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2339 - Ein halber Mensch

Titel: 2339 - Ein halber Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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versuchen.
    Aber offenbar hatte ich den Anatomen härter getroffen als beabsichtigt, er schien schlicht weggetreten zu sein.
    Ich kniete neben ihm nieder, schlug ihn mit der flachen Hand ins Gesicht.
    Sein Kopf fiel haltlos zur Seite.
    Ich muss ihn ziemlich entgeistert angestarrt haben, bis ich endlich akzeptierte, dass er tot war. Sekundenlang erschien es mir wie ein Affront, als hätte sich alles gegen mich verschworen, erst dann begriff ich wirklich, dass ich ihn umgebracht hatte, mit einem einfachen Dagorgriff, der ihn lediglich für kurze Zeit hatte lähmen sollen.
    Die Verwünschung, die ich stockend hervorbrachte, erschreckte mich. Ich hatte dieses Wesen nicht töten wollen, warum auch? Zudem war falsche Trauer fehl am Platz angesichts der vielen Operationsnarben und der Geschwüre zwischen den Lamellen des Kalkpanzers.
    Tumoren in weit fortgeschrittenem Stadium, erschien es mir; ich hatte einen Schwerkranken niedergeschlagen ... Ob er sich meinetwegen Gedanken gemacht hätte? Ein Mensch war für diese Wesen nichts anderes als ein Forschungsobjekt - genau das war er nun für mich ebenfalls.
    Er trug keine Waffe, lediglich ein Medobesteck. Mit fliegenden Fingern durchwühlte ich das Faltetui an seinem Hüftgürtel. Das Desintegrator-Skalpell konnte mir hilfreich sein, alles andere war Kleinkram ohne Bedeutung.
    Und das Ding, das er in einem Ohr stecken hatte? Ein Funkempfänger? Viel Zeit blieb mir nicht, mich damit zu befassen, also schob ich mir das Gerät ebenfalls ins Ohr.
    Es blieb stumm. Besser jedenfalls, als hätte es mit schrillem Alarm auf die Veränderung reagiert.
    Als ich mich aufrichtete, spürte ich deutlich meine Benommenheit. Trotzdem blickte ich hastig um mich. Ich war nackt. aber meine USO-Kombination befand sich nicht hier. Überhaupt nichts, was ich hätte überstreifen können. Nicht, dass mich das gestört hätte, aber als zivilisierter Mensch fühlt man sich mit ein paar Taschen am Leib einfach wohler.
    Ich brauchte eine halbe Minute, um zu erkennen, dass es Wichtigeres gab als Taschen für Waffen oder sonst was. Das Schott öffnete sich nicht. Ich fand auch keinen verborgenen Mechanismus. Falls es nur auf die Mentalstrahlung der Kolonnen-Anatomen reagierte, war meine Flucht zu Ende, bevor sie richtig begonnen hatte.
    Schwer atmend blickte ich den Toten an und biss mir die .Unterlippe blutig. Gleich darauf kniete ich wieder neben ihm und unterzog seinen Gürtel einer eingehenderen Untersuchung. An der Innenseite fand ich ein dünnes, filigran ziseliertes Metallplättchen, das etwa so groß war wie mein vorderes Daumenglied.
    Eine ID-Marke?
    Ich barg sie in der linken Hand, hielt mit der rechten das Skalpell und atmete mehrmals tief durch. Das Medosystem arbeitete autark, andernfalls wären die Wachtruppen schon hereingestürmt.
    Trotzdem brannte mir die Zeit unter den Nägeln.
    Ich hatte keine Ahnung, was mich draußen erwartete, ich wusste nicht einmal, ob sich das Schott nun tatsächlich öffnen würde, aber ich war auf ziemlich alles gefasst.
    Meine Anspannung drängte die körperliche Schwäche in den Hintergrund. Nichts.
    Noch hatte ich meine Hoffnung, aber sie wurde bereits trügerisch wie Nebel, den die Hitze der Mittagssonne aufsog. Niemals würde ich mich zum Dual machen lassen.
    Niemals ...! Meine Finger verkrampften sich um das Skalpell. Wenn ich es nicht schaffte, den Aufwachraum zu verlassen - Imarit Enkaraqon würde mich jedenfalls nicht lebend bekommen. Ein schneller Schnitt mit der Desintegratorklinge längs der Pulsader, und wenn ich die Kraft dazu aufbrachte ... Es tut mir Leid, Perry. Wir beide haben lange gebraucht, uns so zu akzeptieren, wie wir sind, aber ich darf nicht riskieren, dass ich deine Pläne gefährde. Ich ...
    Das leise Summen des aufgleitenden Schotts durchbrach meine Erinnerung. Auf wenig mehr als einen Meter Distanz funktionierte der ID-Chip.
    Zwei Mor'Daer hielten draußen Wache. Ich sah sie den Bruchteil einer Sekunde, bevor sie mich erkannten, aber schon fuhren sie herum. Ihre Hände zuckten zu den Waffen, da schnellte ich mich vorwärts und stieß mit dem Skalpell zu. „Dieses Warten ist unheimlich", glaubte ich Jenice Arabergs Stimme zu hören.
    Genau das hatte sie an Bord des präparierten Wracks zu mir gesagt. „Aber vielleicht warten wir hier auf die Hölle."
    Tobis gequältes Lachen klang mir ebenfalls in den Ohren: „Carmen glaubt nicht an die Hölle - aber ebenso wenig an einen Himmel. Ich denke, wir schaffen es, wir schaffen alles, was

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