2725 - Preis der Gerechtigkeit
eins.
»Außerdem«, sagte der Tamaron, »kannst du dich der Ehre glücklich schätzen, eine scharf geschliffene Klinge halten und mir an die Kehle setzen zu können, ohne dass ich dich dafür töte.« Er lächelte. »Das ist ...«
»... eine zweifelhafte Ehre. Was kaufe ich mir dafür?«
Vetris-Molaud lachte laut. »Als ob du nicht schon längst alles hättest! Sieh dich um! Nicht nur dieser Raum, sondern der ganze Stern von Apsuma liegt dir zu Füßen, nein, ganz Tefor und das gesamte tefrodische Reich!«
Und ich, dachte er, sprach es aber nicht aus, denn alles hatte seine Grenzen. Ihre Grenzen währten noch genau drei Monate, eine Woche und vier Tage – dann würde das Kind geboren werden, und obwohl Vetris Amyon liebte, würde er sie danach neu bewerten müssen. Denn was war Liebe? Ein Wort? Ein Gefühl? Eine Willensentscheidung?
»Viele würden mich wohl beneiden«, sagte Amyon.
»Zu Recht. Du hast es verdient.«
»Und dich beneiden ebenfalls ganze Heerscharen.«
Sein Blick wanderte zu Amyons gewölbtem Bauch. Ehe er noch etwas sagen konnte, tönte die wohlklingende Stimme des Hauptservos durch den Raum: »Oc Shozdor möchte dich sprechen.«
»Mit welcher Priorität?«, fragte Vetris. Er hatte keinerlei Lust, den Pool zu verlassen und sich anzuziehen. Verärgert schaute er einigen davontreibenden Barthaaren nach; sie schwammen wie winzige schwarze Spinnenbeine auf dem leicht bewegten Wasser und strudelten davon.
»Hohe Priorität, ohne konkreten Notfall, Thema ...«
»Schon gut«, unterbrach der Tamaron die künstliche Stimme, die sich solche Mühe gab, freundlich zu klingen und den Besitz einer Seele zu imitieren – und doch kläglich daran scheiterte. »Sag ihm, ich treffe ihn im Kabinett. Er soll warten.«
»Sehr wohl, Tamaron.«
Was solltest du auch sonst sagen?, fragte sich Vetris. Seiner schwangeren Partnerin warf er einen bedauernden Blick zu, tauchte unter, stieß sich am Boden ab und schnellte über den Rand des Pools. Er landete sicher auf dem rutschigen Boden.
Amyon lachte, als sie nass gespritzt wurde.
Vetris stellte sich über die Bodendüse. Der heiße Luftstrom trocknete seinen Körper binnen weniger Augenblicke. Der mächtigste aller Tefroder schlüpfte in Unterwäsche, in ein weißes Hemd, eine einfache, unauffällige Hose und ein schwarzes Jackett; die Mühe, es zuzuknöpfen, machte er sich nicht.
Er drehte sich noch einmal um. Amyon schwamm mit ruhigen Bewegungen auf dem Rücken. Die Haare waren eine blassrote Flut um ihren Kopf.
Vetris verließ den Raum. Er würde später nachholen, was sie versäumt hatten.
*
Sich im Stern von Apsuma von einem Ort zum anderen zu bewegen konnte lange dauern. Das Gebäude war riesig – es gab größere, zugegeben, aber kaum prächtigere und exzentrischere.
Wie ein Stern ragte es auf, von außen ein immer wieder erhebender Anblick, den Vetris so gut kannte, dass er ihn sofort vor sich sah, wenn er die Augen schloss. Das Regierungsgebäude war seiner Vision entsprungen; die Architekten und Baumeister waren nur ausführende Hände gewesen, mehr nicht.
Das aktuelle Ziel des Tamarons, das Kabinett, das ihm als Regierungszentrale diente, lag in einem besonderen Zacken des Sterns – in der VEKTOR, die sich jederzeit als eigenes Raumschiff aus dem Gebäude lösen und ihre Besatzung im All in Sicherheit bringen konnte.
Zu Fuß hätte es einen Weg von etlichen Minuten bedeutet. Vetris rief, und eine Schwebeplattform zischte heran. Er stieg auf.
»Ich bringe dich ins Kabinett«, hörte er die Stimme, die ihn im Stern von Apsuma überall begleitete. Natürlich wusste auch diese Maschine, dass Oc Shozdor dort auf ihn wartete, der quasi allmächtige Chef des tefrodischen Geheimdienstes. Es gab höchstens eine Handvoll Menschen, die es wagen konnten, diesen Mann warten zu lassen, und keiner mit mehr Recht als ausgerechnet Vetris-Molaud.
Der Tamaron brummte etwas Zustimmendes. Die Plattform setzte sich in Bewegung. Kurz gönnte sich Vetris Ruhe und schloss die Augen. Die automatischen Beobachtungsmechanismen bemerkten es und reagierten auf die programmierte Weise: Sie schalteten ein Akustikdämpfungsfeld um die Plattform, das zusätzlich das Licht dimmte.
Vetris schwebte in einer Insel völliger Ruhe und Dunkelheit. Er ahnte, dass die nächsten Stunden aufregend genug werden würden. Shozdor war ein fähiger Mann, sogar der beste, aber er neigte dazu, Dinge zu dramatisieren. Vetris konnte sich ausrechnen, worum es ging – es schien für
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