2579 - Der Spieler und die Toten
Sonden entgegen und stellte sie
geordnet in einer Holosphäre über dem Commo'Dyr-Pult dar.
Nachdem er die Ergebnisse von etwas mehr als einem Drittel der Schiffe gesehen hatte, hätte er
die Sonden zurückrufen können. Er tat es nicht, sondern wartete geduldig auf das endgültige
Resultat.
Es überraschte ihn nicht im Geringsten.
Auf keinem der Schiffe existierte irgendwelches Leben, das über den instinktbeherrschten Wesen
niedrigster Rangstufen einzuordnen war.
Die Analysen der Innenatmosphären brachten in allen Raumschiffen eindeutige Spuren von
Zersetzungsgasen zutage.
Nicht nur in der PROTENOR GAVRAS war die Besatzung im Laufe der Zeit entweder verrottet oder
mumifiziert - dieser Prozess hatte sich in sämtlichen wartenden Schiffen abgespielt.
Die Funksprüche mochten Hunderte, wenn nicht sogar Tausende von Sonnenjahren alt sein.
Es handelte sich um Konserven.
Sie entstammten den Funkantennen einer Totenflotte.
*
Der Vorhang fiel, aber bevor Alaska Saedelaere zu sich selbst fand, öffnete sich der schwere
Velours erneut, offenbarte die Szenerie des zweiten Aktes.
Ein Nachmittag, beinahe schon früher Abend im Reich der Harmonie. Die Prinzessin spazierte,
eingehakt am rechten
Arm des Kanzlers, am Ufer eines großen Sees entlang. Auf der anderen Seite erhoben sich die
stolzen Türme des Schlosses von Elicon in den wolkenlosen Himmel. Die Zwillingssonnen tauchten
die Landschaft in schmerzhaft klare Farben und Formen.
Die Luft, die Alaska durch die Nasen der beiden einatmete, trug eine betörende Süße mit sich.
Der Boden aus bestechend grünem Gras federte bei jedem Schritt. Bunte Blumen sprossen überall.
Insekten tanzten darüber, ließen sich sirrend in die Blütenkelche nieder und labten sich an deren
Nektar.
Der See bewegte sich nur leicht, zaghafte Wellen plätscherten friedlich über die Kiesel des
Ufers. Das Geräusch ließ Saedelaere in seiner Logenkapsel aufstöhnen. Es fühlte sich an, als
wären die Wellen inmitten einer sturmumtosten See und brächen über ihm zusammen.
Er erlebte alle Eindrücke um ein Vielfaches verstärkt. Seine Sinne erbebten unter dem Druck,
den das Spiel erzeugte. Der Sehnerv schien unter den kräftigen Farben zu glühen, in den Ohren
pochte es, als wären die kleinen Knöchelchen darin Werkzeuge, die von der groben Hand eines
Schmiedes geschwungen würden. Der Hammer, der mit aller Gewalt auf den Amboss schlug.
Der Duft der Pflanzen, das Parfüm der Prinzessin ... das Rasierwasser des Kanzlers - sie
malträtierten Saedelaeres Nase, schnürten ihm die Kehle zu, brachten seinen Magen in Aufruhr.
Saedelaeres Gesicht brannte durch die Kraft der Zwillingssonnen, und selbst die nur schwach
eingehakten Arme der beiden Spazierenden zerrten grob an seinen Ellbogen. Am linken spürte er die
Prinzessin, am rechten den Kanzler.
Saedelaere keuchte, er suchte einen Weg, sich dem Schauspiel zu entziehen, aber es schien
keinen zu geben.
Alaska warf als Kanzler einen bewundernden Seitenblick auf die Prinzessin. Ihr prächtiges
Gewand betonte ihre körperlichen Vorzüge auf geradezu marternde Weise.
Er betrachtete verstohlen den Ansatz ihrer Brüste. Nicht viel war es, das er von ihrem
blütenweißen Dekollete sah, vielleicht eineinhalb Finger tief. Es genügte dem Kanzler bereits, um
seinen Gefühlen für die Prinzessin neue Nahrung zuzuführen.
Saedelaere erlebte die quälend unerfüllte Liebe des Kanzlers zur Tochter des Königs wie ein
Orgelkonzert, in dem alle Pfeifen gleichzeitig und voller Inbrunst hinausschrien, was der Mann
fühlte. Die Gefühle, das Verlangen ... den Frust, dass sie ihn nie und nimmer als potenziellen
Ehemann sehen würde.
Der Maskenträger fühlte den Schmerz und die Depression, die den Kanzler seit Jahren erfüllten;
seit aus der lieblichen Tochter des Königshauses eine sinnlich schöne, erotische Frau geworden
war.
Gleichzeitig bemerkte Alaska als Prinzessin beiläufig den bewundernden Blick des Kanzlers. Er
machte ihr nichts aus, schließlich wusste sie um die Wirkung, die sie auf Männer hatte, die den
Hof besuchten.
Allerdings erstaunte es sie, welches Feuer, welche Gier sie in den Augen des Kanzlers immer
wieder wahrnahm. Emotionen, die so ganz und gar nicht zu dem nüchternen Staatsbeamten passen
wollte, als den er sich gerne gab.
»Weshalb misstraut Ihr dem Boten?«, fragte der Kanzler. »Er erscheint mir aufrichtig und
nobel.«
»Das mag sein«, antwortete die
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