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21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

Titel: 21 - Im Reiche des silbernen Löwen II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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beeilen, von hier fortzukommen. Hier, nimm das Seil; wollen den andern helfen!“
    Einige von ihm hinabgesprochene Worte genügten, seine Leute davon zu unterrichten, daß er sich von der Wahrheit meiner Worte überzeugt habe. Sie schickten erst Khudyr herauf und kamen dann selbst auch nach. Ihr Aussehen war kein gutes; sie hatten mehr noch vom Unrat und der pestigen Luft gelitten als vom Hunger und Durst.
    Jetzt wurden eine Menge von Fragen ausgesprochen, die ich alle beantworten sollte; ich bat, sich bis nachher zu gedulden und jetzt vor allen Dingen den Kulluk mit mir zu verlassen. Sie wußten nichts von der Anwesenheit Marah Durimehs und waren, als sie in den Hof kamen, von dem Anblick der weit über hundertjährigen Greisin überrascht.
    „Wer ist diese Frau?“ fragte mich Jamir.
    „Auch eine Gefangene“, antwortete ich. „Ihre Heimat ist die Gegend am obern Zab.“
    „Etwa Lizan, Raola, Schohrd und die andern dort in jener Richtung liegenden Orte?“
    „Ja.“
    Da trat er vor sie hin, kniete und bat:
    „Du bist keine andere als Marah Durimeh, der Liebling des Himmels und der Engel aller Menschen. Segne mich!“
    Da schien sie wie aus einer tiefen, innern Versunkenheit zu erwachen; ein wunderbares, unirdisches Lächeln ging über ihr Gesicht; sie legte ihm die Hände auf das Haupt und sagte:
    „Wer Gottes Segen wünscht, der ist durch diesen Wunsch ja schon genug gesegnet. Der Herr sei bei dir jetzt und immerdar; die Flügel seiner Boten mögen dich umwehen, und niemals nähere sich dein Pfad dem Abgrund derer, die ihm wiederstreben. Das wünscht dir Marah Durimeh, mein Sohn!“
    Das Niederknien des stolzen Mannes war so ungesucht und selbstverständlich erfolgt, und die Worte der Greisin klangen so feierlich und ergreifend, daß diese Szene einen tiefen Eindruck auf mich machte. Es war, als ob dieser Segen nicht von hier, sondern schon aus einer andern Welt herniederkäme.
    In der Nähe der Tür lehnten die Gewehre der Soldaten. Die Kurden nahmen sie an sich. Sich aber auch an den alten, abgetriebenen Gäulen zu vergreifen, dazu hatten sie keine Lust; sie blieben also im unbestrittenen Besitze des Padischah. Wir hoben Marah Durimeh auf mein Pferd, welches von zwei Hamawands sorgfältig geführt wurde, und stiegen dann den Berg hinab. Ich hatte, als ich kam, gehofft, daß mein Werk gelingen werde; aber daß dies so schnell und so leicht zu ermöglichen sei, das hatte ich freilich nicht gedacht. Ich hatte das natürlich nicht mir, sondern nur der Begegnung mit dem arnautischen Hauptmann zuzuschreiben. Als was war dieses Zusammentreffen wohl zu bezeichnen? Als Zufall vielleicht? Ich mag dieses Wort nicht haben!
    Unten angekommen, bogen wir in den Wald und dann in die kurze Schlucht hinein. Ich wollte Marah Durimeh das beschwerliche Bergsteigen ersparen und hielt also an der Stelle an, wo sich der dicht verwachsene einstige Abfluß des Sees befand. Da hoben wir sie vom Pferd. Ich wollte mir den Anblick einer großen, frohen Überraschung gönnen und bat deshalb meine Begleiter, hier an diesem Ort zu warten, bis man sie holen werde. Dann drängte ich mich zwischen den Felsen und durch die Farne nach unserm Versteck hinein.
    Als ich den Platz vor mir liegen sah, konnte ich nicht anders, ich mußte laut und herzlich lachen. Gab das ein reges Leben und Bewegen hier! Alle Anwesenden, allein den Hauptmann ausgenommen, welcher an einen Baum gebunden war, schleppten im Schweiße ihres Angesichtes Steine herbei, um sie nach dem Plan des Hadschi zusammen- und aufeinander zu fügen. Es war ein so gewaltiges Viereck vorgezeichnet, als ob ein ganzer Kurdenstamm da zusammen- und hineingesteckt werden solle. Die Bezeichnung ‚im Schweiße ihres Angesichtes‘ ist ganz wörtlich zu nehmen. Am erheiterndsten wirkte die tiefe Stille und Schweigsamkeit, mit welcher man sich plagte. Selbst Halef sprach kein lautes Wort; er kommandierte nur mit Gesten, die allerdings eine mehr als sprechende Lebhaftigkeit besaßen. Er sprang von einer Stelle zur andern und nahm sich der Sache mit einer Begeisterung an, als ob das Heil seiner Seele von ihr abhängig sei. Da hörte er mein Lachen und drehte sich um. Als er mich erblickte, ließ er einen großen, schweren Stein, den er eben nach dem Ort seiner Bestimmung schleppen wollte, fallen und rief mir zu:
    „Du bist wieder da, Sihdi? Du lachst, und so laut? Hast du nicht selbst befohlen, daß wir uns ganz still und völlig unhörbar verhalten sollen!“
    „Ihr könnt laut sprechen, ja,

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