2433 - Der Zorn des Duals
belebte, obwohl er ein Fremdkörper in dieser Welt war; aus einem anderen Raum und aus einer anderen Zeit.
Die Positronik der SHARKUVA hatte registriert, dass er im Hangar blieb, sie ließ die Schotte offen.
Warten.
In den Hangar rollte die Radmaschine, die Rhodan schon einmal in der Kemenate des Duals gesehen hatte. Wie hieß sie gleich?
„Spindyl!", stellte sich die Maschine vor. „Sicher hast du dir meine Bezeichnung nicht gemerkt."
„Hab ich tatsächlich nicht. Tut mir leid", sagte der Terraner. „Hallo, Spindyl."
Das Rad rollte an den äußersten Rand des Hangars und schaute hinaus. „Mächtig viel Wasser."
„H zwei O", stimmte Rhodan zu. „Ein wunderbares Element. Kommst du von deinem Freund?"
„Du meinst Ekatus Atimoss? Ich weiß nicht, ob das duale Wesen mich als Freund betrachtet."
„Vielleicht weiß er das selbst nicht.
Freundschaft ist ein Konzept, das er erst lernen muss."
„Oh. Ich fürchte, da hätte er mit mir einen schlechten Lehrer."
Rhodan lachte. „Es käme auf einen Versuch an."
„Ist das üblich bei deinem Volk, dass sie sich auch an gemachte Dinge emotional binden?"
Rhodan dachte nach. Ihm kamen die vielen Schiffe in den Sinn, die ihm im Laufe der Jahrtausende Heimat geworden waren. Menschenwelt. Die CREST-Raumer. Die MARCO POLO. Die SOL.
Die BASIS.
Die JULES VERNE.
„Ja", gab er endlich Antwort. „Denn alle diese Dinge sind wie Spiegel. Sie spiegeln unsern Geist. Sie sind wie wir."
„Gut", sagte Spindyl. „Dann werde ich versuchen, dem Dual ein guter Spiegelfreund zu sein. Ich bin sicher, wir werden mächtig viel Spaß miteinander haben."
Rhodan musste lachen.
„Oh ja", sagte er. „Ohne jeden Zweifel."
Der Roboter rollte davon.
Warten.
Allmählich schob sich der Gasriese zwischen den Lagunenmond und die Sonne und verfinsterte sie. Doch die Finsternis war nicht vollkommen. Der Gasriese selbst leuchtete schwach aus sich heraus, wie eine Schale aus blasser Jade, sturmgefüllt, und die rote Glut seines Sterns stand über seinen Rändern, ein Kranz aus Feuer in der Nacht.
Wie ein Krug, der überlief, schüttete das Universum seine Schönheit aus vor den Augen des Betrachters. Da die Cypron geschäftig waren, konnte es sein, dass Rhodan der einzige Betrachter war, dem die Schönheit dieses Augenblicks zu Bewusstsein kam.
Er fragte sich: Bist du denn hier, um dieses Naturschauspiel zu beobachten?
Er prüfte sich. Als er spürte, dass nach all dieser Zeit, die er den Weltraum bereiste, nach all dem Leid, das er dort gesehen, erlebt, sogar verursacht hatte, das All noch nichts von seinem Zauber eingebüßt hatte, ihn immer noch lockte und mit dieser ebenso unbestimmten wie unstillbaren Sehnsucht nach Ferne füllte, die seit Urzeiten den Menschen in den Himmel schauen ließ, um den Großen Wagen zu sehen, das Haar der Berenike oder den Jäger Orion, antwortete er sich: Ja.
Er setzte sich, schlang die Arme um die Knie und schaute in die brennende Nacht.
Privatquartier
Nicht einmal einen halben Tag später meldete das Interkom in Rhodans Unterkunft die Rückkehr von Randa Eiss.
Rhodan überlegte, ob er die Zentrale des Schiffes aufsuchen sollte, entschied sich aber dagegen. Reiss würde ihn rechtzeitig informieren.
Er lag auf seinem Bett, die Beine übereinandergeschlagen, und tippte hin und wieder in das Sensorfeld eines Holoatlanten, der eine Armlänge über seinem Kopf schwebte und Ansichten verschiedener cypronscher Welten zeigte, als das Akustikfeld der Tür sagte: „Exponent Randa Eiss wünscht Eintritt, Perry Rhodan."
„Gewährt", sagte Rhodan, tippte das Buch aus und schwang sich von der Liege. Der Cypron trat ein.
„Die SHARKUVA startet in diesem Moment", teilte Randa Eiss mit. „Die aktuellen Koordinaten der Tauchenden Welt sind mir mental übermittelt worden. Die Sphäriker schätzen, dass wir Tarquina übermorgen erreichen können."
Rhodan blickte auf den Chronometer.
Es war der 22. Dezember 1346 NGZ relativer Bordzeit der JULES VERNE. In zwei Tagen. Am 24. Dezember also. Heiligabend.
„Frohes Fest", murmelte Rhodan.
„Gewiss", sagte der Cypron. „Jede Heimkehr nach Tarquina ist ein Fest."
ENDE
Weitere Kostenlose Bücher