213 - Aruulas Grab
drängte darauf, seine Mutter zu suchen, und Grao beeilte sich, ein Kommando zusammenzustellen. Sie suchten bis zum Morgengrauen hinter der Anhöhe, doch der Wind hatte die Spuren bereits verweht. Bis auf einige Blutstropfen im Sand war nichts zu entdecken.
Dann fanden sie den toten Hadban beim Tempel. Die Wunde in seinem Rücken und Aruulas blutiges Schwert ließen nur einen Schluss zu: Sie musste ihn hinterrücks ermordet haben! Nirgendwo waren Spuren zu entdecken, dass noch jemand hier gewesen wäre oder dass ein Kampf stattgefunden hätte.
»Das Rätsel wird immer größer«, murmelte der Schiffseigner. »Warum hat sie meinen Herrn getötet?«
»Zumindest wissen wir jetzt, warum sie geflohen ist«, fügte Grao an. »Auch wenn ich es nicht verstehe…«
Den ganzen Tag über suchte der verzweifelte Daa’tan in der Wüste nach seiner Mutter, heulte und jammerte, doch Aruula blieb verschwunden, wie vom Erdboden verschluckt. Wie wörtlich das zu nehmen war, ahnte Daa’tan nicht einmal.
»Es nützt nichts, Daa’tan«, sagte Grao schließlich sanft.
»Sie wird nicht wieder auftauchen, und wir können nur annehmen, dass sie ihre Gründe dafür hat. Wir müssen weiter, wenn wir die Fliegenden Städte finden wollen, so schwer uns der Abschied auch fallen mag.«
Grao legte einen Arm um ihn, und Daa’tan fügte sich. Vor Einbruch der Dämmerung segelten sie weiter nach Süden.
»Ich werde dich nie vergessen, Mutter, niemals«, flüsterte Daa’tan, der breitbeinig am Heck des Schiffes stand und auf die langsam am Horizont entschwindenden Tempel starrte. Der Himmel dahinter leuchtete wie ein gewaltiger See aus Blut.
***
Grabkammer bei Absimbal
Irgendwann erwachte Aruula und erhob sich stöhnend. Sie schüttelte den Kopf und versuchte die Schmerzen zu verdrängen. Doch es dauerte Minuten, bis sie in der Lage war, ihre Umgebung zu erkunden. Als sie schließlich merkte, dass sie eingeschlossen war, überfiel sie schiere Panik.
»Wudan hilf«, flüsterte sie. Da sie auf dem Boden keinen Ausgang aus der tödlichen Falle fand, nahm sie die immer noch brennende Fackel vom Boden auf und suchte nach einer Halterung dafür. Dabei entdeckte sie ein Behältnis mit weiteren Fackeln; sie würde also wenigstens für die nächste Zeit nicht im Dunkeln sitzen müssen.
Nachdem sie die lodernde Fackel in eine Vase gesteckt hatte, kletterte Aruula an einem der Pfeiler hoch. Vielleicht gab es ja dort oben ein Loch oder einen Riss in der Decke?
Als sie oben am Pfeiler hing und einen Blick nach unten warf, erstarrte sie förmlich. Nun sah sie, was sie zuvor nicht bemerkt hatte.
Der Sarkophag in der Mitte der Kammer, auf dem die Figur des Gottes Amentu thronte, hatte die Form eines Ankh!
Aruula spürte Gänsehaut auf dem ganzen Körper. Instinktiv wusste sie, dass sie das Zeichen der Ewigkeit gefunden hatte, hinter dem Hadban so verbissen her gewesen war. Das Zeichen, das angeblich unendliche Macht verlieh!
Hatte es ihm stattdessen den Tod gebracht?
Da der Schatten nicht hier war, konnte Aruula nur vermuten, dass das schwarze Wesen ihn umgebracht und sie hier eingeschlossen hatte.
Würde sie Hadban bald ins Jenseits folgen…?
Nach drei Tagen in der Grabkammer war Aruula dem Tode nahe. Ihr Mund war staubtrocken, ihre Zunge so dick, dass sie glaubte, daran ersticken zu müssen, ihr Hirn bekam immer weniger Sauerstoff. Sie hing matt in einem hölzernen Thron und konnte immer seltener einen klaren Gedanken fassen.
Stattdessen plagten sie Fieberfantasien und Albträume schlimmster Art.
Immer wieder sah sie Orguudoos Höllenrachen vor sich, der nach ihr schnappte und sie verschlang. Sie stürzte in einen unendlichen Abgrund, strampelte, überschlug sich, spürte das Gefühl des Fallens in allen Einzelheiten und sah all die Toten, die sie auf ihrem langen Weg zurückgelassen hatte. Ihre verzerrten Fratzen ragten aus Orguudoos Schlund, durch den sie fiel, Münder verzerrten sich zu stummen Schreien, Arme mit krallenhaft verzerrten Fingern reckten sich nach ihr. Sie spürte Hass. Und Flehen nach Erlösung.
Aruula schreckte hoch. Ein Skaik kletterte ihr Bein empor.
Sie ächzte und schlug ihn beiseite. Für einen Moment war sie wieder klar.
Wasser! Sie brauchte Wasser! Oder irgendeine andere Flüssigkeit. Ja, sie musste die Körpersäfte der Skaiks trinken, das würde sie wieder auf die Beine bringen! Doch würde sie überhaupt noch die Kraft haben, auch nur einem Skaik den Panzer einzuschlagen?
Ein leises Geräusch wehte durch
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