28 - Im Lande des Mahdi II
ihm auf die Oberschenkel, die Arme, den Leib und den Kopf. Noch andere hielten ihm die Unterschenkel empor, so daß seine entblößten Fußsohlen eine waagrechte Lage bekamen.
„Wieviele Hiebe, Emir?“ fragte Aziz.
„Zwanzig auf jede Sohle“, lautete die Antwort.
Die vierzig Streiche wurden gewissenhaft aufgezählt, und als der letzte gefallen war, bildeten die Füße zwei geschwollene, hochrot gefärbte und aufgeplatzte Fleischmassen. Jetzt nahm man ihm den Knebel wieder aus dem Mund und ließ ihn los. Er richtete sich stöhnend in sitzende Stellung auf und sah den Emir an, mit welchem Ausdruck, das war bei seinen jetzt mit Blut unterlaufenden Augen nicht eigentlich zu bestimmen. „Jetzt noch einmal: Wie ist dein Name?“ fragte der Raïs Effendina.
„Mohammed Achmed“, gurgelte der Gefragte hervor.
„Hättest du das gleich gesagt, so wäre dir die Bastonade erspart geblieben. Ich verlange Gehorsam. Daß du dich den Fakir el Fukara nennst, flößt mir nicht den geringsten Respekt ein. Dieser Effendi hat dir das Leben gerettet, indem er den Löwen tötete; du aber hast ihm mit Undank gelohnt. Du hast meine Asaker an Ibn Asl verraten wollen. Eigentlich sollte ich dich töten; aber ich verachte dich und will dir gar nicht die Ehre antun, von mir gerichtet zu werden. Man schleife diesen Enkel der Undankbarkeit hinüber nach dem Sumpf und lasse ihn an dem Rand desselben liegen! Dort mag er dem Ungeziefer, welches seinesgleichen ist, vom Mahdi erzählen, der er werden will, und stinkendes Wasser trinken, bis seine Füße ihm erlauben, über die Steppe nach Hause zu wanken!“
Dieser Befehl wurde buchstäblich ausgeführt. Zwei Männer ergriffen den Fakir el Fukara und schleiften ihn nach dem Sumpf. Mit welchen Gefühlen mag er später, als er es wirklich, wenigstens auf einem bestimmten Raum, zum Beherrscher der Gläubigen gebracht hatte, an diese nicht weniger als ehrenvolle Episode seines Lebens zurückgedacht haben!
Mir war es nicht eingefallen, ein gutes Wort für ihn einzulegen. Mir schien, daß er die Züchtigung mehr als reichlich verdient habe. Mit dieser letzteren war der heutige Gerichtsakt noch nicht zu Ende, denn der Emir befahl, nun den alten Abd Asl vorzuführen.
Dieser hatte vorhin gewünscht, Allah möge mich zerreißen und in alle Winde streuen. Jetzt hätte er vielleicht gern ganz anders zu mir gesprochen. Wenigstens nahm ich dies an, obgleich er festen Schrittes und trotzigen Gesichts dahergegangen kam. Ich dachte an die Höhle von Maabdah, bei welcher ich ihn zum erstenmal gesehen hatte. Wie fromm und ehrwürdig war er mir da erschienen! Und als wie einen ganz anderen hatte ich ihn kennengelernt! Er hatte mir ja gleich am nächsten Tag schon nach dem Leben getrachtet und mich von damals an bis heute mit einer geradezu diabolischen Feindschaft verfolgt. Man soll das Alter ehren, aber ein Mensch, welcher mit einer wahren Wollust die schwersten Verbrechen begeht, obgleich er schon mit einem Fuß im Grab steht, ist doppelt strafbar. Das mochte auch der Emir denken und fühlen, denn sein Auge ruhte mit dem Ausdruck des Ekels, des Abscheus auf dem Alten, als er ihm im strengen Ton sagte:
„Dich habe ich lange gesucht, du heiligster der Fakire. Du bist mir immer entwischt, nun aber werde ich Gericht über dich halten.“
„Ich verlange einen anderen Richter!“ antwortete Abd Asl.
„Es gibt keinen, der dich streng genug zu verurteilen vermag. Sei ich's oder sei's ein anderer, keiner kann dich so bestrafen, wie du es verdient hast! Deine Schandtaten zählen nach Hunderten; Tausende von Menschen verdanken dir die Sklaverei, den Tod oder die Verarmung der Ihrigen. Wie viele Dörfer hast du ausmorden und ausbrennen lassen! Und dabei zeigtest du das Gesicht eines Heiligen, ließest die Gebete eines Ehrwürdigen hören und gabst dich für einen anbetungswürdigen Marabut aus. Diese Rolle ist zu Ende, und ich schicke dich dahin, wo du hingehörst, nämlich in die Hölle.“
„Du hast nicht das Recht, mich zu töten!“ kreischte der Alte auf.
„Viele, sehr viele hatten es und haben es noch heute! Daß sie es nicht übten, war eine große Sünde, denn sie ließen dir dadurch Zeit zu immer neuen Missetaten. Ich will und darf nicht dieselbe Sünde begehen. Ich habe die heilige Pflicht, dich auszurotten, damit dein Hirn endlich einmal aufhört, Bluttat nach Bluttat zu gebären. Ich spreche das Urteil, und es lautet auf den Tod.“
Das waren Worte wie Hammerschläge. Hatte der Alte bisher auf
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