Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
282 - Der Schein trügt

282 - Der Schein trügt

Titel: 282 - Der Schein trügt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
Vom Netzwerk:
Vergebung für die Erschießung von Dubliner jr. bat, wurde ihm verziehen. Noch in dieser Nacht akzeptierten ihn die verbliebenen Technos wieder als Anführer - auch deshalb, weil keiner von ihnen wirklich bereit war, die Verantwortung für sie alle zu übernehmen. Niemand besaß Leonards Führungsqualitäten.
    Als man alle Fakten zusammengetragen und besprochen hatte, kristallisierte sich heraus, dass die Zeit zwischen dem Angriff der Schatten und ihrem heutigen Erwachen länger gedauert hatte als ursprünglich angenommen. Eingelagerte Lebensmittel verdarben nicht an einem einzigen Tag, angebaute Pflanzen wuchsen nicht plötzlich mit -zigfacher Geschwindigkeit. Sie mussten für Monate wie versteinert gewesen sein.
    Wie versteinert - oder tatsächlich versteinert?
    Der Fund der Leo-Statue war nicht der letzte geblieben - auch andere zerstörte Steinfiguren hatte man entdeckt. Dass die Menschen, die sie darstellten, gleichzeitig unauffindbar waren, ließ nur einen Schluss zu: Sie waren jene Menschen gewesen. Die Schatten mussten sie versteinert haben. Und jetzt waren alle, die in dieser Zeit bis zu einem gewissen Maß unversehrt geblieben waren, aus unerfindlichem Grund ins Leben zurückgekehrt.
    Diese absurde Theorie wurde bestätigt, als am nächsten Vormittag eine zehnköpfige Abordnung der verfeindeten Barbaren im Dorf erschien. Braham, der Schamane, führte sie an. Der etwa sechzigjährige, schmale und sehnige Mann mit dem kahl rasierten Schädel trat äußerlich so auf, wie die Technos ihn kannten: Weiß gefärbtes Gesicht mit schwarz umrandeten Augen, Fellkleider, Totenkopf- und Knochenketten, roter Umhang - insgesamt eine Gestalt zum Fürchten. Doch dieses Mal lag die Furcht ganz deutlich beim Schamanen; sein Selbstbewusstsein war wie weggeblasen. Jolii befand sich direkt hinter ihm. Waffen trug keiner von ihnen, jedenfalls keine sichtbaren.
    Sir Leonard Gabriel stand in der Mitte des Dorfes, breitbeinig, einen Verband um die rechte Hand, die Fäuste in die Hüften gestemmt; die anderen Technos hatten sich leicht versetzt hinter ihm aufgebaut. Herausfordernd starrten sie den Barbaren entgegen.
    Braham blieb vor Leonard stehen. »Es stimmt tatsächlich: Ihr seid wieder lebendig, nicht mehr aus Stein«, sagte er und zeigte dabei sein gelbes Gebiss, dem die Schneidezähne fehlten.
    Gabriel ließ sich nicht anmerken, wie sehr ihn die Bestätigung ihres Verdachts erschütterte. Als Führernatur erkannte er sofort, welche Chance sich ihnen hier bot.
    »Wir waren versteinert, das stimmt«, entgegnete er mit lauter Stimme. »Aber wir sind die Lieblinge der Götter. Deswegen haben sie uns ihren Atem eingehaucht und uns wieder zurück ins Leben geführt. Die Götter wollen, dass wir leben! Und sie werden jeden bestrafen, der gegen uns zu Felde zieht!«
    Die anderen Barbaren steckten die Köpfe zusammen. Angstvolles Gemurmel ging durch ihre Reihen.
    »So seid ihr Günstlinge der Götter«, murmelte Braham. »Wir werden euch fortan ehren und in Frieden lassen. Was wir euch in der Vergangenheit angetan haben, geschah nur auf Anweisung unseres Häuptlings Joonah, der aber von Gundar dem Großen eingeker- aua!«
    Er verstummte mit einem Schmerzenslaut, als Jolii vorsprang und ihm gegen das Schienbein trat. »Was sagst du da?«, begehrte die Häuptlingstochter auf. Mit zornfunkelnden Augen und bebenden Nasenflügeln stellte sie sich vor den Schamanen hin. »Jetzt, wo er sich nicht wehren kann, schiebst du alles auf meinen Deed. Dabei warst du es, der ihm alles Schlechte eingeflüstert hat!«
    »Halt dein Maul«, zischte er. » Ich führe jetzt den Stamm an, und du…«
    Wieder kam er nicht zum Ende; diesmal wurde er von Sir Leonard unterbrochen. »Was Jolii gesagt hat, haben mir die Götter längst offenbart«, donnerte der Techno. »Braham, du bist böse und durchtrieben. Nimm deine Sippe und verschwinde so schnell wie möglich von hier. Lässt du dich noch einmal in unserem Dorf blicken, wird dich ein Blitz der Götter erschlagen.«
    Einen Moment sah es so aus, als wollte Braham zu einer Entgegnung ansetzen. Doch dann siegte seine Furcht vor den Göttern. Er fuhr mit wehendem Umhang herum und verließ mit der Schar seiner Männer das Dorf. Nur Jolii blieb zurück.
    »Danke, Neunfinger«, sagte sie und lächelte. »Das hatte Braham schon lange verdient. Vielleicht bist du ja doch kein so übler Kerl. Auch wenn ich dir das mit den Göttern nicht abnehme.« Damit wandte auch sie sich um und lief den anderen hinterher.
    »Ein

Weitere Kostenlose Bücher