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0167 - Ich stand im anderen Lager

0167 - Ich stand im anderen Lager

Titel: 0167 - Ich stand im anderen Lager Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich stand im anderen Lager
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Oh Hölle, hatte der Bursche einen harten Schlag! Jeder seiner Hiebe traf mich wie ein Pferdehuf. Er schlug mir die Luft aus den Rippen und die klare Überlegung aus dem Gehirn.
    Vielleicht hätte ich eine Chance gehabt, mit ihm über die Runden zu kommen, wenn mich nicht bereits sein erster Schlag voll getroffen hätte, und dazu noch völlig unvorbereitet. Aber bevor ich begriff, was los war, explodierte seine Faust an meinem Kinn. Nur weil er den Punkt um Daumenbreite verfehlte, fiel ich nicht sofort um, aber der Treffer lag genau genug, um mich gegen die Hauswand zu werfen, mein Reaktionsvermögen zu lähmen und meinen Knien die Festigkeit von Pudding zu verleihen.
    Im ersten Schreck nahm ich die Arme zur Doppeldeckung hoch. Manchmal hilft das, wenn man angeschlagen ist, denn viele Gangster sind so wild darauf, endgültig zu siegen, dass sie wie blind in die Deckung hineinschlagen, um das Gesicht zu treffen.
    Er war nicht von der Sorte. Er war kaltblütig und routiniert. Er kümmerte sich nicht um das gedeckte Gesicht. Seine Faust donnerte in meine Rippen, vier- oder fünfmal.
    Meine Deckung zerblätterte wie eine Aster im Herbststurm. Sofort schoss seine rechte Faust hoch wie eine Rakete. Er traf die Gegend meiner Ohren, die Backenknochen. Er zerschlug mir die Oberlippe, und er hämmerte furchtbare Hiebe auf meine Nase.
    Der Pudding in meinen Knien wurde flüssig. Ich rutschte an der Hauswand entlang. Jetzt schlug er von oben nach unten. Ich fiel, aber ich spürte nichts von der Härte des Pflasters, nichts von dem Schmutz der Delancey Street, in dem ich jetzt lag.
    Für kurze Zeit erlangte ich mein Bewusstsein wieder und mein Gehirn registrierte ein paar Ereignisse, Worte und Sätze, die ich erst viel später in die richtige Reihenfolge zu bringen vermochte.
    Da war der schwere Schatten einer Männergestalt, der sich über mich beugte. Dann der Bruchteil eines Satzes: »… zerkratze ihm die hübsche Visage, Hel!«
    Das nächste, was ich wahrnahm, war das Blitzen einer Messerklinge vor meinen Augen. Und dann sogar einen vollständigen Satz: »Das ist er gar nicht! Das ist ein anderer Bursche.«
    Noch einmal tauchte ich auf. Mein Ohr registrierte ein einzelnes Wort: »Verdammt!«
    Wie viel Zeit nach diesem letzten Wort verging, weiß ich nicht, vielleicht nur Minuten, vielleicht aber auch eine Viertelstunde. Als mich irgendwer unter die Arme fasste und auf die Beine stellte, wurde ich wieder klar. Ich konnte hören und sehen, so gut man eben mit einem zugeschwollenen und einem lädierten Auge sehen kann.
    »Hallo, mein Junge«, sagte der Mann, der mich hielt. »Kleine Differenz wegen eines Girls? Wie fühlst du dich? Ja, ja, in der Liebe muss man häufig leiden. Mir geht es noch jeden Abend so, wenn ich nach Hause komme und meine Frau über mich herfällt.«
    Der Mann, der mir half, war ein rundlicher City-Cop mit einem rosigen Gesicht. Zwei Schritte von uns stand ein zweiter Beamter.
    »Hilf mir, Tom!«, rief der Cop, der an mir herumzog. »Der Bursche ist schwer wie ein Mehlsack.«
    »Ich habe wenig Lust, mir die Uniform an ihm schmutzig zu machen«, knurrte der andere. »Diese Idioten schlagen sich aus den lächerlichsten Gründen, und wir haben die Arbeit mit ihnen.«
    »Los, fass an! Himmel, er blutet wie ein geschlachtetes Huhn.«
    Die Polizisten lehnten mich gegen die Hausmauer. Der dickliche Cop leuchtete mich mit seiner Taschenlampe an.
    »Ich glaube wir brauchen eine Ambulanz für ihn. Er sieht nicht aus, als könne er laufen.«
    Ich versuchte zu sprechen. Es gelang mir, obwohl meine Zunge so dick sein schien wie die eines Ochsen.
    »Nicht nötig«, gurgelte ich. »Ich… ich kann… laufen.«
    »Okay, dann versuch’s mein Junge«, trompete der Dicke.
    Sie fassten mich links und rechts unter und machten sich mit mir auf den Weg zum nächsten Revier.
    ***
    Eine Viertelstunde später ging es mir besser. Ich saß auf einem Stuhl im einundzwanzigsten Revier der New Yorker Polizei. Ein Polizist, der etwas von Erster Hilfe verstand, beschäftigte sich unter Zuhilfenahme von Wasser, Jod und Heftpflaster mit meinem Gesicht. Ein anderer Cop servierte mir eine Tasse Tee.
    Der Revierlieutenant kam herein. Die Polizisten grüßten.
    »Was ist mit dem Mann?«, fragte der Lieutenant.
    »Er wurde von Tom und Henry in der Delancey Street gefunden. Er war total zusammengeschlagen.«
    Der Erste-Hilfe-Polizist klatschte mir ein Pflaster auf einen Hautriss am Backenknochen.
    Ich stöhnte auf. »He, ein wenig Zartheit,

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