21 - Die achte Flotte
seinem Schreibtisch und trank gerade aus seiner Kaffeetasse. Damit immerhin hatte Helen gerechnet. In einem der bequemen Sessel vor dem Schreibtisch saß jedoch Lieutenant Abigail Hearns, und noch drei weitere Offiziere waren anwesend. Einer davon war Commander Kaplan, und Helen war sowohl erstaunt als auch entzückt, als sie bemerkte, wie viel besser Kaplan ausschaute als bei ihrer letzten Begegnung. Die anderen beiden waren ein Commander und ein Captain Senior-Grade, die Helen nicht kannte, und sie nahm rasch Haltung an. »Sie wollten mich sprechen, Captain?«
»Rühren, Helen«, sagte Terekhov, dann lächelte er und zeigte mit der Kaffeetasse auf den Sessel neben Lieutenant Hearns. »Und setzen Sie sich«, fügte er hinzu.
»Danke, Sir.«
Helen gehorchte dem Befehl und setzte sich. Dabei hoffte sie, dass sie weniger verwundert klang, als ihr zumute war. Sie bemerkte, dass jemand neben ihr stand, und als sie aufsah, erblickte sie Agnelli mit einer weiteren Tasse samt Untertasse in der einen und der Kaffeekanne in der anderen Hand. Helen war es wenig gewohnt, mit derart hochgestellten Offizieren gemütlich in einer Runde zu sitzen und Kaffee zu trinken, doch sie wusste, dass sie das Angebot nicht ablehnen durfte − das immerhin andeutete, dass es sich zumindest teilweise um einen gesellschaftlichen Anlass handelte. Sie hielt die Tasse, während Agnelli einschenkte, dann nahm sie einen Schluck und nickte dankbar, ehe sie ihre Aufmerksamkeit wieder Terekhov zuwandte.
»Mir ist bewusst, dass es ein wenig ungewöhnlich ist«, sagte er dann, »aber das gilt auch für unsere Lage. Abigail, ich weiß, dass Sie und Helen Commander Kaplan gut kennen. Sie wissen aber vielleicht nicht − und so ging es mir bis vor …« − er blickte auf das Zeitdisplay am Schott − »siebenundfünfzig Minuten auch −, dass sie die brandneue Kommandantin von HMS Tristram ist!«
Helens Blick zuckte zu der zierlichen Blondine mit dem unglaublich dunklen Teint. Kaplan sah zufällig im gleichen Moment in ihre Richtung und grinste, als sie Helens Überraschung bemerkte. Und ihren Verdruss, mit dem sie sich schalt, nicht gleich das weiße Barett der Sternenschiffkommandanten gesehen zu haben, das Kaplan sich unter die Schulterklappe geschoben hatte.
»Diese beiden anderen Gentlemen«, fuhr Terekhov fort und lenkte ihre Aufmerksamkeit von Kaplan ab, »sind Captain Frederick Carlson, Kommandant von HMS Quentin Saint-James und Commander Tom Pope … mein neuer Stabschef.«
Diesmal zog Helen vor Erstaunen beide Augenbrauen hoch. Die Hexapuma war noch keine zwei Tage wieder im Heimatsystem. An Hephaistos hatte sie erst vor drei Stunden angedockt. Der Captain hatte das Schiff noch nicht verlassen − er konnte nicht einmal Gelegenheit gehabt haben, seine Frau in die Arme zu nehmen! So schnell und drastisch konnte sich doch nichts ändern − nicht einmal in der Navy!
Jedenfalls normalerweise nicht.
»Wie Sie beide sicher bereits wissen, hat sich die Lage beträchtlich verändert, seit wir nach Talbott entsandt wurden«, sagte Terekhov, fast als hätte er ihre Gedanken gelesen, und lächelte etwas verkniffen. »Einiges davon scheint unsere Schuld zu sein, und soweit es die Admiralität betrifft, hat man entschieden, dass wir uns auch darum kümmern sollten.
Offensichtlich«, fuhr er fort, »befinden sich die Dislozierungspläne der Navy in einem Zustand, den wir, wenn wir freundlich sein wollen, als fließend bezeichnen könnten. Das Nichtzustandekommen des Gipfeltreffens mit Haven und die Entscheidung, die Kampfhandlungen wieder aufzunehmen, machen es noch unwahrscheinlicher, dass die Admiralität in der Lage ist, Wallschiffe freizusetzen und Admiral Khumalo in absehbarer Zeit zu verstärken. Gleichzeitig ist Admiral Blaine dadurch an den Lynx-Terminus gebunden, von wo er rasch ins Heimatsystem kann, falls es nötig ist. Aus diesen Gründen hat die Admiralität sich entschlossen, Talbott noch stärker als geplant mit leichteren Einheiten zu sichern.
Zusätzlich zu den Schiffen, die Vizeadmiral Gold Peak bereits zur Verfügung stehen, wird ein weiteres Geschwader Nikes aufgestellt. Admiral Oversteegen ist als Kommandeur vorgesehen, und sobald sämtliche Schiffe zu ihm gestoßen sind, werden das Geschwader und er von der Achten zur Zehnten Flotte versetzt. Weiterhin hat die Admiralität bereits die Überstellung eines vollen Geschwaders brandneuer Saganami-C und eine Flottille der neuen Zerstörer der Roland -Klasse nach Talbott vorbereitet.
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