2579 - Der Spieler und die Toten
würde.
Der Narr wiederum sah im Boten die buchstäbliche Verkörperung des schlechten Omens;
Gewitterwolken, die sich am Horizont bedrohlich auftürmten.
Der Vorhang fiel. Es kam dem Terraner einer Erlösung gleich.
*
KANZLER: »Eine glorreiche Zukunft erwartet das Reich der Harmonie!«
KÖNIG, erzürnt: »Glorreich - so war es immerdar!«
KANZLER, beschwichtigend: »Gewiss. Der gute Ruf des Reiches reiste zwischen den
Sternen wie ein sprühender Komet, hat sich in manchen Gehörgang geschlichen, verwandelte sich
erst in Erstaunen, dann in Neid und Habgier.«
KÖNIG: »Nie hatten wir Probleme damit, ob jemand unsere Freiheit in Frage
stellt.«
KANZLER: »Freiheit! Wir beten sie an und merken doch nicht, dass sie uns
umklammert, schlimmer denn der ärgste Tyrann!«
KÖNIG: »Wie könnt Ihr solchen Unsinn von Euch geben, Kanzler!«
KANZLER: »Der Glaube an das, was wir als Freiheit verstehen, hat uns in Ketten
gelegt. Eine wunderbare Kette, zugegeben, ihre Glieder funkeln hell im Schein der Zwillingssonnen
- und raubt uns so den Blick auf unser Sein, das mehr Schein ist.«
KÖNIG, unsicher: »Aber, treuer Kanzler, wir sind doch frei!«
KANZLER: »Seid Ihr Euch da so sicher? Ist nicht unser Wunsch nach Freiheit so
dringend und zwingend, dass wir weder vor- noch zurückgehen können? Das nennt Ihr frei? Hält uns
nicht die Angst im Würgegriff, die Angst um den Verlust dessen, was wir als Freiheit verstehen?
Sie nimmt uns die Luft, erstickt uns Tag für Tag etwas mehr. Und das nennt Ihr frei?«
KÖNIG: »In einer Allianz, den Hohen Mächten zu Diensten, wären wir nicht
freier.«
KANZLER: »Suchen wir denn die Freiheit? Sollten wir uns nicht besser Gedanken
machen, auf welchem Fundament wir die Zukunft erbauen wollen?«
KÖNIG: »Das Fundament existiert seit langer Zeit. Und es wird noch lange
tragen.«
KANZLER: »Alles ist in konstanter Bewegung, mein König. Was heute von
scheinbarer Sicherheit und Stärke ist, kann morgen morsch und brüchig sein.«
KÖNIG, beunruhigt: »Wovon sprecht Ihr?«
KANZLER: »Von den Begehrlichkeiten, die der Wohlstand des Reiches der Harmonie
geweckt hat! Andere werden kommen und teil- wenn nicht alles haben wollen. Sie werden uns
entreißen, was wir in Jahrhunderten aufgebaut und bestellt haben. Und wir werden es nicht
verhindern können, weil wir weder vorbereitet sind auf eine solche Tat noch Verbündete haben, die
uns in der Stunde der Not beistehen.«
KÖNIG, nachdenklich: »Es scheint mir widersinnig, für den schlimmsten aller
Momente zu planen. Denn in dem Augenblick, in dem wir ihn in unseren Köpfen Gestalt annehmen
lassen, wird er Wirklichkeit.«
KANZLER, verzweifelnd: »Mein König! Der Bote hat mir die Bilder der Zukunft
gezeigt! Ich sah blühende Landschaften, Glück und Sicherheit. Ich sah, dass die Arbeit für die
Hohen Mächte eine Investition ist, die sich auszahlen wird!«
KÖNIG: »Welcher Art?«
KANZLER: »Aus jedem Tropfen Schweiß, den wir für die Allianz vergießen, wird
eine Blume wachsen, schöner als die vorhergehende. Aus jedem Körnchen Erz, das wir aus einem
unserer Stollen holen, werden uns die Hohen Mächte eine Maschine bauen, die unser Leben
erleichtern und verbessern wird! Waffen ...«
KÖNIG, zornig: »Hört mir auf mit Waffen!«
Das mahnende Schauspiel vom See der Tränen, 3. Akt, 1. Szene (Ausschnitt)
2.
Ein Spaziergang am See
Eroin Blitzer rief das UHF-Fenster zu sich. Er warf einen letzten Blick auf die Überreste der
Besatzung, zog sich dann am Rahmen hoch und verließ die PROTENOR GAVRAS.
Auf dem Weg in die Zentrale der ROTOR-G aktivierte er bereits mit dem Kodegeber ihren Antrieb.
Das Beiboot driftete langsam vom Schiff des Kritikers weg, bevor er die nächste Phase startete
und zurück in den Strahlungsbereich des Systems glitt.
Inmitten des Pulks der BesucherSchiffe schleuste Blitzer alle verfügbaren Telemetrie-Sonden
aus.
Bei der ersten Annäherung der LEUCHTKRAFT hatten die Schiffe einen immensen Funkverkehr
unterhalten, der ein Bild erwartungsvoller Schauspielbesucher gemalt hatte.
Eroin Blitzer ärgerte sich, dass sie bei der Ankunft nicht mehr Zeit auf die Situationsanalyse
verwendet hatten - wie sie es sonst immer taten ...
Sonst immer getan hatten, bevor der Terraner seinen Einfluss auf die Operationen der
LEUCHTKRAFT geltend gemacht und alles durcheinandergebracht hatte.
Der Hauptrechner der ROTOR-G nahm die Telemetriedaten der
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