2231 - Der Klang des Lebens
Terraner einen Schritt auf Vanidag zu – und das Monstrum aus Nebelschwaden wich zurück. Für einen Moment verschwand das obere Drittel des Riesen in der Decke der Zentrale, dann krümmte er sich, sodass er wieder als Ganzes zu sehen war.
Wie Geister spie Vanidag nun Gestalten und Gesichter aus und schickte sie gegen Rhodan, als sollten sie ihn aufhalten. Rhodan zögerte nicht. Er sah Bjazias Gesicht, angstverzerrt, den Mund in einem lautlosen Schrei erstarrt. Er trat einen weiteren Schritt nach vorne. Akluhis Gesicht materialisierte, ebenfalls von Entsetzen gezeichnet. Und dasselbe galt für Mavrip, die gleich darauf aus den Nebeln erschien. Rhodan ging weiter. Vanidag raste, sein Nebelkörper zitterte, pulsierte, verlor Konturen und bildete sich neu. Rhodan war sicher, dass er nahe daran war, die Kontrolle über sich zu verlieren Rhodan hörte Atlan eine Warnung rufen. Der Terraner hob den Arm, um Atlan Einhalt zu gebieten, falls er auf die Idee kam, ihm zu Hilfe zu kommen. Er musste das allein durchstehen.
„Jetzt habe ich dich, Vanidag!"
Im gleichen Moment griff der Riese mit allen Armen nach ihm und umstülpte den Solaren Residenten mit seiner ganzen Nebel „masse".
Ich ... habe ... dich ..., Schutzherr!
Vanidag sog Rhodan in sich ein. Wie er es mit allen seinen Opfern getan hatte. Der Terraner wurde ein Teil des nebeligen Wesens. Sie waren mental miteinander verschmolzen, bildeten eine Einheit.
Rhodan bekam Vanidags Triebhaftigkeit zu spüren, als entspringe sie ihm selbst. Den Heißhunger, der ahn antrieb. Wie ein Motor. Ohne Rast und Ruh, in permanenter Gier.
Aber Vanidag bestand nicht nur aus Fressgier. Es waren auch Gefühle in ihm. Gefühle wie Sehnsucht nach jemand Gleichartigem. Das Gefühl von ewiglicher Einsamkeit. Und Trauer. Eine tief sitzende Trauer über den Verlust seiner Gemahlin Arinach, die von den Schutzherren vernichtet worden war. Arinach, sein Heiligstes. Die verlorene Gemahlin, für die er alles unternehmen würde, um ihr zu neuer Existenz zu verhelfen. Vanidags Nebelleib hatte Rhodan verschlungen. Aber der Terraner lebte noch – Vanidag schien völlig passiv zu sein, eine Verhaltensweise, die überhaupt nicht zu den beobachteten Ereignissen passte. Rhodan war irritiert. Obwohl Vanidag keinerlei Anstalten machte, ihn zu „verdauen", fühlte Perry sich schwächer werden, seine Widerstandskraft erlahmen.
Er verbraucht sich selbst!
Als Rhodan das erkannte, war es fast zu spät. Der Gott Aller Zeit fraß seine Opfer nicht. Er sorgte vielmehr dafür, dass sie sich, einmal mit ihm verschmolzen, selbst auffraßen und ihm so ihre Lebensenergie quasi freiwillig präsentierten.
Durch die Verschmelzung ihrer Geister hätte Vanidag Rhodan beinahe ebenso weit gebracht. Rhodan löste sich noch rechtzeitig so weit von Vanidag, um sich seine Eigenständigkeit zu bewahren. Aber er ließ ihn nicht ganz los. Er brauchte den mentalen Kontakt, um Vanidags Absichten zu durchschauen und seinerseits angreifen zu können. Er wusste nur noch nicht, wie er den aus Nebel Geborenen beugen oder sogar bezwingen konnte. Es war möglich, die Schutzherren hatten es bereits einmal geschafft, aber er hatte keine Ahnung, wie. Noch stand es unentschieden.
Wo lag die Achillesferse des Unersättlichen? In seiner Fresssucht? In seiner Einsamkeit? Seinen Sehnsüchten?
Arinach!
Der Name explodierte förmlich in Vanidags Geist. Es war der Name seiner Gemahlin. Sie war zerbrechlich und winzig, aber sie besaß etwas, wonach sich Vanidag vergeblich sehnte: einen Körper.
Durch Arinach konnte auch Vanidag auf eine gewisse Weise körperlich werden.
Rhodan stockte der Atem, als er erkannte, dass er auf der richtigen Fährte war. Er ließ Vanidags Gedanken über sich ergehen und forschte in ihnen nach dem Schlüssel zu seinem Geheimnis, seiner Achillesferse.
Du gehörst mir, Schutzherrengezücht! Ergib dich mir, deine Tage sind vorbei, dein Körper bald nur noch eine Erinnerung an deine Seele! Gib... mir... S'toma! MEHR!
Rhodan ignorierte das mentale Toben des Monsters – mittlerweile konnte er das, obwohl es ihn Kraft kostete. Die Sogwirkung Vanidags war enorm, wie ein Schwarzes Loch.
Und dann sah Rhodan sie: Arinach. Vanidags Gemahlin. Sie war in der Tat winzig. Nicht mehr als fingerkuppengroß. Was für ein zerbrechlicher Körper. Das Figürchen lag auf einer Art Altar aus Schnee...
Schnee! Es gab nur einen einzigen mit Schnee bedeckten Gipfel in weitem Umkreis. Dort musste Vanidag sein Heiligstes aufbewahren.
Weitere Kostenlose Bücher