2456 - Akademie der Mikro-Bestien
Zeitrechnung in diesem Schiff gut drei Monate oder ein Vierteljahr. Ihnen selbst kam es inzwischen vor, als hätten sie einen Großteil ihres Lebens in der MARA BOOTES verbracht.
Ein großes Schiff auf dem Weg nach Terra, so hatte Roi Danton es ihnen verkündet. Aureuth X war ihr Fluchtpunkt gewesen. Auf dieser Welt hatten sie sich wochenlang versteckt, bis das Schiff des nahen USO-Stützpunktes gekommen war, um sie abzuholen. Danach hatte Quinto Center ihnen als Zwischenstation gedient. Jetzt näherten sie sich ihrem Ziel, dem Solsystem.
„Wir haben die Brutstätte des Schreckens vernichtet", grollte Senego Trainz halblaut. Wenn er an die Stunden nach der Erweckung zurückdachte, erschien es ihm in der Erinnerung wie ein intensiver Traum, der nach und nach in die Ferne rückte. „Unsere Gedanken sind noch immer voller Wut und ..."
Gedanken ... Früher hatte es in ihren Köpfen und ihrem Leben nur wenige Dinge gegeben, die Käfige, die Tanks, die Kolonnen-Anatomen, den Kampf. Roboter hatten ihnen gesagt, was sie tun sollten.
Inzwischen hatten sie viele Dinge dazugelernt, zum Beispiel, was Geduld bedeutete. Das Warten auf der Welt Aureuth X und in diesem Schiff – auf seinem verschlungenen Weg von Quinto Center in die Heimat des Terraners – verlangte ihnen mehr ab, als sie von Natur aus aufbringen konnten.
Sie mussten ihre Natur bezwingen.
Geduld wurde für sie zum Warten auf den richtigen Zeitpunkt, statt blindlings drauflos zu schlagen, wie es ihnen ihre Natur vorgab. Das hatten sie verstanden. Aber es war so schwer, so verdammt schwer.
Mut war das Zweite. Ganymed, die Makro-Bestie, hatte weder die Geduld noch den Mut besessen, auf das USO-Schiff zu warten. Er hatte den Planeten Aureuth X ebenso als Gefängnis empfunden wie die Skapalm-Bark. Über sein Schicksal wussten sie nichts.
Vermutlich hatten Traitanks das Schiff mit ihm und seinen hundert Begleitern vernichtet.
Trainz richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die tobenden Mikro-Bestien. Mut war mehr, als sich zu prügeln oder im Kampf zu sterben.
Letzteres war leicht und nur der Anfang des Verstehens. Viel schwerer war der Mut zu leben. Als sie Roi Danton gefolgt waren, hatten sie sich instinktiv für das Leben entschieden.
Wenn sie tobten und kämpften wie jetzt, bewiesen sie weder Mut noch kämpferische Qualität. Sie prügelten sich gegenseitig den Schmerz früherer Zeiten weg – die Käfige, die Qualen der Experimente. Bei jedem Schlag sahen sie einen der verhassten Anatomen vor sich.
Irgendwann mussten sie damit aufhören, wenn sie eine Zukunft haben wollten. Doch bis dahin hatten sie noch viel zu lernen. Freiheit und das Treffen eigener Entscheidungen hieß, dass sie auch Verantwortung übernahmen – für sich, für andere, für ihre Gemeinschaft, zu der sie sich seit vielen Wochen nach und nach zusammenrauften.
Verantwortung bedeutete Denken und Handeln zum Wohl der anderen.
Das war etwas, womit sie alle ihre Probleme hatten. Senego Trainz schloss sich selbst da nicht aus.
Und sie brauchten weitere Eigenschaften. Und Zeit. Viel Zeit.
Der Anführer der Mikro-Bestien sah, wie Doray Celvius dem ebenfalls schmächtigen Khiz Turagga ein Bein stellte und sich auf ihn warf. Celvius stieß unartikulierte Laute aus. Mit seinen Handlungsarmen schlug er gegen den Kopf des Gegners, aber dieser blockte die Hiebe ab und hielt Celvius gleichzeitig mit den Laufarmen von sich ab.
Mor Frant entdeckte die beiden Leichtgewichte und stieß ein lautes Brüllen aus. „Kommt her, ich zeige euch, wie man richtig kämpft! Wer nimmt es mit mir auf?"
Drei Mikro-Bestien warfen sich auf den Kämpfer mit der tiefschwarzen Haut, den Trainz wegen seiner überragenden Kraft und seinem unbändigen Einsatzwillen zu seinem Stellvertreter erkoren hatte. Frant verschwand unter den Körpern, während Khiz Turagga sich von seinem Widersacher löste.
„Lass mich in Ruhe", sagte er ruhig.
„Ich habe etwas entdeckt, was ich mir ansehen muss."
Doray Celvius lachte glucksend, wich aber dann doch ein Stück zurück, um Anlauf zu nehmen.
Senego Trainz ließ seinen Blick wandern. Er entdeckte Blut am Boden. Dann sah er die Fleischwunde am linken oberen Arm Tem Dernags. Einer der Kunststoffsplitter hatte einen tiefen Riss hinterlassen.
„Doray!", sagte Trainz laut. „Du hast es gehört!"
Der rötlich marmorierte Kopf der Mikro-Bestie fuhr herum. Das mittlere Auge starrte ihn an. Wieder gab Celvius unartikulierte Laute von sich.
Er wedelte in Turaggas Richtung, aber
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