2139 - Die Eltanen
deinen Samen." Das war es. Mehr hatte sie ihm nicht vorzubringen. Ruim wusste ebenso wie sie um den Zustand ihres Volkes. Der Raumfahrer blickte ihr in die Augen. Die Müdigkeit darin war plötzlich wie fortgeblasen. Ruim faltete die Hände und hob sie vor das spitze Gesicht. „Ich verstehe", sagte er endlich. „Du willst mein Sperma für die künstliche Befruchtung. Ich nehme an, eine natürliche Befruchtung kommt für dich nicht in Frage?"
„Natürlich nicht!", entgegnete sie heftig. „Wir sind keine Lebenspartner. Wenn wir uns über Jahre hinaus kennen würden und angenähert hätten, dann vielleicht, ja. Aber so ... nein, nicht bei aller Sympathie."
„Und wieso willst du dein Kind nicht mit deinem Partner Feki zeugen?", fragte Ruim. „Ich liebe ihn", sagte sie, „aber er hat keine Tatkraft. Er ist zu alt und zu sehr Philosoph. Und die Tatkraft ist es, die mein Kind auszeichnen soll. Deshalb habe ich dich erwählt, Ruim. Die Eigenschaft der Tatkraft findet sich teils in mir, teils noch mehr in dir. Das ist der Grund, weshalb ich dich Feki vorziehen muss sosehr ich ihn respektiere und liebe."
Wieder sahen sie sich an, alte Wesen aus einem uralten Volk, fast an der Grenze zur Unfruchtbarkeit. Aber so weit war es noch nicht. Sie hatten etliche Jahre vor sich, um zur gleichen geschlechtlichen Bedeutungslosigkeit zu kommen wie die meisten ihrer Artgenossen. „Ich werde es mir überlegen", sagte Ruim OhJar endlich. „Ich werde mich bei dir melden, wenn meine Entscheidung getroffen ist."
„Darf ich hoffen?", fragte Corina.
Er erhob sich und hielt ihr den Vorhang am Eingang auf. Die Strahlen Kitas drangen in die Wohnhöhle, in der nicht einmal die Lampe Sudah brannte. „Wir werden sehen", sagte der Raumschiffskommandant. „Es ist für mich eine schwerwiegende Entscheidung." Corina bot ihm die Stirn zum Zeichen der Verabschiedung. Dann ging sie und fädelte sich in das nächste Nullschwerefeld ein, um zu ihrer Wohnhöhle getragen zu werden.
Nach nicht weniger als drei Wochen meldete sich Ruim OhJar bei der Genetikerin und verkündete ihr, dass er mit der künstlichen Befruchtung zu ihren Bedingungen einverstanden sei. Corina EhGon wälzte sich vor lauter Glück für Stunden in ihrem Nullschwere-Bett und weinte den haarfeinen Stoff, der aus ihren runzligen Poren drang. Dann fand sie wieder zu sich. Sie besuchte den Raumkapitän und vereinbarte mit ihm einen Termin zur Befruchtung in der medizinischgenetischen Station der Letzten Stadt. Als sie von dem Besuch zurückkam, sah sie, dass die energetische Sperre vor ihrer Wohnhöhle aufgehoben war. Voller Hoffnung erwartete sie, dass Feki zu ihr zurückgekommen wäre.
Doch in ihrer Wohnung fand sie nichts von ihm - im Gegenteil. Alles war durchwühlt, alles auf den Kopf gestellt. „Aber das ist nicht möglich!", sagte sie voller Bestürzung. Nur sie und Feki konnten den Energievorhang aufbauen und wieder erlöschen lassen. Feki aber würde das nicht anrichten, bei aller Verbitterung nicht. Wandnischen waren aufgebrochen, der kostbare Teppichboden herausgerissen und zerschnitten. Ein Schrank war zerlegt worden, die Sudah-Lampe zerstört. Und auf den Tisch aus Formenergie war etwas gekritzelt worden. Corina las: „Dies war nur eine Warnung!"
Sie ließ sich in ein Nullschwere-Feld fallen und schlug die gefalteten Hände vor den Kopf. Eine Warnung! Von wem? Und wovor? Sie hatte keine Feinde. Niemand in der Letzten Stadt hatte Streit mit einem anderen. Das Leben verlief harmonisch. Jeder begegnete seinem Nachbarn mit Respekt und Anstand. Und nun dies! Corina konnte es nicht fassen. Sie zitterte. Wer war hier eingedrungen, und was hatte er wirklich gewollt? Hatte er etwas gesucht? Es gab bei ihr nichts zu finden, keine Informationen, keine geheimen Berichte über ihre Arbeit. Alles das befand sich in der Station. „Das Kind", murmelte sie. „Die bevorstehende Befruchtung" Das musste es sein! Die Aggression gegen sie hatte angefangen, bevor sie ihre Pläne zu realisieren begonnen hatte. Aber wer wusste davon außer Feki HiUre und Ruim OhJar? Die Genetikerin zog ihren kleinen Kommunikator aus einer Tasche und verlangte eine Verbindung zu Feki. Sie musste fast eine Minute warten, bis sich dessen Holo vor ihr aufbaute. „Du?", fragte er mit Ablehnung in der Stimme. „Was gibt es zwischen uns noch zu reden?" Jedes seiner Worte tat ihr weh. Sie zwang sich zur äußerlichen Ruhe. „Ich habe nur eine Frage an dich, Feki", sagte sie. „Hast du irgendjemandem von
Weitere Kostenlose Bücher