2181 - Die Liebenden der Zeit
glaubte, allein damit alles Negative abwehren zu können? In Le Anyante wuchs eine grimmige Entschlossenheit. Sie brauchte nur den Finger zu krümmen, und der Ritter der Tiefe würde sterben. In letzter Sekunde erkannte sie, dass es nicht ihr eigener wilder Zorn war, der sie nach dem Auslöser tasten ließ, sondern Curcaryens rüde Art, die sich auf sie übertrug. Mit einem wütenden Tritt in den Unterleib stoppte sie ihn. „Ich bedauere, dass wir nicht miteinander reden können", sagte Atlan. „Vielleicht bringt ein neuer Tag mehr Erfolg. Ich hoffe es jedenfalls." Erwandte sich zu seinen Leuten um. „Alaska, Monkey, bitte kümmert euch um die beiden und weist ihnen ein angemessenes Quartier zu." Wie lange hatten sie geschlafen?
Alles schien von der Beantwortung dieser einen Frage abzuhängen. Die Ritter der Tiefe hatten - zu früherer Zeit - als moralisch über alle Zweifel erhaben gegolten, ihre Ethik als vorbildlich. Aber sie standen eindeutig auf der Seite der kosmischen Ordnungsmächte, und das machte sie zu unversöhnlichen Gegnern. Kein Algorrian würde noch einem Ritter der Tiefe vertrauen. Es sei denn ... Eine verrückte Hoffnung durchpulste Le Anyante. Wir kennen die aktuellen Gegebenheiten nicht.
Sie streckte die Barten dem Zweibeiner entgegen. Sogar die abgeknickten spitzen Ohrenden richteten sich auf ihn. Mit ihrem Blick versuchte sie, tiefer zu gehen und die Fundamente seines Wesens zu ertasten. Doch die Mühe war vergeblich. Im Gegensatz zu Curcaryen schien Atlans Widerstand unüberwindbar. „Du stehst im Auftrag der Kosmokraten?", brachte die Algorrian endlich schroff hervor. Nicht eine Regung entging ihr. Aber das alles war fremd und so anders. Reagierte Atlan überrascht? Es er schien ihr so. Suchte er nach einer Lüge? Dafür war seine Reaktion zu schnell, zu impulsiv. Er bewegte die gespreizte rechte Hand von sich weg, eine Bewegung, als wolle er sich von einer großen Last befreien. „Nein, ich arbeite nicht für die Kosmokraten!" Sein Blick suchte den ihren. Oder war es umgekehrt? In stummem Kräftemessen starrten sie einander an. Le Anyante, die es gewohnt war, dass jeder ihrem Blick auswich, glaubte ein loderndes Feuer zu erkennen, eine unbändige Kraft, die den Zweibeiner antrieb.
Aber sie hatte nie zuvor versucht, einem Ritter der Tiefe auf den Grund seiner Seele zu schauen. Nahezu gleichzeitig lösten sie sich voneinander. Anyante schnaubte verhalten. Während Atlan sich mit zwei Fingern den Nasenrücken massierte, verrenkte sie schier die Muskeln um ihre Augen, um das lästige Gefühl von Nässe zu vertreiben.
Als der Weißhaarige ruckartig erneut den Blick hob, versteifte sie sich. Seine roten Augen gefielen ihr nicht, er selbst gefiel ihr ebenso wenig, und daran war nicht allein die Ritter-Aura schuld. „Ich bin schon vor langer Zeit aus dem Dienst der Ordnungsmächte ausgeschieden", sagte Atlan. „Dafür hatte ich viele gute Grunde, doch ich glaube nicht, dass du sie hören willst."
„Ich könnte sie vielleicht nachvollziehen. - Aber weiter!", drängte die Algorrian. „Das kann nicht alles sein."
„Was willst du hören? Mich verbindet nichts mit den Kosmokraten außer Unverständnis."
„Die Ritter-Aura ...?", herrschte Le Anyante den Weißhaarigen an. Atlan hob die Schultern und ließ sie langsam wieder sinken. „Ich habe sie und ich nutze sie, aber in einem Interesse, das ich für richtig halte. Ohnehin sind meine Besatzung und ich an Bord unseres Raumschiffs SOL unterwegs, um die Geheimnisse des Ersten Thoregons zu lüften."
„Natürlich im Auftrag der Kosmokraten!", donnerte Curcaryen Varantir los. Seine, Haltung drückte mühsam verhaltene Angriffslust aus. Nur die Nähe der beiden Kampfroboter schien ihn von einer Attacke abzuhalten. „Was muss ich tun, um euch vom Gegenteil zu überzeugen?", fragte Atlan. „Entscheide dich für die Wahrheit!", schnaubte Varantir. „Und glaube nicht, dass du den berühmtesten und intelligentesten Algorrian belügen kannst. Zeig uns dein Schiff!"
„Das wollte ich ohnehin tun." Atlan schürzte die Lippen. „Wir haben euch an Bord genommen, weil wir uns Hintergrundinformationen zum Ersten Thoregon erhoffen. Wohl nicht umsonst wird das ausgestorbene Volk der Algorrian von vielen verehrt."
„Ausgestorben?" Curcaryen Varantir meckerte wie ein Ziegenbock. „Du weißt es nicht besser. Und eine angemessene Verehrung ist wohl das Mindeste, was ich erwarten darf." Ungeduldig spielte er mit seinem Gewehr, ließ es von einem
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