26 - Die Sklavenkarawane
Ich erwürge sie einzeln, einen nach dem andern. Ich kenne die Homr. Sie haben die Worte des Koran auf den Lippen. Sie versäumen weder die Waschung noch die vorgeschriebenen Gebete, aber sie sind Diebe, und der Verrat ist bei ihnen Gebrauch. Wenn man von einer Gum hört, so hat sie ganz gewiß aus lauter Arab el Homr bestanden. Allah verschließe ihnen den Himmel mit hundert Riegeln!“
„So ist es jedenfalls auch ein Gum der Homr, welche sich hier in der Nähe befindet“, bemerkte Schwarz.
„Was? Wie?“ fragte der Slowak. „Eine Gum ist uns nahe?“
„Gewiß weiß ich es nicht, aber ich vermute es.“
Er teilte ihnen die Beobachtungen mit, welche er gemacht hatte, und die Vermutung, die er infolgedessen hegte. Seine Worte brachten eine Aufregung hervor, die er nur durch den Hinweis auf die in der Nähe sitzenden Araber dämpfen konnte. Diese durften nicht ahnen, in welchem Verdacht man sie hatte. Darum beherrschten sich die Dschellabi und zeigten beim Fortlauf des natürlich leise geführten Gesprächs eine möglichst ruhige Haltung.
„Wenn das so ist, Herr, so bin ich freilich ganz deiner Meinung, daß die Leute, denen die Vögel folgten, zu einer Gum gehören“, sagte der Ungar. „Wir müssen uns auf einen Überfall gefaßt machen. Wäre es nicht am besten, deine Homr sofort niederzuschießen?“
„Nein. Noch haben wir keinen Beweis. Und selbst wenn wir denselben hätten, würde ich dagegen sein. Ich kann mich zur Tötung eines Menschen nur dann entschließen, wenn dies unumgänglich nötig ist.“
„So wollen wir uns augenblicklich aufmachen und diesen gefährlichen Ort verlassen.“
„Auch dazu kann ich nicht raten. Hier wissen wir genau, was unser wartet. Diese Felsen gewähren uns gute Deckung, ebenso die Büsche. Reiten wir aber fort, so ist es sicher, daß die Gum uns folgt und draußen auf der freien Ebene überfällt. Wir wissen nicht, wie stark sie ist. Wir sind neun Mann. Selbst wenn sie nicht zahlreicher wären und wir den Angriff siegreich abschlügen, würden wir den Sieg mit Toten oder wenigstens Verwundeten bezahlen. Auf alle Fälle steht zu erwarten, daß die Homr mit der Gum gemeinsame Sache machen, was die Angelegenheit verschlimmert. Hier haben wir sie vor uns und können sie im Auge behalten. Ich rate also, hier zu bleiben.“
„Aber wir wissen ja nicht, wenn uns die Kerls überfallen werden, und können doch nicht immer mit angelegtem Gewehr hier sitzen!“
„Das ist auch nicht nötig, wenn wir unsre Vorbereitungen treffen. Zunächst müssen wir das Feuer ausgehen lassen. Es blendet uns. Wer an einem Feuer sitzt, kann nur schwer sehen, was jenseits desselben in der Dunkelheit vorgeht. Wenn es hier finster ist, können auch die Homr nicht erkennen, was wir tun. Lassen wir sie glauben, daß wir uns jetzt zur Ruhe legen. Ist dann die Flamme erloschen, so verlassen wir die Feuerstätte und plazieren uns an die Felswand. Dann stecken wir hinter den Kamelen und Gepäckstücken und sind außerdem von dem Gebüsch gedeckt. Inzwischen werde ich zu erfahren suchen, wo sich die Gum befindet.“
„Wie willst du das erfahren?“
„Indem ich nach ihr suche. Sie ist wie wir von Westen gekommen und wird also in dieser Richtung zu finden sein.“
„Aber du begibst dich dabei in eine sehr große Gefahr!“
„In gar keine!“
„O doch, Herr. Man wird dich sehen und ermorden.“
„Man wird mich nicht sehen. Ich gehe nicht aufrecht, sondern schleiche mich am Boden hin.“
„Man wird dich dennoch bemerken, da die helle Farbe deines Burnus' dich verraten muß.“
„Ich lege ihn vorher ab. Die Farbe der Bantaluhn und Kutrahn (Hose und Jacke), welche ich darunter trage, ist dunkler, gleich derjenigen des Erdbodens, von dem ich dann nicht leicht zu unterscheiden bin.“
„Man wird dich dennoch erkennen. Die Sterne scheinen hell. Und welcher Mensch kann wie eine Schlange an der Erde hinkriechen?“
„Viele können es, und auch ich habe es lernen müssen. Als ich drüben in Jeni dünja (Amerika) war, befand ich mich lange Zeit bei berühmten Jägern, mit denen ich allezeit auf der Hut vor wilden Indianern sein mußte. Von einem von ihnen, welcher Old Shatterhand hieß, in arabischer Sprache Abu Jadd ed Darb, habe ich gelernt, mich so an einen andern anzuschleichen, daß er es gar nicht bemerkt. Diesen Leuten habe ich es auch zu verdanken, daß wir heute den Löwen und seine Frau besiegten. Ich war bei ihnen, um Pflanzen und allerlei kleines Getier zu sammeln, und wurde von
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