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Schriftsteller zu werden. Von der deutschen Literatur kannte er nur (und das schlecht) drei Klassiker: Hölderlin, weil er mit sechzehn geglaubt hatte, seine Zukunft liege in der Dichtung, und alle Gedichtbände verschlang, die er finden konnte, Goethe, weil ein Spaßvogel von Professor ihm im letzten Jahr am Institut geraten hatte, den Werther zu lesen, er werde in ihm eine verwandte Seele finden, und schließlich Schiller, von dem er ein Theaterstück gelesen hatte. Danach geriet er an das Werk eines modernen Autors, Ernst Jünger, in erster Linie aus Herdentrieb, weil die Madrider Schriftsteller, die er bewunderte und im Grunde aus tiefster Seele hasste, ständig von Jünger sprachen. Man kann also sagen, dass Espinoza nur einen deutschen Autor kannte, und das war Jünger. Anfangs fand er seine Bücher großartig, und da die meisten von ihnen ins Spanische übersetzt waren, hatte er keine Probleme, sie aufzutreiben und sämtlich zu lesen. Er hätte es lieber gehabt, wenn es nicht so leicht gewesen wäre. Im Übrigen handelte es sich bei den Leuten, mit denen er verkehrte, nicht nur um Anhänger von Jünger; einige waren auch seine Übersetzer, was Espinoza aber kalt ließ, weil der Glanz, den er sich ersehnte, nicht der des Übersetzers, sondern der des Schriftstellers war.
Im Lauf der Monate und Jahre, der gewöhnlich still und grausam ist, erlebte er einige Rückschläge, die bei ihm zu einem Sinneswandel führten. Zum Beispiel wurde ihm bald klar, dass der Jünger-Kreis nicht so jüngertreu war, wie er gedacht hatte, sondern wie jede literarische Gruppierung dem Wechsel der Jahreszeiten unterlag, ihre Mitglieder also im Oktober waschechte Jüngerianer waren, sich im Winter aber urplötzlich in Anhänger von Pio Baroja und im Frühling in Anhänger von Ortega y Gasset verwandelten, im Sommer sogar ihr Stammlokal verließen, sich auf offener Straße trafen und zu Ehren von Camilo José Cela bukolische Gedichte anstimmten, was vom jungen und im Grunde patriotisch gesinnten Espinoza vorbehaltlos akzeptiert worden wäre, wenn bei diesen Veranstaltungen ein jovialerer, karnevaleskerer Geist geherrscht hätte, nur dass er sich nicht so ernst nehmen konnte, wie die wetterwendischen Jüngerianer sich ernst nahmen.
Bitterer war es, zu erleben, wie die Gruppe auf seine eigenen schriftstellerischen Versuche reagierte, so ablehnend nämlich, dass er sich einmal, in einer schlaflosen Nacht zum Beispiel, ernsthaft fragte, ob diese Leute ihm nicht indirekt zu verstehen gaben, er solle verschwinden, sie nicht länger belästigen und sich nie wieder blicken lassen.
Noch bitterer wurde es, als Jünger persönlich nach Madrid kam und die Gruppe für ihn einen Besuch im Escorial organisierte, seltsame Laune des Meisters, das Escorial zu besuchen, und als Espinoza sich der Expedition anschließen wollte, in welcher Funktion auch immer, wurde ihm diese Ehre verweigert, als hätte er es nach Meinung der Pseudo-Jüngerianer nicht verdient, der Leibgarde des Deutschen anzugehören, oder als fürchteten sie, er, Espinoza, könne sie durch irgendeinen Akt abstruser Unreife blamieren, obwohl man ihm die Sache offiziell (vielleicht aus einem Anflug von Mitleid) damit erklärte, dass er kein Deutsch sprach, alle anderen, die Jünger zum Picknick begleiteten, dagegen schon.
Damit endete Espinozas Episode mit den Jüngerianern. Und es begannen die Einsamkeit und der Regen (oder das Gewitter) der oft widersprüchlichen und nicht realisierbaren Vorsätze. Er erlebte keine angenehmen und noch viel weniger vergnügte Nächte, doch wurden ihm zwei Dinge klar, die ihm in den ersten Tagen sehr halfen: Dass aus ihm niemals ein Erzähler werden würde und er auf seine Art ein mutiger Bursche war.
Außerdem wurde ihm klar, dass er ein rachsüchtiger Bursche war und voller Groll, dass ihm der Groll aus allen Poren drang und es ihm nichts ausgemacht hätte, jemanden zu töten, egal wen, wenn das die Einsamkeit, den Regen und die Kälte von Madrid gemildert hätte, aber er zog es vor, diese Entdeckung im Dunkeln zu lassen und sich lieber auf seine Einsicht zu konzentrieren, dass aus ihm kein Schriftsteller werden würde, und aus seinem frisch ausgegrabenen Mut den größtmöglichen Nutzen zu ziehen.
Er blieb also an der Universität und studierte weiter spanische Literatur, schrieb sich gleichzeitig aber auch für deutsche ein.
Er schlief zwischen vier und fünf Stunden täglich und verwendete die restliche Zeit auf das Studium. Bevor er in
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