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2264 - Die verlorene Schöpfung

Titel: 2264 - Die verlorene Schöpfung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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wann die Kantine wieder einsatzbereit ist!"
    Er wollte mich ablenken, doch es gelang ihm nicht. Gespannt verfolgte ich die einzelnen Meldungen der betroffenen Systeme.
    Die Antigravschächte wurden soeben geräumt. „Torpedo auf Abfangkurs! Entfernung 30 Millionen Kilometer!"
    Die künstliche Schwerkraft wurde aufgehoben. Das Licht in der Zentrale erlosch. „Das Ding ist verflixt schnell", flüsterte Mal. „Macht die Hyperimpedanz ihm denn gar nichts aus?" Er griff nach oben; in letzter Sekunde bewahrte er den Imbiss, den er aus der Kantine mitgenommen hatte, davor, einfach davonzuschweben, und ersparte unseren Sitznachbarn damit eine gewaltige Sauerei. „Waffensysteme und Schutzschirm!" Oberst Prageshs Stimme schnitt wie ein Messer durch die Zentrale. Die einzige Helligkeit stammte nun von den Holos in der Mitte des Runds.
    Plötzlich schwebte Gucky vor dem Hologramm, auf dessen Ausschnitt der Torpedo sichtbar wurde.
    Auch der Mausbiber schien den Blick nicht von dem grell strahlenden, bis zum Platzen mit Hyperenergie geladenen Kugelfeld abwenden zu können. „Alles, was uns schützen könnte", flüsterte er, als würde jedes laute Geräusch den Torpedo anlocken. „Wir sind verwundbar wie ein Baby!"
    Er hatte Recht. Was für ein Risiko, dachte ich. Was wäre das für ein Verlust! Nicht nur, dass wir die Hoffnung der Menschheit im Kampf gegen Gon-Orbhon sind! Hier an Bord befinden sich auch drei Aktivatorträger ...
    Nicht nur mir war der Schweiß ausgebrochen. Ich konnte die Angst der Anwesenden riechen. In der Zentrale stank es.
    Das Signal wurde lauter. Es vibrierte in meinen Nervenbahnen.
    Ich gestand mir ein, dass aus meiner atemlosen Spannung Todesangst geworden war.
    Wann schaltet Reginald endlich die Holos ab?, dachte ich. „Auf dieses Minimum an Energie kommt es nicht an", flüsterte Bull dem Ilt zu, als hätte er meine Gedanken gelesen. „Wenn ich dem Tod ins Auge blicke, will ich ihn auch sehen!"
    Es war so leise in der Zentrale, dass ich jedes Wort verstand. Genau wie alle anderen.
    Der älteste Freund meines Vaters hatte natürlich Recht. Ein ENTDECKER-Riese ließ sich nicht auf null herunterdimmen. Ein Restwert blieb immer! „Errechnete Aufschlagzeit in zwei Minuten!", sagte Pragesh mit normaler Lautstärke. Seine Worte hallten wie ein Donnerschlag.
    Mir wurde klar, dass Bull die Holos nicht desaktivieren würde. Die Ultra-Giraffe wurde mit einem Minimum an Energie in Betrieb gehalten, um das Torpedofeld beobachten zu können, und allein diese Holos waren noch aktiv und würden es auch bleiben.
    Wenn das Torpedofeld uns traf, würde nicht viel von der RICHARD BURTON übrig bleiben. Die gewaltige Explosion, verbunden mit dem mechanischen Trümmereffekt, würde nicht nur die Hülle des ENTDECKERS wie Aluminium zerfetzen, sondern das Schiff zu winzigen Partikeln zermalmen.
    Ich schloss die Augen. Auf den geschlossenen Lidern trieben die Wracks des Weltraumfriedhofs, den ich auf den Holos gesehen hatte. All diese Besatzungen, all diese Schiffe hatten den Kampf gegen die Helix-Torpedos verloren. Oder waren es die Trümmer aus der längst vergangenen Schlacht, von der wir von den Cortezen erfahren hatten? Einer Schlacht, die ihren Sinn schon vor einer Ewigkeit verloren hatte...
    Wie bei so vielen Dingen im Leben ... Irgendwann verliert alles seinen Sinn. Dann bleibt uns nur die Erinnerung, in der wir uns verloren haben. Wir sehen uns in der Erinnerung wieder, Thereme. Ich weiß nicht genau, wo das sein wird, aber es wird ein guter Ort sein. „Torpedo hat Kollisionskurs aufgegeben und kreuzt in unmittelbarer Nähe!", meldete Kommandant Pragesh.
    Ich wusste nicht, ob ich erleichtert aufatmen durfte. War es vorbei? Oder trieb das Torpedofeld ein perfides Spiel mit uns, wollte uns eine Spur von Hoffnung machen, um sie dann grausam wieder zu zerschlagen?
    Das ist eine Waffe und kein Lebewesen!, dachte ich, zornig auf mich selbst und so angespannt, dass ich am liebsten laut aufgeschrien hätte. „Torpedo nimmt Fahrt auf! Er entfernt sich von uns. Jetzt Eintritt in den Hyperraum! Er hat uns nicht bemerkt!"
    „Schilde hoch!" Reginald atmete hörbar auf. „Programme auf Normalbetrieb !"
    Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn. Mein Haar war so nass, als hätte ich gerade geduscht.
    Diesmal hatten wir es geschafft, doch ich durfte gar nicht daran denken, wie viele solcher Torpedos es in der Parrakhon-Wolke noch gab. Wie oft würden wir ihnen entkommen können?
    Gucky schwebte noch immer vor dem Holo.

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