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2586 - Die Sektorknospe

2586 - Die Sektorknospe

Titel: 2586 - Die Sektorknospe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Vandemaan
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von Großmutters Grab bis nach El Paso zu kommen. Unterwegs hatte ich mir den breiten Texas-Drawl angewöhnt, den die Leute hier unten sprechen. Über Wasser gehalten hatten wir uns mit dem, was wir gelernt hatten: viel Faro; mal ein Revolverjob; mal eine Postkutsche; mal trieb ich Herden, mal schlossen wir uns einem Trupp Grubeline-Reitern an, die wie die meisten Cowboys im Winter arbeitslos waren. Nur wenige schafften es dann, sich auf einer Ranch zu verdingen, um dort Zäune oder Zeug zu reparieren, die Dächer der Ställe und der Häuser auszubessern, Kojoten und Schwarzbären jagen.
    Oder den Mädels in der Küche zu Gefallen zu sein. In diesen warmen, nach Braten und Kuchen duftenden Küchen, in denen ich - Stormy und ihren Lektionen in Sachen Leibesertüchtigung sei Dank - immer ein gern gesehener Gast war.
    Kurz vor El Paso gabelten wir eines Abends den Alten auf. Er saß allein am Feuer, und wir dachten: Prima, müssen wir keins machen.
    »Setz dich, Jungchen«, sagte er und schaute mich an, nur mich, als wären Tib, Selly, Boone und Cass gar nicht da.
    Er ritt, wie es schien, allein, und zwar auf einem Maulesel. Hatte allerlei Proviant bei sich, Mehl, Soda, Salz und Bohnen. Und er briet - trara!- einen Truthahn über dem Feuer.
    Wir luden uns ein, und er schien nichts dagegen zu haben. Selly, der Feinschmecker unter uns, seufzte nach den ersten Bissen: »Hmmh. Schmeckt ja köstlicher als panierter Kojotenhintern.« Aus seinem Mund ein verdammt großes Lob.
    Es mache dem Alten nichts, dass wir von seinem Truthahn aßen. Er betrachtete mich mit einer sonderbaren Neugier - so als wäre ich einer der ersten Menschen, die er je zu Gesicht bekommen hatte.
    Dann erst - es war ja schon ziemlich dunkel - bemerkte ich, dass ihm ein Schmetterling auf der Schulter saß. So eine Riesenmotte, mit einer Spirale als Flügelzeichnung. Hob die Flügel, senkte sie wieder. Und dann sah ich, dass auch über ihm ein paar dieser Tiere lautlos flatterten.
    Ich hatte sie für Rauch gehalten.
    Ich weiß gar nicht, wie es kam, dass er sich uns anschloss. Er war ja nicht gerade eine Verstärkung fürs Team, trug keine Waffen. Keiner von uns hatte wohl vor, ihn an unseren Aktionen zu beteiligen.
    Und, glaubt es oder nicht, die Schmetterlinge folgten ihm. Mal klebten sie ihm auf der Schulter, mal trudelten sie hinter ihm her. Vielleicht kam er aus Barnum and Baileys Größter Schau auf Erden oder einem anderen Wanderzirkus und hatte das Viehzeug dressiert.
    An irgendeinem Abend plauderten wir; es wurde spät; irgendwann zog ich meine Taschenuhr aus der Weste und klappte den Deckel auf, um zu zeigen, dass ich langsam müde wurde.
    »Sie geht nicht«, erriet der Alte.
    Ich nickte. »Sie geht nicht. Sie ist, glaube ich, nie gegangen. Vielleicht ist sie ja nur eine Spielzeuguhr.«
    Der Alte streckte den Arm aus. »Zeig mal, Jungchen.«
    Ich knüpfte die Uhr von der Kordel los und gab sie ihm. Er betrachtete sie eine ganze Weile.
    »Das ist kein Spielzeug. Im Gegenteil, ein schönes Stück«, sagte er. »Und sehr selten. Eine sogenannte Revolutionsuhr. Ferdinand Flötenschniedel hat sie gebaut, siehst du.« Er hatte den hinteren Deckel geöffnet und zeigte mir die Inschrift.
    »Ich dachte, das wäre der Vorbesitzer.«
    »Wirklich ein schönes Stück«, sagte der Alte. »Flötenschniedel war ein Demokrat, weißt du. Er wollte Uhren für das einfache Volk bauen, kein Prunk, nichts aus Gold und Silber und Edelsteinen. Das Gehäuse ist aus Birnbaumholz, das Ziffernblatt aus Geisblatt. Der Unruhgreif ist aus einem einzigen Stück Holz geschnitzt.« Er lächelte, als würde er sich an all das erinnern. »Flötenschniedel ist bei dem berühmten Witzenbacher Uhrmachermeister Abraham Leonidenschwärmer in die Lehre gegangen.«
    Ich lachte auf. »Diese Namen klingen holländisch oder so. Ihr erfindet sie gerade, Sir!«
    Der Alte lachte mit. »Wenn du willst, tausch ich sie gegen meine Uhr.« Er kramte seine Taschenuhr hervor und gab sie mir, ein schweres Stück, ganz aus Metall.
    »Es ist eine sowjetische Weltzeituhr der Marke Raketa«, erklärte der Alte und kicherte wie über einen Scherz.
    Boone warf mir einen Blick zu. Safjettisch? Raketa? Wovon zum Teufel redete der Alte? Wahrscheinlich hatte er sich doch zu lange allein in der Wildnis herumgetrieben, war zu lange mit den stummen Faltern zusammen gewesen und darüber verrückt geworden.
    Immerhin tickte diese sowjetische Raketa-Uhr. Ich dachte kurz über das Angebot nach, nahm dann aber meine

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