237 - Die Welt in der Tiefe
automatisch vererbt bekam, mit dem Vorrecht, sich die hübschesten Frauen nehmen zu dürfen. Nicht, dass Kenneth dies sonderlich interessierte. Frauen kritisierten immer nur herum und pochten auf überflüssige Sachen, die einen an den wirklich wichtigen Dingen des Lebens hinderten. Seiner Mutter hatte er deswegen schon längst seine Zuneigung aufgekündigt.
Über viele Jahrhunderte hinweg hielten sich die Clarks an die Maxime, die der erste Clark ausgegeben hatte: in Point Ellsworth zu bleiben und unter keinen Umständen an die Oberfläche zu gehen, um feindlichen Agenten nicht den Weg in ihr unterirdisches Reich zu zeigen. Nur die Jäger, eine speziell vereidigte Kaste, durften das. Sie waren verpflichtet, keinen Kontakt mit anderen Menschen aufzunehmen, was sich aber selbst in den Weiten der Antarktis nicht immer vermeiden ließ.
»Feindliche Agenten, so, so.« Kenneth Clark kicherte. »Was hätten die wohl noch ausspionieren können, wo doch fast die ganze Welt vernichtet war? Vielleicht hatte der erste Clark ja einen an der Klatsche, nach all diesen fürchterlichen Ereignissen…«
Trotzdem hatte der 3. Clark George den Weg zur Oberfläche frei sprengen lassen, denn Point Ellsworth war bis dahin nur mit U-Booten erreichbar gewesen. Der Eingang hatte dreihundert Meter tief im Meer gelegen, und allmählich nagte der Zahn der Zeit an den Mini-U-Booten und den Schleusen, und es fehlten das Wissen und die Mittel, sie instand zu halten. Nachdem zwei Boote, von Jägern besetzt, nicht mehr von ihren Fahrten zurückgekommen waren, hatte der 3. Clark George andere Wege an die Oberfläche gesucht. Nur für den Notfall selbstverständlich, um bei einer Katastrophe aus der Station fliehen zu können.
Das hatten dann wohl einige Clarkisten auch ohne Not versucht und waren gleich an Ort und Stelle standrechtlich erschossen worden. Die Clarks setzten diese Verordnung mit eisernem Willen durch.
Erst nach dem Ende der Eiszeit, um das Jahr 2380, hatten sich die Clarkisten dann doch wieder an die Oberfläche getraut; das heißt, der Clark hatte sich dem immer stärker werdenden Druck seines Volkes beugen müssen, denn die Jäger hatten von wunderbaren Dingen an der Oberfläche erzählt.
Die Clarkisten waren von den dortigen Nationen erfreut und erstaunt gleichermaßen empfangen wurden. Natürlich hatte man schon von dem geheimnisvollen Volk gehört, das unter der Erde lebte und sehr mächtig sein sollte. Aber viele hatten das als bloße Legende abgetan.
Die Gründung der »Vereinigten Staaten von Clarkland« wurde von den anderen Nationen durchaus begrüßt, und die Clarkisten errichteten, viele Kilometer von Pontes Werth entfernt, auf einem Küstenfelsen das stolze Clarktown. Denn alles war gierig nach der Sonne, auch wenn sie auf der bleichen Haut der Clarkisten zuerst die eine oder andere schwere Verbrennung verursachte.
Das Vertrauen in das militärisch und technisch überlegene Volk endete aber schnell, als sich die Clarkisten überall einmischten und den Nationen ihre Sicht der Dinge auf zwangen. Durchaus auch mit Gewalt, denn es waren Fälle niedergeschrieben, in denen Menschen anderer Gesinnung exekutiert worden waren. Sie waren schon damals als »Terroristen« bezeichnet worden.
Kenneth konnte sich gut vorstellen, dass dieses Verhalten bei den anderen Nationen Entsetzen ausgelöst hatte. Es berührte ihn nicht. Dass Gegenbewegungen entstanden waren, um die Clarkisten auf Heckenschützenbasis zu bekämpfen, war für ihn auch nichts Neues, höchstes vielleicht, dass das schon so lange ging.
2411 waren die Clarkisten dann bei Ölbohrungen auf die neue Welt gestoßen, zu deren Gunsten sie Clarktown verlassen hatten…
Nachdem sich Kenneth Clark zwei Tage lang mit der Geschichte seines Volkes auseinandergesetzt hatte, wandte er sich wieder seiner eigentlichen Leidenschaft zu.
Vier Tage später fuhr er mit seinem neuen Hundegespann nach Clarktown II zurück. Dort traf er sich mit Adolfo Darnell, der sich in der Zwischenzeit bei den Soldaten beworben hatte, im Saloon, ihrer zweiten Anlaufstelle.
»He, Ado, schön, dich mal wieder zu sehen.« Kenneth Clark grinste übers frisch rasierte Gesicht. »Ich glaube, ich hätte Lust auf ein neues Schlittenrennen. Gibst du mir die Revanche?«
Adolfo grinste zurück. »He Ken, ich freu mich ebenfalls. Du stinkst heute gar nicht. Duftwässerchen vom Daddy aufgetragen?«
Kenneth zeigte ihm den ausgestreckten Mittelfinger.
»Man sieht dich ja kaum noch, Ken«, fuhr Darnell
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