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Pringle vermisst eine Leiche

Pringle vermisst eine Leiche

Titel: Pringle vermisst eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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Kapitel
eins
     
    Die Stimmung in der
Well-Man-Klinik wurde stündlich gereizter. Mr. Pringle demonstrierte guten
Willen. Er war pünktlich erschienen, und statt ein schamhaft in der Sun verborgenes Fläschchen abzugeben, wickelte er eine Halbliterflasche aus dem Guardian. Sie war bis zum Rand gefüllt mit klarer, goldgelber Flüssigkeit. Die Schwester
streifte die Flasche mit einem flüchtigen Blick.
    «Kalt draußen heute, was? Wie
alt?»
    «Sechsundsechzig.»
    «Größe?»
    Er wußte es nicht mehr genau.
Sie bestand darauf, ihn zu wiegen, bevor sie ihm die Tetanusspritze gab. Noch
eine.
    Jedesmal aufs neue verwundert,
fragte sich Mr. Pringle auch diesmal wieder ratlos, wieso die einzige
Behandlung, die ihm in den letzten zehn Jahren durch den staatlichen
Gesundheitsdienst zuteil geworden war, ausschließlich in immer neuen Spritzen
gegen Wundstarrkrampf bestand.
    Der Arzt blickte nur kurz hoch,
als er das Behandlungszimmer betrat. Nicht sehr ermutigend.
    «Probleme beim Wasserlassen?»
    «Nein.»
    «Stuhlgang normal?»
    «Ja.»
    «Da können Sie von Glück sagen
in Ihrem Alter. Sind Sie noch körperlich aktiv?»
    «O ja!» Mr. Pringle konnte ein
kleines, selbstzufriedenes Lächeln nicht unterdrücken. Manchmal fast zuviel,
das meinte jedenfalls seine Freundin Mrs. Bignell. Der Arzt warf ihm über den
Rand seiner Brille einen kurzen Blick zu.
    «Und zwar? Squash? Federball?
Jogging?»
    «Ach, du liebe Güte, nein!»
Dabei konnte man sich ja viel zu leicht verletzen. Zweimal in der Woche in
flottem Tempo zur Leihbücherei und zurück — und dann eben Mavis, erklärte er.
Sie hatte sich immer geweigert, ihn zu heiraten, die Ehe war ihr zu
unromantisch. Und sie schien recht zu haben, ihre Beziehung war jedenfalls nach
wie vor sehr aufregend. Der Arzt lächelte säuerlich.
    «Ich würde es an Ihrer Stelle
nicht übertreiben, Mr. Pringle, nicht, wenn Sie auf den NHS 1 angewiesen sind...» Er wiegte bedenklich den Kopf.
«Herzinfarkt mit Sechsundsechzig, da landen Sie vielleicht nicht im Grab,
sondern womöglich im Pflegeheim. Also hören Sie auf meinen Rat...» Er war
bereits dabei, ein Rezept auszustellen. «Jedesmal, wenn es Sie überkommt,
nehmen Sie zwei hiervon. Und sagen Sie dann draußen Bescheid, daß der nächste
hereinkommen soll.»
     
    «Hier steht
‹Beruhigungstabletten›», sagte Mavis und gab ihm über den Tresen hinweg das
kleine Röhrchen zurück. Sie bediente an der Bar des Bricklayers. «Wahrscheinlich war er bloß neidisch, aber trotzdem...»
    «Gar nichts trotzdem!» Mr.
Pringle zeigte sich ungewohnt entschieden. Sie sah, daß sie behutsam vorgehen
mußte.
    «Dein Cholesterinspiegel sei zu
hoch, haben sie gesagt. Das klingt nicht gut. Noch mal dasselbe, mein Schatz?»
    «Ich möchte einen Whisky.»
    «Gleich auf den Sherry?» Mrs.
Bignell zog mißbilligend ihre rötlich gefärbten Augenbrauen in die Höhe.
    Mr. Pringle nickte trotzig.
«Einen doppelten.»
    Ihr prächtiger Busen hob
sich... Doch nein, ein kleiner Wink reichte meist schon. «Da wird aber morgen
jemand ganz böse Kopfschmerzen haben.»
    Nein, würde er nicht. Er hatte
vor wegzulaufen, und dort, wo er hinwollte, gab es jede Menge frische Landluft.
    «Wuffinge Parva?» wiederholte
Mavis, nachdem er ihr von seiner Absicht erzählt hatte. «Nie gehört. Wo soll
das liegen?» Er breitete eine Straßenkarte im Maßstab 1:100 000 vor ihr aus und
deutete auf die Grafschaften von East Anglia.
    «Hier irgendwo muß es sein,
falls sie es in der Zwischenzeit nicht umgesiedelt haben. Das Dorf wird
übrigens schon im Domesday Book 2 aufgeführt. Ah, hier unter der dicken blauen Linie ist ein Ortsname, der auf
‹Parva› endet, siehst du?»
    «Die blaue Linie ist eine
Autobahn», bemerkte Mavis. «Ich möchte bloß mal wissen, warum die Orte, zu
denen es dich hinzieht, immer direkt an der Autobahn liegen. Was suchst du
überhaupt da oben. Das ist ja fast schon Norfolk. Und außerdem mitten auf dem
flachen Land.» Mavis hielt es nicht für ratsam, sich zu weit von Londons
Zentrum zu entfernen.
    «Suffolk, nicht Norfolk. Und zu
deiner Frage: ich möchte noch mal dahin zurück, wo ich herkomme. Bevor es zu
spät ist.» Entschlossen griff er nach seinem Whiskyglas.
    «Zum Wohl!»
    «Dahin zurück, wo du herkommst?
Aber du wohnst doch gleich um die Ecke.»
    «Meine Ahnen stammten aus
Wuffinge Parva», erklärte Mr. Pringle nicht ohne einen Anflug von Pathos.
    «Deine Ahnen}» Ihr
Sarkasmus brachte ihn zurück auf den Boden.
    «Meine Oma liegt auf

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