2306 - Die Kristallbörse
aber vor allen Dingen die Börse?" Inez trat neben ihn und sah ihm über die Schulter. „Imposant, nicht wahr? Und vor allem die Art, wie er es gemacht hat. Er hat sein Gebot zum genau richtigen Zeitpunkt abgegeben und sofort den Zuschlag erhalten. Für ein Butterbrot."
„Du hast Recht", murmelte Gill.
„Natürlich. Das habe ich meistens.
Schon vergessen?"
Er lachte kurz. „Ich meine nicht Adams. Ich ... Sieh dir das an."
Sie legte ihm die Hand auf die Schulter und beugte sich tiefer. Auf dem Schirm war jetzt ein großer Tisch zu sehen, um den zwei Parteien von Männern und eine Frau standen. Sie redeten aufgeregt aufeinander ein. Dann sprangen die beiden, die sich gegenübergesessen hatten, gleichzeitig auf.
„Wir haben richtig gelegen", sagte Gill. „Gutes Näschen! Wir sollten uns langsam bereitmachen."
Inez lachte. „Das bin ich schon lange."
Solomon G. Gill stand auf, faltete den Schirm zusammen und steckte ihn ein. Er und seine Partnerin klatschten sich ab.
Es ging los.
*
Der braune Matsch hatte einen Durchmesser von etwa zwei Metern. Er warf Blasen und bildete Pseudopodien aus, Stielaugen und lange Fühler, die sich ortend in alle Richtungen drehten.
Manchmal verharrten sie in ihrer Bewegung und zitterten leicht.
Der braune Matsch hatte sich durch die Trümmerlandschaft geschoben, ohne dass ein bestimmtes System in seiner Wanderung zu erkennen gewesen wäre. Er war über die Reste abgestürzter Gleiter und Flugpanzer geglitten und an den Ruinen einer Stadt vorbei. Er war tefrodischen Leichen ausgewichen und hatte respektlos an den Panzeranzügen maahkscher Raumlandesoldaten geschnuppert. Es gab nichts mehr zu schnuppern. Sie waren nicht nur schon lange tot, sie hatten auch nie wirklich gelebt. Die Maahks in diesem Teil der Erlebnislandschaft von LEprachtvoll, dem „Themenpark Paddler/Andromeda", waren nichts anderes als Roboter – und damit eigentlich das, wonach der braune Matsch suchte.
Der braune Matsch – sein Name lautete übrigens Quergelqoonilaxyolqoor, aber selbst seine Artgenossen nannten ihn nur Quergel – hatte seinen Posbi verloren. Hier in diesem Park, wo die Maahk-Attrappen, im Gegensatz zu den Tefrodern, gegen die sie eigentlich kämpfen sollten, nach der Übernahme durch Taxit, der Wiederinstandsetzung und der Neueröffnung vor fünf Jahren nicht reaktiviert worden waren.
Die Tefroder waren, bis auf die Leichen, echt und lieferten einen eindrucksvollen Kampf gegen Gegner ab, die allesamt nicht echt waren. Das führte manchmal zu grotesken Situationen – und neugierige Besucher in die Irre.
Quergel war mit seinem Posbi vor vier Wochen nach LEprachtvoll gekommen, um eine Weile die Atmosphäre der Erlebnis-Plattform zu genießen. Der Bereich, in dem auch jetzt wieder reger Spielbetrieb herrschte, interessierte sie ebenso wenig wie die Kristallbörse. Damit bildeten sie eine Minderheit, denn acht von zehn Besuchern, die in diesen Tagen den Weg nach LEprachtvoll fanden, kamen wegen der Hyperkristalle. Die restlichen zwei teilten sich brüderlich in die, die des Spiels wegen kamen, und jene, die historisch interessiert waren.
Quergel war so fasziniert von den Tefrodern gewesen, dass er seinen Posbi zuerst aus den Stielaugen und dann ganz verloren hatte. Und seitdem war er auf der Suche nach ihm.
Zum Glück hatte er sich auf der Hundertsonnenwelt einen „Ammensender" implantieren lassen: Mit diesem Wunderwerk der Technik war es ihm möglich, „seinen" Posbi direkt anzufunken und zu orten. Meist benutzte er ihn nur als Sender, um mit dem empfindungsfähigen Roboter zu sprechen, ihn psychologisch zu betreuen – zumindest das, was Matten-Willys darunter verstanden. Quergel war bass erstaunt gewesen, als sein Posbi nicht auf Funkanrufe reagiert hatte und nicht mehr zu orten gewesen war. Beides machte ihm Angst. Am Ammensender konnte es nicht liegen, das Gerät wies keine Fehlfunktion auf. LEprachtvoll war zwar riesig, doch ein ausgeklügeltes System an Orientierungshilfen und Info-Säulen in jedem größeren Raum sorgte dafür, dass sich hier niemand verlaufen konnte, der alle Sinne beieinander hatte. Sein Posbi hätte von sich aus merken müssen, dass sie einander verloren hatten, und seinerseits nach seinem Begleiter suchen müssen.
Auf keinen Fall hätte er sich ohne Grund taub gestellt oder gar in Luft aufgelöst – wenn ihm nicht etwas passiert wäre.
Aber jetzt hatte Quergel eine Spur; eine Ortung. Der braune Matsch zog sich zusammen und bildete einige
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