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245 - Geisterstadt Washington

245 - Geisterstadt Washington

Titel: 245 - Geisterstadt Washington Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn
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breitschultrige Retter sein Schnellfeuergewehr über den Rücken, packte Rock unter den Armen und zog ihn in den Stand. »Du hast wirklich Nerven, dir so viel Zeit zu lassen. Selbst das älteste Mütterlein ist schneller als du!« Prüfend betrachtete er sein Gegenüber. »Bist du verletzt?«
    Little Rock schüttelte den Kopf. Sprachlos glitten seine Augen über Ronny Jeeps’ blonden Bürstenschopf, dessen gerötete Wangen und die wulstigen Lippen, die ständig in Bewegung waren. Als habe er Angst, einer Erscheinung aufzusitzen, krallte Rock sich am Uniformärmel des Gleichaltrigen fest.
    »Hast mehr Glück als Verstand, Junge. General Garrett bestand darauf, noch mal Halle und Tunnel auf Nachzügler zu überprüfen«, berichtete Ronny. Dabei warf der hoch gewachsene Mann einen unsicheren Blick in den Tunnel in Rocks Rücken. »Zwar geht mir der alte Haudegen mit seiner ›Nimm’s-genauer-als-genau-Art‹ tierisch auf die Eier, aber diesmal…« Plötzlich weiteten sich seine braunen Augen. »Verdammt noch mal, was ist das?«
    Little Rock konnte sich denken, was der Bunkersoldat entdeckt hatte. Trotzdem wandte er sich um. Die Umrisse der grässlichen Kreatur waren jetzt deutlich erkennbar. In gleichmäßigen Tempo wälzte sie sich stetig auf sie zu.
    Obwohl die Gefahr, die von dem Ding ausging, nicht geringer geworden war, hatte Little Rock nur noch halb so viel Angst. Mit der Unterstützung von Ronny Jeeps würde er es schaffen, den rettenden Bunker vor diesem Schleimmonster zu erreichen. »Einer von Orguudoos Rotzlappen«, flüsterte er heiser. »Ist mir durch das Schott gefolgt, als ich es gesprengt hab.«
    Jeeps starrte ihn ungläubig an. »Was? Du hast was gemacht? Das Schott gesprengt? Ja, bist du denn wahnsinnig?« Unwirsch packte er ihn unter dem Arm und zerrte ihn mit sich zum Tunnelausgang. »Hetzt uns das Ding auf den Hals. Führt es direkt zur Haustür unseres Verstecks. Ein Rindvieh hat mehr Grips in der Birne als du!«
    Rock riss sich von ihm los und blieb stehen. »Was hätte ich denn tun sollen? Mich bei lebendigen Leibe von dem Ding auslutschen lassen, nur weil es euch nicht schnell genug gehen konnte, den Zugang zu schließen und eure kostbaren Ärsche zu retten?!«
    Seine Stimme hallte von den Wänden wider. Erschrocken von der eigenen Lautstärke zog er einen Moment lang den Kopf ein. Dabei begegnete er dem verdutzten Blick seines Retters. Der nagte unentschlossen an seiner Unterlippe, lugte abwechselnd von Rock zu dem nahenden Schatten der Kreatur und griff erneut nach dem Arm des Trashcan-Anhängers.
    »Komm schon«, zischte er leise und zog ihn mit sich zur U-Bahnhalle. »Ich überlasse es Mr. Black und dem Alten, dir deinen kostbaren Arsch aufzureißen!«
    ***
    Zwei Wochen später, meerakanische Ostküste
    Der kleine Gleiter schwebte durch den vom Regen gepeitschten Himmel und näherte sich mit gleich bleibender Geschwindigkeit den Ausläufern der Appalachen. Das stromlinienförmige Fluggerät tat das fast ohne Zutun seines Piloten Commander Matthew Drax. Der Kurs war im Navigationscomputer einprogrammiert.
    Der blonde Mann im Cockpit hatte im Augenblick nichts weiter zu tun, als ab und zu einen prüfenden Blick auf die Instrumentenanzeigen zu werfen. Dennoch wirkte er alles andere als entspannt. Mit gestrafften Schultern saß er auf dem vorderen Rand seines Pilotensitzes. Eine steile Stirnfalte hing zwischen seinen Brauen, und der Blick seiner blauen Augen streifte über das Land, das unter ihnen dahin zog. Nicht mehr lange und er würde endlich Gewissheit über das Ausmaß der Zerstörung haben, die der Flächenräumer angerichtet hatte. Diese verfluchte Waffe, die General Crow am anderen Ende der Welt nahe des Südpols abgefeuert hatte.
    Soll er im Eis verrotten, dachte Matt. Er schauderte bei dem Gedanken an Crows eigene Kälte. Und dass er selbst zu einem Werkzeug dieser Kaltblütigkeit geworden war, ließ ihn nachts kaum noch schlafen. Immer wieder sah er sich und den General in der Schaltzentrale der antarktischen Waffenanlage. Sah den Monitor, auf dem sich das Fadenkreuz über Washington legte. Hörte die Häme in Crows Stimme: »Wer spricht hier von töten? Wir bringen die Leute nicht um, wir versetzen sie in die Zukunft!« Er hatte »wir« gesagt. Wir. Dieses Wörtchen saß wie ein Widerhaken in Matts Fleisch. Denn ohne ihn hätte der General den Flächenräumer niemals aktivieren können.
    Dabei spielte es nur eine unwesentliche Rolle, dass Crow ihn mit Waffengewalt dazu

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