26 - Die Sklavenkarawane
unmöglich sein. Nein, die Dschellabi müssen sterben! Wenn du Mitleid mit ihnen hast, so kannst du heimkehren und Durrah essen. Ich brauche keinen Mann, dessen Herz von Wolle ist anstatt von Eisen.“
Dabei zog er sein Messer und spielte in so bedeutungsvoller Weise mit demselben, daß der andre einsah, er werde nicht weit kommen, wenn es ihm einfallen sollte, dieser Aufforderung Folge zu leisten. Darum antwortete er in begütigendem Ton: „Hast du mich jemals weinen sehen, wenn mein Messer oder meine Kugel einen Menschen getroffen hatte? Warum soll ich jetzt auf einmal ein Weib geworden sein, da mir einmal ein milder Gedanke kommt? Ich werde der erste von euch sein, welcher sein Messer in das Herz eines dieser Dschellabi senkt.“
„Das hoffe ich auch, damit du die Zweifel zerstreust, zu denen du mir soeben Veranlassung gegeben hast! Ein Sklavenjäger muß ermorden können, ohne mit der Wimper zu zucken. Kann er das nicht, so taugt er nichts für dieses Geschäft. Morgen früh werden die Geier auf den Gerippen von neun Menschen sitzen und sich so dick angefressen haben, daß sie nicht davonfliegen können. Wir aber werden unsre Beute nach Kaka bringen und uns derselben erfreuen.“
„Nach Kaka? So müssen wir nach Nordost gegen den Nil, also zurück. Warum nicht nach Faschodah?“
„Das liegt zwar näher und ist auch ein besserer Handelsplatz; auch kann ich mich getrost dort sehen lassen, wenn ich keine Sklaven bei mir habe; aber ich würde dort keinen Käufer für die Sache finden, welche wir diesem Giaur abnehmen werden. In Kaka aber habe ich meinen Agenten, welcher die Sammlung gern nach Khartum bringen wird, um sie für mich zu verwerten.“
„Wird man dort nicht Verdacht fassen?“
„Nein, denn der Agent wird so klug sein, den Leuten ein Märchen zu erzählen, welches sie glauben müssen. Dort gibt es Personen, welche den Wert einer solchen Sammlung kennen und einen guten Preis zahlen werden. Wir können sie auf anderm Weg unmöglich an den Mann bringen. Und daß sie viel wert ist, kann man daraus schließen, daß der Christ seine Heimat verlassen hat und sich so großen und vielen Gefahren aussetzt, um diese Pflanzen und Tiere zu holen. Wir werden bald einen zweiten, ähnlichen Fang machen. Der letzte Bote, der mir aus Omm et Timsah gesandt wurde, teilte mir mit, daß dort zwei Weiße, ein junger und ein alter, eingetroffen sind, welche Gewächse suchen, um sie zwischen Papierblätter zu legen, und Käfer, Schlangen und allerlei Gewürm fangen, welches sie in Flaschen stecken. Beide haben schwarze Diener bei sich, viele Waffen und Tauschartikel und große, schwere Ballen Zeug, welches, wie ihr wißt, dort die Stelle des Geldes vertritt. Diese Europäer drängen sich mit großer Frechheit in unser Sklavengebiet. Wir dürfen das nicht dulden und werden sie also, sobald wir hinkommen, in die Hölle senden, ihre Sachen aber behalten. Diese Menschen glauben an Isa Ben Marryam, welcher gelehrt hat, daß es keine Sklaven geben dürfe, da auch die Schwarzen Allahs Kinder seien. Wenn wir sie nicht töten, wird diese Lehre überhandnehmen und unsern Handel zunichte machen. Ich dulde keinen Christen im Bereich meines Jagdgebietes, am allerwenigsten aber christliche Priester, welche die Schwarzen gegen uns aufwiegeln, indem sie denselben die alberne Lehre von der Liebe bringen. Darum werden diese beiden Weißen sterben wie der Giaur, der jetzt dort am Brunnen lagert.“
„Meinst du nicht, daß er sich verteidigen wird?“
„Nein, denn wir werden ihm keine Zeit dazu lassen. Unser Überfall wird so plötzlich geschehen, daß er gar keine Zeit finden wird, sich seiner Waffen zu bedienen. Wenn der Scheik uns nachher aufsucht, wie verabredet worden ist, so werden wir von ihm erfahren, wo der Giaur liegt und wo die Dschellabi schlafen. Wir schleichen uns heran und werden sie wohl gar im Schlaf töten, so daß sie zur Hölle fahren, ohne vorher zu erwachen. Vielleicht sind die Gewehre noch gar nicht wieder geladen, welche sie vorhin abgeschossen haben, um die Löwen abzuschrecken.“
„Allah 'l Allah! In welcher Gefahr haben wir da auch uns befunden! Wie leicht konnte der Verderber der Herden auch zu uns kommen!“
„Nein. Er hat seine Wohnung im Osten des Brunnens und ist wieder dorthin zurück. Schliche er sich in unsrer Nähe herum, so würden die Kamele ihn durch ihre Angst verraten. Vorher waren sie unruhig; aber seit die Schüsse gefallen sind, haben sie keine Furcht mehr gezeigt. Der ‚Vater des
Weitere Kostenlose Bücher