242 - Im Fadenkreuz
Moment vielleicht den Abzug des Drillers durchzog.
Aber das geschah nicht. Crow schien ein ebensolches Bedürfnis zu haben, sich die Seele zu erleichtern. »Sie wissen so gut wie ich«, schnarrte er, »dass die Daa’muren damals Ihre ach so ritterliche Allianz unterwandert hatten. Ich konnte niemanden von meinen wahren Plänen informieren, ohne Gefahr zu laufen, dass diese Echsenköpfe es erfuhren. Sie, Commander, hätten sich von ihrem hohen Sitz in der ISS aus versichern müssen, dass meine Truppen gegen die Daa’muren marschierten, nicht gegen die Alliierten! Sie haben vorschnell gehandelt, und alles Leid, was darauf folgte, geht allein auf Ihre Kappe! – Aber wie dem auch sei: Jetzt habe ich endlich die Gelegenheit, meinen Fehler von damals zu korrigieren.«
»Das Schicksal meint es gut mit Ihnen, ich beneide Sie.« Matt sparte sich alle weiteren Versuche, Crow die Unsinnigkeit seiner These deutlich zu machen. Vermutlich war es eine Art Selbstschutz des Generals, in ihm den Sündenbock für seine eigene verpfuschte Strategie, für sein persönliches Waterloo zu sehen.
»Ja, spotten Sie ruhig noch ein wenig, Drax. Damit wird es gleich vorbei sein.« Arthur Crow hob die Rechte mit dem Driller, stieß sich von dem Bildschirmrahmen ab und kniff das rechte Auge halb zu, als würde er auf eine bestimmte Stelle in Matts Gesicht zielen. Der Mann aus der Vergangenheit hielt den Atem an.
»Zum Schluss noch zwei Gratulationen, Commander Drax. Die erste geht an Sie – Sie haben mir das Leben erfolgreich schwer gemacht, Glückwunsch! Die zweite geht an mich – damit ist es jetzt vorbei.«
Der General schwieg. Matt glaubte zu erkennen, dass sein Finger am Auslöser sich krümmte. Und noch immer keine Spur von Lityi, Aruula und Chacho. »Warten Sie, Crow.« Matt sah ihm ins Gesicht. »Sie haben den Preis für mein Leben jetzt hoch genug getrieben. Nennen Sie ihn einfach, und dann sage ich Ihnen, ob ich ihn bezahlen kann und bezahlen will. Okay?«
»Sie sind ein miserabler Zuhörer, Drax.« Crow schüttelte den Kopf, als wäre er fassungslos über so viel Begriffsstutzigkeit. »Habe ich Ihnen nicht gesagt, dass die Rechnung unbezahlbar ist…?«
***
Im antarktischen Eisfeld
Sable drückte seinen dreihundertvierzig Kilo schweren Körper flach auf den Schnee. Mit gesenktem Schädel beobachtete er die Wellenbewegungen im Eisloch vor ihm. Kugelförmige Erhebungen blitzten kurz aus dem Wasser, um im nächsten Moment wieder abzutauchen. Es waren drei. Drei Schwarzpelze, deren Neugierde sie früher oder später auf das Schneefeld locken würde.
Ihr Geruch trieb dem Sebezaan Speichel ins Maul. In schleimigen Fäden troff es von seinen Lefzen. In seinem Magen bohrte der Hunger. Lange hatte er nichts mehr gefressen. Zu lange! Seine messerscharfen Klauen gruben sich noch tiefer in den Schnee. Seine Vorderläufe zitterten vor Erregung. Er war zum Sprung bereit. Doch noch musste er warten. Sie waren flink, diese Schwarzpelze. Eine Sekunde zu früh, und sie würden unerreichbar für ihn im Wasserloch verschwunden sein.
Jetzt schob sich der erste Kopf über das rissige Schneebrett. Sable streckte den Schwanz aus. Als die Flosse des Schwarzpelzes auf die feste Eisdecke patschte, hielt den Sebezaan nichts mehr. Kein Instinkt, keine Vorsicht. Vom nagenden Hunger getrieben stob sein mächtiger Körper aus der Deckung. Mit einem gewaltigen Satz landete er am Eisloch.
Doch seine Pranke schlug ins Leere.
Dort, wo eben noch die verlockende Flosse ruhte, war nur noch blankes Eis zu sehen. Es splitterte unter Sables Prankenhieb. Risse knirschten unter seinen Läufen und er musste sich schnell zurückziehen, um nicht von der abbrechenden Kante in die Fluten gerissen zu werden. Mit heiserem Knurren und einem wehmütigen Blick auf das gurgelnde, schäumende Wasser machte er kehrt und trottete davon.
Seit vielen Tagen schon folgte er seinem Herrn. Der Schwarzschopf hatte ihn vor den Schneefeldern der Risswelt, der alten Heimat, weggeschickt. Sable verstand zwar die Laute der Nackthäuter nicht, doch die Gesten und der Geruch des Schwarzschopfes waren eindeutig gewesen: Er wollte ohne ihn in das Revier der Risswelt aufbrechen.
Zunächst hatte der Sebezaan es genossen, nicht mehr das schwere Eisengefährt der Nackthäuter ziehen zu müssen. Er jagte Schwarzpelze und die schwarzweißen Flossenläufer und tat sich gütlich an ihrem zarten Fleisch. Dann strich er über die Schneefelder, auf der Suche nach einer Geschlechtspartnerin. Doch wie
Weitere Kostenlose Bücher