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28 - Im Lande des Mahdi II

28 - Im Lande des Mahdi II

Titel: 28 - Im Lande des Mahdi II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gar nichts Besonderes?“
    Ich lachte ihn an, hielt ihm die Hand hin und antwortete:
    „Schlag ein; sie bleiben bei dir! Du bist kein so finsterer Barbar, obwohl du ein solcher scheinen willst. Ich sage dir, daß ein Gehorsam aus Liebe tausendmal mehr wert ist als ein Gehorsam aus Furcht und Angst. Ich kenne dich besser, als du denkst, und weiß genau, daß deine Asaker dich trotz deiner Strenge liebhaben.“
    „So? Hast du das erfahren?“ fragte er in sehr mildem Ton und indem ein beinahe sonniges Lächeln über seine Züge glitt.
    „Nicht nur einmal, sondern oft. Also, Emir, wirst du mir meinen Wunsch erfüllen?“
    „Du sollst es sogleich sehen und hören.“
    Er befahl, die beiden Männer loszubinden und zu ihm zu bringen. Als sie dann vor uns standen, war es ihren Armesündergesichtern anzusehen, daß sie die strengste Strafe erwarteten. Er sagte ihnen:
    „Ich wollte euch jetzt erschießen lassen, ihr Söhne des Ungehorsams; aber dieser Effendi bat für euch um Gnade, und da ich ihm seinen Wunsch erfüllte, verlangte er sogar, daß ich euch bei mir behalten soll. Ich habe ihm auch dies gewährt. Kniet vor ihm nieder, ihr Hunde, und dankt ihm im Staub! Denn seine barmherzige Hand hat euch vor der Pforte des Todes ergriffen und ins Leben zurückgeführt.“
    Sie warfen sich wirklich vor mir nieder und küßten mir die Hände, zwei Mohammedaner einem Christen! Als sie sich dann entfernt und zu ihren Kameraden gesetzt hatten, sah ich die Blicke dieser sonst so gefühllosen Menschen mit dem Ausdruck liebevoller Dankbarkeit auf mich gerichtet. Ich behaupte doch immer und immer wieder, daß die Liebe, die christliche Liebe, die größte Macht im Himmel und auf Erden ist, und daß es keinen einzigen Menschen gibt, dessen Herz sie sich nicht früher oder später zu öffnen vermöchte!
    „Eigentlich freue ich mich, dir deinen Wunsch erfüllt zu haben“, meinte der Raïs Effendina, „denn das gibt mir die Sicherheit, daß du mich nun jetzt nach meinem Ermessen handeln läßt. Trotzdem sage ich dir jetzt vorher, daß meine Dankbarkeit und meine Freundschaft für dich, so groß beide auch sind, mich nicht veranlassen könnten, dir eine ähnliche zweite Bitte zu erfüllen. Ich ersuche dich also dringend, mich nicht in Verlegenheit zu bringen! Schafft den Fakir el Fukara herbei!“
    Der genannte wurde hergebracht. Er stand, an den Händen gefesselt, zwischen zwei Asakern als seinen Wächtern. Sein Blick ruhte trotzig auf dem Emir, welcher ihn verächtlich musterte und dann fragte:
    „Wie ist dein Name?“
    „Man nennt mich den Fakir el Fukara“, antwortete der Gefragt.
    „Ich habe nach deinem Namen gefragt, aber nicht, wie man dich nennt! Also antworte!“
    „Fakir el Fukara“, wiederholte der andere jetzt trotzig.
    „Aziz, öffne ihm den Mund!“
    Man wird sich erinnern, daß Aziz, der Liebling des Emirs, der junge Mann war, welcher die Nilpeitsche mit solcher Virtuosität zu führen wußte. Er war mit da und saß bei den Soldaten. Auf den Ruf seines Herrn sprang er auf, trat heran, zog die Peitsche aus dem Gürtel und knallte sie ihm so schnell fünf- oder sechsmal über den Rücken, daß der Gezüchtigte die Hiebe hatte, ehe er nur eine Bewegung der Abwehr machen konnte. Dann aber drehte er sich nach Aziz um, spuckte ihm in das Gesicht und schrie, indem sein dunkles Negergesicht sich zu einer wütenden Fratze verzog:
    „Hund, du wagst es, mich zu schlagen, mich, den Heiligen der Heiligen, den Fakir el Fukara, vor welchem Millionen niederknien, um – – –“
    „Aziz“, unterbrach der Emir mit donnernder Stimme diese Strafrede, „die Bastonade!“
    Der Fakir fuhr schnell zu ihm herum und rief:
    „Mir die Bastonade? Hat Allah sich denn so weit von dir abgewendet, daß du der Gottlosigkeit fähig bist, seinen Liebling –“
    „Aziz, einen Knebel!“ unterbrach ihn der Emir wieder. Die Asaker, welche mit mir bei den Fessarah gewesen waren und sich so oft über diesen Mann geärgert hatten, freuten sich darüber, daß er jetzt endlich seinen Meister fand. Sie traten herbei und sorgten dafür, daß die Befehle des Emir auf das schnellste ausgeführt wurden. Der Fakir el Fukara wurde niedergerissen und erhielt, als er den Mund zum Schreien und Fluchen aufriß, den Zipfel seines eigenen Gewandes als Knebel in denselben. All sein Sträuben half nicht; es hielten ihn so viele Hände fest, daß er sich schließlich gar nicht mehr bewegen konnte. Man legte ihn auf den Bauch. Mehrere Männer setzten sich

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