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21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

Titel: 21 - Im Reiche des silbernen Löwen II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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steckt.“
    „Dorthin? Warum?“
    „Aus keinem andern Grunde, als grad eben weil diese Frau sich dort befindet. Ich habe keine Ahnung, warum der sogenannte ‚Pascha‘ von Suleimania sie dort festhalten läßt; aber daß er sie nach diesem Wartturm hat schaffen lassen, ist mir ein Beweis dafür, daß dieser Ort der in der ganzen Umgegend geeignetste dazu ist. Das wissen natürlich auch die Dawuhdijehs, denen ja die Bewachung dieser Gefangenen anvertraut worden ist, und so liegt der Gedanke, daß sie auch Schevin dorthin gebracht haben, doch sehr nahe, denn erstens gibt es keinen besser passenden Ort dazu, und zweitens ist die nötige Bewachung schon vorhanden.“
    „Effendi, dieser Gedanke ist gut, sehr gut. Ich wundere mich jetzt darüber, daß wir nicht auf ihn gekommen sind, da er doch eigentlich der allernächste war!“
    „So siehst du also ein, daß ich recht hatte, als ich sagte, ihr hättet nicht richtig nachgedacht. Ihr seid in eurer Wut über die Dawuhdijehs sofort mit dreihundert Kriegern losgeplatzt, ohne nur zu wissen, weshalb sie Schevin festgehalten haben, und ohne euch zu sagen, daß man Gewalt erst dann anwendet, wenn man eingesehen hat, daß weder Güte noch List zum Ziel führen. Ich an eurer Stelle würde die dreihundert Mann hier zurücklassen und zunächst nach dem Kulluk reiten, um nachzusehen, wie es dort steht. Das ist doch wenigstens ein fester Anhaltspunkt, und selbst wenn sich Schevin mit seinen Begleitern nicht dort befinden sollte, sind dort jedenfalls Winke zu erhalten, die nach dem Ort deuten, an welchem er zu suchen ist.“
    „Das leuchtet mir auch ein. Effendi, ich sehe, daß wir euch zu unserm Vorteil hier getroffen haben. Sag noch einmal, ob du bei uns bleiben und uns begleiten willst; ich bitte dich darum!“
    „Was ich gesagt habe, gilt. Ich bleibe.“
    „Ich danke dir. Wenn ihr bei uns seid, wird alles gutgehen; ich bin überzeugt davon. Darum werde ich nichts tun, ohne daß ich euch vorher frage.“
    „Daran tust du wohl. Ich will dir aufrichtig gestehen, daß ich euch für noch viel unvorsichtiger halte, als ich euch bis jetzt gesagt habe.“
    „Da bin ich überzeugt, daß diese deine Annahme grundlos ist. Wir sind keine unerfahrenen Hirten, sondern geübte Krieger, und wenn ich den Fehler begangen habe, es für richtig zu halten, gleich mit einem so großen Trupp aufzubrechen, so ist das eben eine Ansicht gewesen, deren Unbrauchbarkeit von dir zwar behauptet, aber doch noch nicht bewiesen worden ist. Es kann sich noch immer herausstellen, daß dieser mein Gedanke richtig war!“
    Der mißmutige Ton, in welchem er diese Worte vorbrachte, bewies mir, daß er mir die meinigen übelgenommen hatte. Wäre ich nicht Kara Ben Nemsi gewesen, so hätte ich wahrscheinlich eine scharfe Zurechtweisung erfahren. Diese sechs Männer waren hervorragende Krieger ihres Stammes und besaßen also jedenfalls ein sehr ausgeprägtes Ehrgefühl, welches ich nicht geradezu beleidigen durfte; aber als mir der Anführer sagte, daß er uns immer vorher fragen werde, hatten zwei von ihnen sich in einer Weise geräuspert, welche ihr Mißfallen andeuten sollte, und so kam es mir nun darauf an, ihnen zu zeigen, daß sie gar wohl Grund hatten, sich um unsere Ansichten zu bekümmern. Darum fuhr ich jetzt, um seine Einrede ganz unbeirrt, fort:
    „Ich kann das, was ich jetzt erwähnen will, nicht behaupten, sondern ich vermute es nur; trotzdem aber ist es nötig, dich darüber zu fragen. Du sagtest, daß eure Kundschafter Erkundigungen eingezogen haben?“
    „Ja; natürlich taten sie das.“
    „Bei wem?“
    „Bei Dawuhdijeh-Kurden, denn bei andern hätten sie doch nichts erfahren können.“
    „Wenn man sich nach jemandem erkundigt, ist man gezwungen, seinen Namen zu nennen, ihn zu beschreiben, irgendeine bestimmte Angabe über ihn zu machen?“
    „Ja.“
    „Das haben eure Kundschafter also auch getan?“
    „Selbstverständlich!“
    „Es wäre mir sehr lieb, wenn du mir sagen könntest, wann, wo, bei wem und in welcher Weise sie ihre Erkundigungen eingezogen haben.“
    „Sie haben sich zerstreut und einen Ort bestimmt, an welchem sie sich wieder treffen wollten; dann hat jeder von ihnen einen Dawuhdijeh, den er traf, ausgefragt.“
    „Und was haben diese Dawuhdijehs getan?“
    „Wie meinst du das?“
    „Meinst du, daß sie nur Auskunft gegeben haben?“
    „Was sonst?“
    „Zunächst ist es sehr fraglich, ob sie die Wahrheit gesagt haben; ich wenigstens würde mich von keinem Fremden

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