Schadenzauber (German Edition)
1. Liebe
Ein Drittel aller niedergelassenen Zauberer scheiterte in den ersten zwölf Monaten. Zu wenig Kapital.
Mag. art. mag. Ottonus C. Agricola. Sprechzeiten nach Vereinbarung.
Das Messingschild mit den stolz glänzenden Lettern lag auf dem Tisch wie die Scherben einer Existenz. Otto seufzte und nahm das Schild in beide Hände.
Seine Ansprüche hatte er mittlerweile schon ziemlich heruntergeschraubt. Sogar als Tagelöhner hatte er sich verdingen wollen. Die Werber hatten ihn ausgelacht und Männer mit breiten Schultern und schwieligen Händen aufgerufen. Otto musste wohl oder übel bei der Zauberei bleiben. Er konnte nichts anderes.
Ein Gläubiger hämmerte gegen die Tür. Otto rührte sich nicht. Er war nicht da.
Von draußen erklang eine fremde Stimme. „Maestro Agricola?“
Otto konnte sich beim besten Willen nicht entsinnen, einem Italiener Geld zu schulden. Er legte das Schild aus den Händen. Vorsichtshalber verstellte er die Stimme.
„Wer ist da?“
„Wir suchen den Maestro Agricola.“
„Was wollt Ihr von ihm?“
„Das ist vertraulich. Wir suchen einen Zauberer.“
Ein Klient! Otto stürzte zur Tür und öffnete. Vor ihm standen zwei vornehme Herren: Ein riesenhafter Skandinavier, dessen blonde Haare behutsam ergrauten, und ein südländischer, leicht untersetzter Benediktinerpater.
„Seid Ihre dere Maestro Ottonus Tscheh Agricola?“, fragte der Mann Gottes. Um Fassung und weltmännisches Auftreten bemüht verbeugte sich Otto übertrieben deutlich.
„Zu Euren Diensten.“
Die Herrschaften traten ein, ohne sich lange bitten zu lassen, und blickten sich mit einer aufdringlichen Sorgfalt in der Praxis um.
„Hier soll das Officium sein. Das wurde uns jedenfalls gesagt, aber wir haben an der Tür kein Schild gesehen“, sagte der Hüne.
„Gewiss!“ Otto eilte zum Tisch und zeigte seinen Klienten das Messingschild. „Seht her! Ich wollte es gerade polieren.“
„Ich verstehe.“ Der blonde Nordmann schmunzelte. Er stellte sich vor als Hraldir Olafsson und deutete auf den welschen Priester. „Dies ist Pater Roberto Albizzi.“
Die Besucher nahmen Platz. Den eilends angebotenen Tee schlugen sie aus.
„Nun“, fragte Otto, „wie kann ich Euch helfen?“
„Wir suchen jemanden, der sich mit Liebeszaubern auskennt“, sagte Albizzi.
„Wie der Zufall will, ist das mein... Spezialgebiet“, log Otto geistesgegenwärtig. Eigentlich hielt er es für unter seiner Würde, sich mit solchem Schwachfug abzugeben. Liebeszauber, das war etwas für alte Narren und hysterische Weiber. Diesen Stolz konnte er sich aber zur Zeit nicht leisten.
„Allerdings..., fügte er vorsichtig hinzu, „Ohne unverschämt wirken zu wollen, möchte ich Euch doch darauf hinweisen, dass ein Liebeszauber selten die Lösung des Problem ist.
„In unserem Fall schon, dessen könnt Ihr Euch sicher sein. Jedoch ist die Angelegenheit heikel und nicht ganz einfach. Deshalb suchen wir auch einen Spezialisten.“
Otto erlaubte sich ein unbescheidenes Lächeln. „Für einen schwierigen Fall hättet Ihr keinen Besseren finden können“, behauptete er. „Sagt mir nur, wer sich in wen verlieben soll.“
Albizzi räusperte sich. „Gestattet mir eine Frage vorneweg: Welchen Anteil nehmt Ihr an der Brautwahl Prinz Malwins?“
„Was hat denn das damit zu tun?“
„Bitte, beantwortet die Frage!“, verlangte Hraldir Olafsson mit Nachdruck. In seiner Stimme lag etwas Drohendes.
In der Stadt redete alles davon, dass Prinz Malwin von Burgund endlich heiraten sollte. Der König hatte entsprechende Schritte eingeleitet. Na und? Otto schüttelte den Kopf. „Politik interessiert mich nicht. Ich hoffe nur, dass sich Prinz Malwin bald entscheidet, damit das Theater vorbei ist.“
„König Gundahar ist ein Wucherer“, schimpfte Roberto Albizzi plötzlich los. „Ein ganz übler Schuft. Wenn man eine Braut sucht, schickt man Brautwerber und handelt eine Mitgift aus. So lauten die Gepflogenheiten. Einzig Gundahar besitzt die Unverschämtheit, den Spieß umzudrehen, sieben Prinzessinnen an seinen Hof zu zitieren und frech zu fragen, was er noch dazu bekommt!“
„Malwin ist sein einziger Sohn und Erbe des Reiches“, wandte Otto ein. „Für ihn kann man schon eine anständige Mitgift verlangen und von den sonstigen Qualitäten seiner künftigen Schwiegertochter wird man sich ja wohl auch noch überzeugen dürfen.“
„Qualitäten!“, schnappte Albizzi. „Wisst Ihr, wie das zugeht am Hof? Da
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