so schnell es seine geschwollenen Finger zuließen, dann hieb er auf die Eingabetaste. Und fassungslos, mit offenen Mündern und weit gespreizten Ohrläppchen, begannen sie zu lesen...
Freunde der Freiheit!
Wer immer ihr seid, Berku'Tama, Sam barkin oder andere Wissenssucher - wir bedauern die Umstände, die wir euch gemacht haben. Doch wollten wir sichergehen, dass dieses Testament nicht von den Rittern oder ihren Spionen, als was sie sich auch tarnen mögen, gefunden und vernichtet werden kann.
Sondern irgendwann, irgendwie, irgendwo in die richtigen Hände
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