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22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

Titel: 22 - Im Reiche des silbernen Löwen III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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niederlegt. Wo hatte er das Schreiben versteckt?“
    „Das werde ich dir gleich sagen, sobald ich an die betreffende Stelle komme. Wir gingen in den Hof, wo die Leiter steht. Ich mußte ihn führen, denn er wankte unausgesetzt zwischen dem Orient und dem Okzident herüber und hinüber und knickte bei jedem Schritte zusammen, als ob er zehn übermäßige Kamellasten auf dem Rücken trage. Wie ich mit ihm die vielen Sprossen hinaufgekommen bin, das kann ich dir gar nicht sagen. Endlich oben angekommen, setzte er sich gleich nieder und wollte schlafen; er hatte alles, auch den Brief, vollständig vergessen, und ich mußte sehr lange in ihn hineinsprechen, ehe er sich besann, in welcher Absicht wir so mühsam herauf geklettert waren.“
    „Wie war der Raum beschaffen?“
    „Er war so lang und breit wie das an vielen Stellen offene Rohrdach, aber so niedrig, daß man nicht aufrecht stehen konnte. Es lag da überall altes, wertloses Gerümpel herum, für welches ich nicht einen einzigen Piaster geboten hätte. Der Brief war in einen Lappen eingeschlagen und steckte in einer Ritze der Wand.“
    „War diese Ritze groß?“
    „Nein.“
    „Steckte er allein darin?“
    „Ja.“
    „So bildete sie kein Sammelversteck und war bestimmt, nur ihn zu verbergen. Es ist mir das ein Beweis, daß es da oben überhaupt keine heimliche Stelle gibt, welche dem Sillan als Aufbewahrungsstätte dient. Es wird also wohl so sein, daß dem Kawedschi nur zuweilen ein Brief zur Übergabe an den Boten anvertraut wird. Wäre ein geheimes und regelmäßig benutztes Versteck vorhanden, so hätte der Wirt den Brief dahinein und nicht in die Wandritze getan. Was hat er gesagt, als er dir ihn gab?“
    „Auch wieder allerlei unverständliches Zeug. Als ich ihn eingesteckt hatte und wir wieder an die Leiter kamen, um herabzusteigen, weigerte er sich, dies zu tun. Er glaubte plötzlich, am Fluß zu sein; er sah die Wogen fließen und hörte ihr Rauschen; darum setzte er sich nieder und war nicht zu bewegen, den Fuß auf die Leiter zu setzen. Er wollte nicht ersaufen, sagte er; dann fiel er vollends um und schlief sofort ein. Das ist alles, was ich dir sagen kann. Weiter habe ich nichts gesehen und nichts erfahren können.“
    „So möchte ich einmal zu ihm gehen.“
    „Versuche, ob du mehr erfährst als ich. Ich glaube aber nicht, daß es dir gelingt. Soll ich dir zeigen, wo er ist?“
    „Ich finde ihn selbst; zeigen ist also nicht notwendig; aber mitgehen kannst du doch.“
    Als wir durch den Vorderraum kamen, sah ich den Somali. Es war so, wie Halef gesagt hatte: Er hatte den Mangal umgerissen und lag mit dem Kopf in der Holzkohlenasche. Sein überlautes Schnarchen klang wie das Sägewerk einer im Gang befindlichen Schneidemühle.
    Draußen im Hof sah es fürchterlich aus. Gut, daß wir schon getrunken hatten. Dem Europäer, der nur einen kurzen Blick auf diesen Schmutz warf, war es gewiß unmöglich, drin im Kahwe auch nur einen einzigen Schluck zu genießen! Die Leiter lag an; ich stieg, von Halef gefolgt, hinauf und mußte in ein enges Loch kriechen, an dessen Rand der Wirt lag. Er hatte den Mund weit offen; sein Atem war unhörbar. Sein Zustand schien mehr Betäubung als Schlaf zu sein. Punsch und Grog sind eben nur für kalte Länder, nicht für den heißen Orient.
    Ein forschender Blick durch den niedrigen, von Unrat starrenden Raum sagte mir, daß hier kein Platz zu einem wichtigen Versteck sei. Ich steckte den goldenen Ring der Sillan als Erkennungszeichen an den Finger und rüttelte dann den Mann. Er wollte die Augen öffnen, brachte sie aber bei diesem ersten Versuche nicht auf. Ich rüttelte ihn stärker.
    „Laß mich in Ruh!“ knurrte er und wälzte sich auf die andere Seite, so daß er durch das Loch hinabgefallen wäre, wenn ich ihn nicht weggeschoben hätte. Da nahm ich ihn bei den Schultern, setzte ihn auf und schüttelte ihn so lange, bis er die Augen vollständig offen hatte. Er starrte mich an, sagte aber nichts.
    „Bist du wach? Kannst du sprechen?“ fragte ich ihn.
    „Spre – – – chen“, wiederholte er mein letztes Wort mechanisch.
    „Kennst du mich?“
    „Du – – – bist – – –?“
    Da hielt ich ihm den Ring vor die Augen und forderte ihn im strengsten Ton auf:
    „Schau diesen Ring an! Er sagt dir, wer und was ich bin.“
    Er richtete sein Auge zunächst gleichgültig auf meine Hand. Sobald er aber den Ring erblickte, wurde er aufmerksamer. Er faßte die Hand und zog sie näher an sich, um

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