2433 - Der Zorn des Duals
Abbild eines Ensembles von Himmelskörpern in seine Zelle. Ab und zu blinzelte der Dual hinauf und versenkte sich in das Hologramm. Die rote Riesensonne war perspektivisch verkleinert, auch der Gasriese, der sie umkreiste. Hervorgehoben erschien einer der Trabanten des Giganten, der selbst Planentengröße erreichte. Auf den ersten Blick war erkennbar, dass der Mond ein cypronsches Ideal darstellte: smaragdgrüne Kontinente, türkisblaue Ozeane. Vor dem Hintergrund des Gasriesen und seiner gigantischen Sonne wirkte er fragil.
Als der Dual Spindyl fragte, was das für ein Trabant sei, antwortete der Roboter: „Das ist der Lagunenmond."
Der Anblick übte einen eigentümlichen Zauber auf den Dual aus. Als am achten Tag der zweite Parapolarisator fertig war, versenkte Ekatus ihn in eine Hauttasche im Mund. Er stellte sich nur noch wenige Minuten schlafend, dann schlug er die Augen auf und vertiefte sich in das Bild des Mondes mit einem Vergnügen, das er selbst nicht begriff.
Wenige Stunden später änderte sich die Darstellung des Trabanten. Der Dual brauchte nicht lange, um zu begreifen, warum.
Was er nun sah, war keine Konserve mehr, sondern eine zeitgleiche Aufnahme. Die SHARKUVA näherte sich dem Lagunenmond.
Detail um Detail zeichnete sich ab.
Offenbar befand sich das Schiff im Landeanflug. Sein neues, kristallines Denken bewährte sich auch hier. Der Plan war da, ohne dass er ihn hätte fassen müssen.
Er wartete, bis er die kaum wahrnehmbare Erschütterung spürte, mit der das Cypron-Schiff aufsetzte. Dann richtete er sich von seiner Liege auf. „Spindyl, mein Guter", sprach er den Roboter an, der seit mehreren Tagen regungslos und stumm in der Kammer stand. „Ich werde einen kleinen Ausflug machen."
Er ging auf die durchsichtige Wand zu, hinter der die drei Wächter standen.
Ihre Facettenaugen musterten ihn mit, wie ihm schien, einiger Neugier. Er hob den Atimoss-Arm wie zum Gruß und dachte die Zündung des ersten Parapolarisators.
Übergangslos fand sich der Dual aufgehoben hinter dem Parapol-Schleier.
Die stoffliche Welt war, von diesem versetzten Energieniveau aus erfahren, nur ein schemenhaftes Lichterspiel. Umrisse verschwammen, alles war wie von einer überschäumenden Glorie umgeben. Dennoch fiel es ihm nicht schwer, sich hinter dem Schleier zu orientieren.
Er war es gewohnt.
Widerstandslos ließ ihn die Wand passieren, widerstandslos kreuzte sein verborgener Leib den Körper eines der drei Wächter. Die Cypron standen ratlos vor dem Sichtglas. Einer von ihnen gab Alarm. Der Dual ließ sich sinken. Das Metall des Bodens vermochte ihn nicht zu halten.
Niemand konnte ihn fassen, sehen, hören. Der Parapolschleier verbarg sein Dasein vor einem ganzen Universum.
Jedenfalls für wenige Minuten.
Er passierte Deck um Deck. Er glitt in eine der Landestützen wie in einen stillen Schacht. Dann trat er aus dem Metall heraus. Das Konstrukt des Cypron-Schiffes hing über ihm. Das gewaltige Blatt des Schlachtschiffs der Proqua-Klasse schirmte ihn gegen das Licht der roten Sonne ab. Dort, wo der Himmel sichtbar war, ballten sich graublaue Wolken.
Er sah, dass die SHARKUVA auf einem Felsplateau gelandet war. Unten in der Ferne glitzerte das Meer, rosa im Licht des Sterns. Vom Gasriesen, den der Lagunenmond umkreiste, keine Spur. Er musste auf der Nachtseite des Lagunenmondes stehen.
Ekatus Atimoss glitt über den steinernen Boden des Plateaus, der überraschend glatt wirkte, wie polierter Marmor. Hüllte sich das Schiff immer noch nicht in einen Schutzschirm, um ihn wenigstens in dieser Energieblase gefangen zu nehmen? Oder glaubte der Exponent nicht, dass ein solcher Schild den parapolarisierten Flüchtling würde halten können?
Der Dual glitt in den Marmorfelsen.
Tiefer und tiefer versank er. Da war kein Licht, da war kein Klang, nur etwas, das wie ein kristallines Gitter in sich selbst ruhte, unbewegt und allem Äußeren abgekehrt.
Der Dual genoss die Abstinenz aller Sinne, kam selbst zur Ruhe. Einmal überlegte er, ob die Cypron-Einheit eventuell starten und das Felsmassiv unter Feuer nehmen würde, um ihn zu treffen.
Aber warum? Sie wussten ja nichts von seiner Einkehr in den Stein.
Der Dual war eben aus dem Felsen herausgetreten, als der Schleier langsam zu verlöschen begann.
Atimoss wandte den Kopf.
Er sah die SHARKUVA, die wie das Blatt eines Titanenbaums über den Rand des Plateaus hinausragte.
Er würde ihr keine Chance geben, ihn zu entdecken. Ohne zu zögern zündete Ekatus
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