Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
218 - Nefertari

218 - Nefertari

Titel: 218 - Nefertari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
Vom Netzwerk:
obwohl er den Schaden schon vor vielen Tagen gemeldet hatte. Kein Wunder, wenn die meisten Flickschuster zur Armee eingezogen wurden und im Ausbildungslager Bestleistungen erbringen mussten.
    Der Standartenführer wurde noch übellauniger, als er in seinen Garten trat. Das Gras stand viel zu hoch, die Büsche wuchsen wild und waren seit mindestens zwanzig Tagen nicht mehr zurück geschnitten worden. Er rammte den Speer in den Boden. Die Pistool hatte er wieder abgeben müssen, denn Yao duldete nicht, dass privat Schusswaffen getragen wurden. »So geht das nicht. Da muss ich mal ein ernstes Wort mit Imene reden.«
    Doch seine Frau war nicht da. »Mama muss in der Fabrik arbeiten«, begrüßte ihn seine jüngste Tochter, die erst neulich ihren neunten Geburtstag gefeiert hatte. »Sie sagt, die haben dort Extraschichten eingerichtet und jeder muss mindestens vierzehn große Zeitstriche am Tag arbeiten. Jetzt mach ich mir eben immer selber was zu essen. Willst du auch was, Papa?«
    Die Straußeneier, die in der Pfanne brutzelten, dufteten verführerisch. So ließ er sich einen ganzen Teller voll geben. Genießen konnte er die mit Wakudaspeck gemischten Eier aber nicht.
    Fast automatisch kam das schlechte Gewissen. Das ist nicht förderlich für deine sportlichen Leistungen, flüsterte eine Stimme in seinem Hinterkopf. Gib dein Bestes, denn die Huutsi brauchen deine Kraft… Erschrocken registrierte er, dass er die Parolen, die er jeden Tag gehört hatte, bereits nachbetete.
    Noch vor Einbruch der Nacht kam Imene zurück. Mit fiebrigen Augen und total erschöpft. »Ich bin müde und habe Fieber«, klagte sie. »Und ich gehöre eigentlich ins Bett. Aber in der Fabrik haben sie mich nicht gehen lassen. Solange ich mich noch bewegen kann, muss ich arbeiten, hat der Erste Gestalter gesagt. Denn die Huutsi brauchen auch meine Arbeitskraft. Früher hätte es das nicht gegeben. Da durfte man gehen, wenn man krank war.«
    »Leg dich hin«, sagte Drogbah, »ich koche dir heißen Tee aus Maulbeer-Feigenblättern und Schafssud. Das wird dir helfen.« Er werkelte in der Küche herum. »Mist. Es kommt kaum Wasser aus der Leitung. Weil sie noch immer nicht repariert ist und die Pumpe nicht den nötigen Druck aufbauen kann.«
    Er fluchte leise vor sich hin, während er den Tee kochte. Dann brachte er den heißen Becher seiner Frau, die sich im Bett aufsetzte. »Warum fahren sie denn in der Fabrik Extraschichten?«
    Imene hatte sich in eine Decke aus Gazellenhaut gehüllt. Sie zitterte trotzdem. »Weil König Yao dreißig große Kanoons in Auftrag gegeben hat. Er selbst hat ihre Tekknik verbessert, munkelt man, und sie würden jetzt Kugeln so groß wie Mombassas Lioonkopf mehr als zehn Speerwürfe weit schießen. Aber wir müssen auch jede Menge Pistools und Maschiingeweers produzieren. Und Gestelle, mit denen man die Geweers auf das Dach von Dampf-Rakeets setzen und schwenken kann. Auch neue Dampf-Rakeets und Baiks werden produziert. Wir tun nichts anderes mehr.«
    »Und was ist mit den Teilen für die Leitungen? Das Wasserrohrsystem Kiegals ist an vielen Stellen brüchig geworden und muss fast komplett erneuert werden. Auch die Pumpen sind zum Teil nicht mehr funktionsfähig.« Drogbah trat gegen die Wand. Er stauchte sich den Zeh dabei. Doch der Schmerz konnte die immer stärker werdende Wut nicht abschwächen. »Das, was er Prinz Banyaar zu Recht an Versäumnissen vorgeworfen hat, macht er nun auch nicht besser, obwohl er es versprochen hat. Nur die Schleusenwerke oben am Kleinen Schlund hat er umgehend erneuern lassen. Natürlich. Denn die regulieren den Zulauf der Lava in die Leitungen, mit denen die Hochöfen in den Fabriken gespeist werden.«
    Zwei Stunden später tauchte Drogbah vollends in das Meer aus Wut ein, in dem er seit Tagen paddelte. Ein Bote des Königs stand vor seiner Tür. Er überbrachte ihm die Nachricht, dass er, Drogbah, mit sofortiger Wirkung dem Großreich der Huutsi nicht mehr als Standartenführer dienen werde, sondern seinen Dienst als Fähnleinführer zu versehen habe. Atu-Ba rückte an seine Stelle.
    Drogbahs Tochter Lavara weinte, als sie es hörte. »Hast du jetzt nichts mehr zu befehlen, Papa? Du hast doch immer gesagt, dass sie dir nichts tun werden, weil du der Sohn von Ruundu bist und weil Opa als Lehrer in der Konferenz (Ältestenrat der Huutsi) sitzt.«
    Beschämt senkte Drogbah den Kopf.
    Gleich am nächsten Tag suchte er Koroh, den mächtigen Schamanen der Huutsi auf. Koroh war in dieser

Weitere Kostenlose Bücher