2157 - Die Wurmreiter
Rani", murmelte er. „Auch du, mein kleiner Prinz", sagte sie leise. „Und ich habe dich lieber, als es gut ist. Du bist ein Hitzkopf, und du denkst immer nur an dich. Ständig fieberst du dem Kampf entgegen, aber das ist falsch. Unser Leben darf nicht allein vom Krieg bestimmt sein. Wenn du je den ersten Rang an meiner Seite einnehmen willst, musst du verantwortungsbewusster werden. Es liegt an dir, eine Entscheidung zu treffen: ein Krieger zu sein und nichts als das. Dann wirst du mit Gurru in jeden Kampf ziehen und den Tod suchen, bis du ihn gefunden hast. Oder du willst die Verantwortung für unseren Stamm mit mir teilen dann wirst du dem Rat angehören und dich um weitaus mehr kümmern als nur um das Schlachtgetümmel."
„Und wenn ich Rupe Cormarons Nachfolge antreten will?", murmelte er. „Auch dazu benötigst du viel Verantwortungsbewusstsein. Und du musst fähig sein, dein Können anderen zu vermitteln - und zwar ohne ihnen gleich die Köpfe einzuschlagen." Sie deutete zum Eingang ihrer Behausung. „Dort draußen herrscht Trauer, denn viele haben einen Freund oder Verwandten verloren. Jeder Verlust ist dramatisch, Emboy, und wirft uns zurück. Einen Stamm muss man mit Umsicht und Bedacht führen."
„Aber du kämpfst doch selbst, Rani, und du bist am wichtigsten!"
„Ich setze aber meinen Verstand ein. Beispielsweise weiche ich jedem Zweikampf aus. Ich greife schnell an und verschwinde ebenso schnell wieder; ich bleibe nie lange genug an einer Stelle, damit sie mich nicht fassen können. Ja, natürlich bin ich eine Kriegerin, mein Heißsporn, aber ich bin ebenso die Mutter dieses Stammes - und die Mutter meiner Kinder. Ich muss sorgfältig alles gegeneinander abwägen. Und vor allem mache ich eines nie: Ich trachte niemals nach Rache. Ich plane jeden Angriff mit kühlem Verstand. Denk darüber nach, Emboy!"
Rani streichelte den jungen Perminen erneut, bevor sie weitersprach. „Ich gebe dir noch eine Chance, dich zu beweisen. Denn du besitzt außergewöhnliche Talente, du bist jung und stark. Doch du musst Disziplin beweisen, du musst fähig sein, dich unterzuordnen, du musst lernen, mit den anderen zusammenzuarbeiten. Wenn du das schaffst, wirst du noch vor Geburt deiner Tochter mein Hauptmann werden und all den Respekt erhalten, den du dir so sehr wünschst. Versagst du, wirst du dafür büßen."
Emboy Wogelkem seufzte. „Was wird meine Strafe sein?"
Ranis flaumweiche weiße Ohrbüschel bebten. Ob dies aus Zorn oder Amüsiertheit geschah, konnte er nicht erkennen. „Du wirst. es dann erleben, Bruder Leichtfuß", sagte sie mit sehr ernster Stimme. Gleichzeitig aber ging ihre Hand auf erregende Wanderschaft über seinen Körper, so dass er die Unterhaltung sehr schnell vergaß. Emboy konnte nicht mehr denken, weil sein ganzes Blut aus dem Gehirn in andere Bereiche seines Körpers wich.
Rani Kecko sah den Zeitpunkt für den Angriff gekommen, als ein fauchender Windstoß aus dem Norden einen kommenden Sturm ankündigte. Die Sonne war bereits seit zwei Tagen hinter Wolken versteckt, die immer schneller über den Himmel zogen. Immer größere, dunklere Wolken folgten den ersten weißen Ballungen nach. Die sonst hoch am Himmel lauernden Windraser zogen ihre Kreise dicht über den Baumkronen, um nach unvorsichtiger Beute zu spähen, die noch keine Deckung aufgesucht hatte. Schildbäume drehten ihre Blätter um, mit der rauen Oberseite nach außen, um den größten Angriff zu bremsen und abzulenken. Die elastischen Schlingbäume klappten ihre Blätter gar ganz zusammen und reckten die biegsamen Äste nach oben, um die geringst mögliche Angriffsfläche zu bieten. Sie würden mit den pfeifenden Sturmwinden regelrecht tanzen.
Die Tiere zogen sich tief in den Dschungel zurück, wo großblättrige Büsche und ausgedehnte Farndickichte sie einigermaßen schützten. Das war das Zeichen für die Azzati, die Ernte in Sicherheit zu bringen und die Hütten zu befestigen. Die Flugwürmer wurden unruhig und waren kaum mehr zu bändigen: Die Tiere wollten nicht auf dem Boden bleiben, sondern in die Lüfte aufsteigen, um dem Sturm zu entgehen. „Niemand wäre so verrückt, jetzt anzugreifen", warnte Rupe Cormaron während der Ratssitzung. „Eben deswegen werden wir es tun", versetzte Rani Kecko. „Unsere Flugwürmer sind allesamt jung und kräftig, sie werden es schaffen, auch gegen den starken Wind zu segeln. Wir werden starten, bevor der Sturm losbricht. Die Orichi können ihre Würmer dann nicht mehr
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