2456 - Akademie der Mikro-Bestien
Frant", stellte Roi die beiden vor, „die Anführer der Mikro-Bestien."
Bull bückte sich und reichte den beiden nacheinander die Hand. „Wir sind für jede Unterstützung gegen die Terminale Kolonne dankbar", sagte er, weil ihm nichts Besseres einfiel. Rois Freunde sind auch unsere Freunde schien ihm zu dick aufgetragen.
Die beiden Wesen blieben stumm.
Sie unterschieden sich von den bekannten Mikro-Bestien, wie Bull schnell feststellte. Trainz besaß eine auffallend bullige Statur, und über die ganze rechte Kopfhälfte zog sich schneeweiße Haut, die wie von Hunderten Geschwülsten überzogen wirkte. Frant hingegen verfügte nicht über die blaugraue Haut der Mikro-Bestien. Sie war tiefschwarz wie bei den Halutern.
„Mir liegen tausend Fragen auf der Zunge", sagte Bull. „Würde es dir etwas ausmachen, die ersten hundert jetzt gleich zu beantworten?"
„Lass uns zuvor in die Stahlorchidee fliegen, Bully. Ich will meine Geschichte nicht drei-, viermal erzählen."
„Auch recht. Folgt mir in den Gleiter, Senego Trainz und Mor Frant."
Bull machte eine einladende Geste. Er starrte nach Norden, wo sich am Horizont dunkle Wolken ballten. Eisiger Wind kam auf. Vom Altai-Gebirge zog der Winter heran.
Als das Fahrzeug die Insassen eine halbe Stunde später auf einer der Plattformen der Solaren Residenz entließ, fing es über Terrania an zu schneien. Das Naturereignis versetzte die beiden Mikro-Bestien in ehrfürchtiges Staunen. Sie versuchten die Flocken mit den Händen zu greifen und beobachteten, wie sich die Kristalle durch die Wärme der Bestien-Körper übergangslos auflösten.
„Sonne, Regen und Wind kennen sie von den Wochen auf Aureuth Zehn", erklärte Roi Danton. „Schnee hingegen haben sie noch nie gesehen."
*
Die Stahlorchidee – ein Gebilde von 1010 Metern Länge – schwebte in einem Kilometer Höhe über dem Residenzpark. Der Zentralkörper besaß einen ovalen Grundriss mit Durchmessern von 180 zu 110 Metern. Die fünf angeflanschten Seitenflügel erreichten eine Höhe von 450 Metern.
„Dies ist ein historischer Ort", sagte Reginald Bull und deutete von der Plattform hinab auf den Park. „Dort unten lag einst Imperium Alpha, die Regierungszentrale des Solaren Imperiums. Nach dessen Auflösung und der Gründung der Liga Freier Terraner errichtete die Menschheit auf diesem Gelände das Hauptquartier der Kosmischen Hanse. Nach dessen Zerstörung durch die Kosmische Fabrik WAVE wurde der Ort zu einem Park umgestaltet. Vor 53 Jahren ging die Solare Residenz hoch über dem Park in Stellung. Der Gedanke hinter der schwebenden Regierungszentrale: Bei zukünftigen Konflikten sollte sie in der Lage sein, in den Weltraum auszuweichen. Bei der Vernichtung von HQ Hanse kamen damals die Erste Terranerin Paola Daschmagan sowie alle anwesenden Regierungsmitglieder ums Leben."
„Ein einziges Mal hat die Solare Residenz bisher von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht", ergänzte Roi Danton, „nämlich, als die Arkoniden unter dem Einfluss des Geistwesens SEELENQUELL Terra eroberten."
Vom hinteren Ende der Plattform her ertönte ein metallisches Klacken.
Roboter zogen auf und bildeten ein Spalier, während sich auf dem Metallplastboden ein etwa drei Meter breiter roter Streifen bildete, der vom Eingang her auf die kleine Gruppe zu und unter ihren Füßen entlang bis zum Gleiter lief.
„Bully?"
Reginald tat unbeteiligt. „Was ist?"
„Der rote Teppich, Bully!"
„Oh, den habe ich noch gar nicht bemerkt", flunkerte er und amüsierte sich köstlich über Rois verblüfften Gesichtsausdruck.
Endlich fiel bei Danton der Groschen. „Du alter Gauner!"
„Keine Ursache. Nimm es als Ausdruck der Bedeutung, die wir deiner Heimkehr beimessen. Wir wissen nur ungenau, was in der Zeit deiner Gefangenschaft alles geschehen ist. Aber wir kennen das Wirken des Duals Dantyren, und wir brennen natürlich darauf, alles ganz genau zu erfahren."
„Und da liegt es selbstverständlich nahe, dem verloren geglaubten Patensohn einen roten Teppich auszulegen."
Bull setzte sich in Bewegung und ging ihnen voran. Fran bildete den Abschluss. Von hinten konnte sie die beiden Mikro-Bestien gut beobachten.
Eigentlich ist es gar nicht nötig, dachte der Residenz-Minister und warf einen verstohlenen Blick nach oben. Er sah sie nicht, aber er wusste, dass sie über ihnen waren – winzige Sonden und ein paar Mikrogeschütze in Tarnfeldern. Sie begleiteten die Gruppe bis zur Schleuse, drinnen übernahm LAOTSE nahtlos die
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