2275 - Finale für Arphonie
Gang gesetzt worden, den die Gegenseite kurzfristig nicht wieder stoppen konnte.
Sobald die Lücken groß genug waren, begann die Schlacht um Kherzesch.
Mehr denn je fieberte Zephyda diesem Moment entgegen. „Sie hintergehen mich!" Die eigene Stimme erschien Tagg Kharzani schrill und irgendwie fremd, als spreche ein anderer aus ihm, und das machte ihm noch mehr Angst. „Ich wusste stets, dass alle mich betrügen. Aber jetzt auch ein Motoklon?"
Er warf sich auf die breite, von einem kostbaren Baldachin überspannte Liege. Der Hut rutschte von seinem dürren Schädel, als er das Gesicht zwischen den Armen barg und ein wildes Zucken den ausgemergelten Körper durchlief. Er krümmte sich wie ein getretener Wurm, der dem Tod schon näher war als dem Leben. „Alle werde ich töten lassen - alle, die sich gegen mich stellen. Sie haben es nicht anders verdient..."
Er verstummte. Nur noch die knochigen Schultern zuckten. Urplötzlich fuhr er hoch. „Auch du, Enkrine?", stieß er hervor. „Du schweigst. Vielleicht bist du sogar mein größter Feind. Du neidest mir mein Leben, meine Macht... Weil du selbst ein Nichts bist. Ohne mich würdest du sterben. Enkrine! Warum antwortest du nicht, Enkrine?"
Bebend lauschte Tagg Kharzani in sich hinein. Doch der Symbiont schwieg. Enkrine machte das absichtlich, um ihn, seinen Herrn und Herrscher, zu quälen.
Mit einem wilden Satz kam Kharzani wieder auf die Beine. Zu hastig allerdings, denn für einen Augenblick wurde ihm schwarz vor Augen. Im ersten Entsetzen hielt er den Atem an.
War das der Tod, der nach ihm griff? Er fror und zog den Schulterumhang enger zusammen.
Diese Kälte machte ihm Angst. Sie hatte sich mit dem beginnenden Verfall der Opalziegel eingeschlichen und ließ sich nicht mehr vertreiben. Tief in seinen Knochen nistete sie schon und fraß ihn von innen heraus auf.
Es war schrecklich, auf diese Weise sterben zu müssen. Lange hatte er nicht mehr zu leben.
Tausend Jahre, zweitausend? Das war unwürdig. „Das habe ich nicht verdient!" Er brachte die Worte kaum verständlich hervor. Seine Lippen waren taub, das Blut prickelte in den Adern. Tagg Kharzani lauschte dem kaum noch wahrnehmbaren Herzschlag.
Dm darfst dich nicht aufregen!, wisperte Enkrines Gedankenstimme. Das könnte dein Tod sein. .„Tod? Tod? Kherzesch ist mein Tod. Alles hier ... alles."
Wunderst du dich darüber? Schließlich bist du ein Mörder, Tagg Kharzani. „Sei still!"
Ich werde nicht mehr schweigen, erklärte der Symbiont. Ich bin dein Gewissen - das einzige, das du hast.
Tagg Kharzani stürzte hinüber an das große Panoramafenster, das ihm einen ungehinderten Blick nach Norden erlaubte, weit über die Schlossanlagen hinweg. Im Zentrum erstreckte sich die gewaltige Schneise, die er schon vor langer Zeit in einen Park verwandelt hatte. Und über allem, am jenseitigen Ende, thronte seine Statue.
Zitternd lehnte Kharzani sich gegen die Fensterlaibung aus halbwegs frischen Opalziegeln.
Techniten hatten sie an anderer Stelle ausgebaut und hier eingefügt. Er blickte hinüber zur Statue und fühlte, dass seine Erregung allmählich abflaute. Immer wieder hatten einzelne Verblendete versucht, seine Herrschaft zu beenden. „Ich habe sie alle überlebt." Er lachte heiser. „Alle. Hörst du, Enkrine? Ich werde auch dich überleben."
Sein Blick schweifte über den Himmel. Die Sonne stand fast im Zenit. Kher war das am besten geschützte System in Arphonie.
Bis gestern.
Schon wieder schnürte ihm die Furcht den Hals zu. Ausgerechnet ein Motoklon, einer der Treuesten der Treuen, hatte BLENDE-NULL sabotiert. Die Redundanzstationen arbeiteten zwar, aber nur BLENDE-NULL war nach den Veränderungen der Hyperimpedanz schon vollständig umgerüstet worden.
Seit gestern herrschte demzufolge ein schaltungstechnisches Chaos. Die Wissenschaftler und Techniker würden Wochen benötigen, um alles wieder in den Griff zu bekommen.
Der Kher-Diamant war in Bewegung geraten. Acht Planetenmassen, durch Intervallbeschuss vollständig pulverisiert und als Kugelschale über einen gewaltigen Raumsektor verteilt, von 122 BLENDE-Forts mit großflächig wirksamen Gravo- und Traktorfeldern kontrolliert. Aber genau diese Forts spielten seit dem Ausfall der zentralen Schaltstation verrückt. Der Motoklon hatte die verwundbare Stelle genau gekannt.
Tagg Kharzani verfluchte die Schutzherrin Carya Andaxi. Immer hatte er in Furcht vor ihrem Angriff gelebt. Nun war es also so weit. Wie auch immer es ihr gelungen
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