2272 - Sturm auf Graugischt
kampferprobten Shoziden bestanden. Kaum geschulte Toron Erih und Karoky befanden sich an Bord.
Sie waren Kanonenfutter! Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Ich fragte mich, weshalb Carya Andaxi ausgerechnet das zuließ. Die Schutzherrin, die Moral in Person, konnte kaum tatenlos zusehen, wie diese Schiffsbesatzungen in den Tod flogen. Und doch tat sie es ...
Du verkennst die Tatsachen, Barbar, hätte Atlan behauptet. Ich glaubte sogar, seine Stimme zu hören; ganz tief in mir war dieses Flüstern. Und verdammt, der Arkonide hätte damit Recht gehabt.
Vorübergehend fühlte ich mich wie versteinert, innerlich taub, als wäre ich selbst gestorben.
Atlans Tod ging mir so nahe wie nichts sonst. Ich glaube es nicht, bevor ich seinen Leichnam nicht gesehen habe, redete ich mir ein. Das half mir zumindest im Augenblick, den Schmerz zu übergehen, obwohl ich wusste, dass ich mich selbst damit belog. Jeder von uns hatte das Risiko gekannt.
Aber wir potenziell Unsterblichen schoben den Gedanken an den Tod immer weit von uns, besonders weit sogar. Wenn ich es recht bedachte, lebten wir in einer aberwitzigen Hoffnung, uns -ausgerechnet uns, die wir stets in vorderster Front mit dabei waren - könne nichts geschehen. Aber hatte Atlans vieltausendjährige Erfahrung ihn vor den Hyperdimos geschützt? Nein, das hatte sie nicht!
Und würde mich ein Schiff wie die SCHWERT schützen können, sobald Tagg Kharzanis Horden das Feuer eröffneten?
Die Antwort darauf brauchte ich mir gar nicht erst zu geben.
Seit den Stunden, als Graugischt II im Geschützfeuer vernichtet worden war,' wusste ich, dass Carya Andaxis Wasserwelt im Grunde nicht verteidigt werden konnte. Die Schutzherrin war immer davon ausgegangen, dass eine Entdeckung ihrer Welt durch die Kybb oder Kharzanis Garden zugleich das Ende bedeuten würde. Ich fragte mich nur, warum die gegnerische Flotte weiterhin Verstärkung erhielt. Die Verteidiger standen gegen dieses Aufgebot längst auf verlorenem Posten. Wollte Kharzani derartig auf Nummer Sicher gehen? Oder...? „Warum orten wir keine Kybb-Titanen?", fragte ich so leise, dass wohl nur Zephyda mich verstehen konnte.
Ihre Augen bekamen einen seltsamen Glanz. Nein, das war keine aufflackernde Hoffnung - das war der Wille, bis zum letzten Atemzug zu kämpfen. Zephyda fürchtete den Tod nicht, sie sah ihn womöglich gar als Freund, der sie wieder mit Atlan vereinen würde.
Ich biss die Zähne zusammen. Solche Gedanken waren pures Gift. Vor allem, weil ich wusste, dass Atlan das niemals gewollt hätte. „Zephyda, was dir vielleicht durch den Sinn geht, ist nicht gut..."
„Kharzani zieht seine gesamte Streitmacht zusammen", unterbrach sie mich schroff. Sie wollte genau das nicht hören, was mir auf der Zunge lag. „Und warum?", fügte sie hinzu. „Weil nicht Blatt noch Borke bleiben soll. Kein Stein wird auf dem anderen bleiben. Es ist wie auf Baikhal Cain, wo meine Schwester ..." Sie war während der letzten Worte immer leiser geworden und verstummte jetzt.
Ich packte sie an den Oberarmen und schüttelte sie sanft, um sie wieder in die Realität zurückzuholen. „Hör mir gut zu, Stellare Majestät: Es ist nichts verloren, solange es noch Hoffnung gibt. Solange es die Allianz der Moral gibt.
Wollte Kharzani wirklich die totale Vernichtung, wären die Kybb-Titanen bereits hier, und der Angriff hätte längst begonnen."
Sie straffte sich, und das beinahe erloschene Funkeln kehrte in ihre Augen zurück. „Tagg Kharzani zögert, weil er glaubt, dass Carya Andaxi noch einen Trumpf im Ärmel hat."
Ich nickte. „Er ... oder einer seiner Heerführer."
Ich hatte schon einmal darüber spekuliert. Dass Kharzani ausgerechnet die friedliebende Carya Andaxi so hartnäckig verfolgte, entbehrte jeder logischen Grundlage. Es sei denn, er hatte einen triftigen Grund dafür. Furcht konnte ein solcher Grund sein.
Furcht wovor? Bestimmt nicht vor fünfhundert Weißen Kreuzern. Auch nicht vor tausend dieser Schiffe.
Ich fragte mich, ob Kharzani Recht hatte. Und falls ja: Welchen Trumpf besaß Carya Andaxi wirklich? „Wir werden ihm Grund geben, uns zu fürchten", verkündete Zephyda. Keineswegs Trotz prägte ihre Haltung, sondern eine grimmige Entschlossenheit. „Bei Jopahaim!"
Ich lächelte. Das war die Stellare Majestät, die wir brauchten: fest davon überzeugt, dass die Schutzherrin nicht hilflos sein konnte, dass wir es schaffen würden, Kharzani eine Schlappe beizubringen, und dass die Schutzherrin einen Plan
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