223 - Gaston, Diana - Die mysteriöse Miss M
hatten, sie zu beschützen. Entweder kehrten sie nicht zu ihr zurück, oder aber sie erwähnten nie wieder ihr Versprechen. Farley hatte dafür gesorgt. Wieso nur war er damit einverstanden gewesen, dass dieser Mann sie aus ihrem Elend befreite? War es womöglich nichts weiter als ein Trick?
Ein Blick in die Augen des Lieutenants ließ eine Entschlossenheit erkennen, die zumindest wahrhaftig schien, selbst wenn es nicht so gemeint sein sollte. Sein Gesicht war das aus ihren Phantasien, die vor ihrem geistigen Auge auftauchten, wenn sie ihre Pflicht erfüllt hatte und sich allein in ihr Bett legen durfte. In diesen Träumen lächelte er stets, sein Grübchen schien ihr zuzuzwinkern.
Und jetzt war es wieder dieses gleiche Gesicht, das bei ihr Freude auslöste. Die Erinnerung an seinen sanften Kuss und an die Art, sie zu lieben, wurde wach und erregte sie. Zu träumen und sich zu erinnern, das war hinnehmbar. Aber Gefühle zuzulassen? Und zu hoffen? Nein, hoffen durfte sie nur, Linette und Sophie ernähren zu können, die zwei Menschen in ihrem Leben, auf die wirklich Verlass war, weil diese beiden Madeleine so nötig hatten.
Linette zog die Falten von Devlins Halstuch auseinander, während er sich noch ein Stück weiter vorbeugte. Seine Lippen kamen denen von Madeleine näher und näher, und sie spürte, wie ihr Herz heftiger zu schlagen begann.
„Ich habe dem Mädchen mein Bett gegeben“, hörte sie plötzlich Bart in entrüstetem Tonfall sagen, den Mann, der Devlins Diener zu sein schien.
Devlin erwiderte amüsiert: „Dein Bett, Bart? Das ging aber schnell.“
„Keine anzüglichen Bemerkungen, wenn ich bitten darf.“ So sprach doch kein Diener mit seinem Herrn! „Wenn du mir etwas Geld gibst, werde ich mich um etwas zu essen kümmern – und um Milch für die Kleine.“
Mit wenigen Schritten war Devlin am Tisch angelangt, wo er seine Taschen leerte. „Erfreuliche Neuigkeiten. Wir werden gut speisen können.“
Bart suchte ein paar Münzen heraus, den Rest schob er zurück zu Devlin. „Versuch, das nicht allzu schnell auszugeben.“ Nachdem er seinen Mantel vom Haken genommen hatte, ging er aus dem Haus und zog die Tür leise hinter sich zu.
„Ist er Ihr Diener?“, fragte Madeleine, der nicht entging, dass sie mit Devlin allein war.
Der schmachtende Ausdruck in seinen Augen wirkte so, als könne er ihre Gedanken lesen. „Mehr als das, würde ich sagen. Wir haben gemeinsam Spanien und Belgien hinter uns gebracht.“
„Belgien“, wiederholte sie leise. Nach den Neuigkeiten über Waterloo hatte sie tagelang die Listen der Toten studiert und schließlich voller Erleichterung geweint, als sie seinen Namen dort verzeichnet fand, wo man die Verwundeten aufführte.
Doch das zählte jetzt nicht. Nachdem sein Diener gegangen war, würde der Lieutenant zweifellos erwarten, dass sie ihn für ihre Rettung entlohnte.
Ihr Herz pochte laut. Sie durfte in seiner Nähe nicht diese Zuneigung empfinden, sondern davon ausgehen, dass er so egoistisch und launenhaft war wie die anderen Männer. Madeleine veränderte Linettes Lage in ihren Armen, woraufhin die sich die Augen rieb und den Kopf gegen die Schulter der Mutter sinken ließ.
Devlin bewegte sich etwas weiter auf sie zu. „Das Kind muss Ihnen doch bald zu schwer werden. Kommen Sie, es ist Zeit, zu Bett zu gehen.“
Während er sie in sein Schlafzimmer führte, spürte er, wie das Blut durch seine Adern jagte. Bei Gott, diese Frau war noch begehrenswerter als bei jenem ersten Mal.
Er bemerkte ihren erschrockenen Blick und sah den Raum plötzlich mit ihren Augen. Es war ein beengtes Zimmer, möbliert mit einer altmodischen großen Kommode und einem ausladenden Himmelbett mit verschossenen Vorhängen. Seine alte Truhe stand in einer Ecke und quoll vor Kleidung über.
Ihr Blick ruhte auf dem Bett. Wie würde es wohl sein, mit ihr dieses Bett zu teilen und die Laken zu zerwühlen?
Nein, so ging es nicht. Madeleine wirkte, als würde sie jeden Moment zusammenbrechen. Das Mädchen, das sie seit fast einer Stunde an sich geklammert hielt, war sicherlich bereits fast drei Jahre alt und wog entsprechend viel. Viel länger würde sie nicht durchhalten können.
„Und wo soll Linette schlafen?“, fragte sie beunruhigt.
„Im Bett, wo sonst?“
Sie hob den Kopf und drehte sich zu Devlin um. „Mylord, ich bin bereit, Sie für Ihre Großzügigkeit zu bezahlen, aber ich muss darauf bestehen, dass
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