2339 - Ein halber Mensch
gezeigt hätte, was mich auf der anderen Seite erwartete.
Angestrengt lauschte ich auf das Geräusch anlaufender Pumpen, das eine beginnende Evakuierung verraten hätte.
Stattdessen vernahm ich ein dumpfes Dröhnen, gefolgt von einem zweiten, schweren Donnergrollen. Der Boden und die Wände schienen zu vibrieren, eine mehrere Sekunden lang anhaltende Erschütterung.
Die nachfolgende Stille hatte etwas Gespenstisches. Keine aufgeregten Rufe, nicht das Poltern schwerer Stiefel in den Korridoren, Alarm wurde ebenfalls nicht ausgelöst.
Ich fand eine zweite Wandvertiefung und legte die ID-Marke hinein. Wie einen Dolch umklammerte ich das Skalpell, als sich das zweite Schott bewegte.
*
Meine Anspannung entlud sich in einem erleichterten Aufatmen. Düsternis empfing mich, flackernd erhellt von defekten Leuchtelementen. Das war keinesfalls eine der belebtesten Schiffsregionen. Die Luft roch schal und abgestanden. Auf den zweiten Atemzug registrierte ich eine Mischung aus Staub und Moder. Ebenso Ozon, als ich die Schleusenkammer verließ. Und es roch nach Tod.
Ich war weiterhin allein, auch wenn ich mir jetzt eine Geisel gewünscht hätte, die mich durch das Schiff führen konnte. So blieb mir nichts als ein langsames und vorsichtiges Vorantasten, bis ich mir einen halbwegs ausreichenden Überblick verschafft hatte.
Der Korridor weitete sich zu einer gewölbeartigen Halle. Dieser Bereich konnte durchaus zu den Maschinenräumen gehören; wenngleich ich sicher nicht auf wirklich wichtige Aggregate gestoßen war.
Irgendein Seelenverkäufer, hätte ich getippt, wäre ich unvermutet in diese Umgebung versetzt worden.
Fünf bis sechs Meter über mir hing die in Lamellen gefaltete Decke. Viele Maschinenkonstruktionen reichten bis hinauf und schienen sich darüber fortzusetzen. Dazwischen erhoben sich kleinere Apparaturen, manche gedrungen, nichts als glatte Verkleidungen ohne Vorsprünge oder Vertiefungen, andere hingegen von Wartungsgalerien umlaufen, teils über durchhängende Röhrenverbindungen mit weiteren Blöcken verbunden.
Das Knistern und Knacken aus dem Kom-Stecker wurde von den vielfältigen Arbeitsgeräuschen ringsum nahezu überlagert. Von Störungen verzerrt hörte ich eine Stimme von einer heftigen Explosion im Quarantänesektor Neun reden.
Während ich mich vorsichtig durch das Labyrinth der Maschinen bewegte, hörte ich Einsatzbefehle mit. Zumindest an einem Teil der Internkommunikation war also der Anatom beteiligt gewesen. Ich fragte mich. ob die Zentrale meine Position anhand des Kom-Steckers orten konnte.
Aber das Risiko erschien mir denkbar gering, und ich ging es ein, weil der mögliche Vorteil für mich überwog.
Innerhalb weniger Minuten bekam ich mit, dass der Brandherd auf ein Zwischendeck übergegriffen hatte und der gesamte Quarantänebereich abgeriegelt wurde, um weitergehende Schäden zu vermeiden. >s... schickt die Hitzeresistenten vor!", hörte ich. „Das ist die Gelegenheit, auf die wir schon lange warten, eine geeignete praktische Erprobung ihrer Gen-Veränderungen."
Lebensverachtende Anordnungen? Ich war mir nicht sicher, ob ich das wirklich daraus schließen konnte. Aber es klang so.
Einige Aggregate erwachten zu knisterndem, rumorendem Leben. Das Prasseln hochgespannter Entladungen übertönte vorübergehend alles andere.
Gleich darauf hatte ich die Halle durchquert. Treppen führten zu mehreren auskragenden Galerien hinauf, hinter ihnen warteten mehrere Schotten auf mich.
Von allen Seiten schien der Lärm über mich hereinzubrechen, als stünde ich zwischen den Umsetzern eines altertümlichen ungedämpften Transitionstriebwerks. Aber das war es sicher nicht, mit dem Antrieb der Bark hatten diese Anlagen wenig zu tun.
Sogar die Stimme in meinem Ohr war kaum noch zu verstehen. Ich hörte, dass Spezialsonden, ins Explosionszentrum vorgedrungen waren und dass der Hoch-Medokogh verständigt wurde.
Ich stand vor einem der Schotten. Das grelle aufgeprägte Symbol interessierte mich in dem Moment nicht, ich wollte nur weg von dem Lärm ... Augenblicke später wurde es tatsächlich ruhiger, das Dröhnen drang nur noch gedämpft heran. „..., der Terraner umgekommen. Mit ihm der Anatom Kathenarrg und zwei Mor'Daer. Über die Ursache kann vorerst nur spekuliert werden ..."
„Das kommt einer Katastrophe gleich!", vernahm ich eine zweite Stimme. Ich glaubte, sie zu erkennen: Imarit Enkaraqon, der Hoch-Medokogh. „Ich erwarte, dass alles darangesetzt wird, den Vorfall
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