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29 - Im Lande des Mahdi III

29 - Im Lande des Mahdi III

Titel: 29 - Im Lande des Mahdi III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Wir hatten uns in zwei Treffen aufzustellen, nämlich im ersten die Reiter und im zweiten die Lasttiere mit ihren Treibern. Vor die Front hatten die Anführer zu kommen, also der Raïs Effendina, der Häuptling und – ich. In dieser Ordnung sollten wir stetig vorrücken und soviel schießen und Lärm machen wie nur irgend möglich. Das übrige hatten wir den Gohk zu überlassen.
    Glücklicherweise war das Terrain einer solchen Aufstellung günstig, denn gerade zwischen uns und dem Berg lag ein freier Plan, welcher, wie wir später hörten, nach Art unserer Vogelwiesen der Belustigungsort der Bevölkerung von Wagunda war. Wir fanden Zeit, uns da in der beschriebenen Weise aufzustellen, voran der Raïs Effendina, links von ihm der Häuptling und rechts ich. Neben dem Raïs hielt der Dolmetscher Agadi, um nötigenfalls sofort bei der Hand zu sein. Ich bekam auch einen Adjutanten, denn der Brillenjüngling trieb seinen Ochsen an die Seite des meinigen und nickte mir so verheißungsvoll zu, daß ich überzeugt war, er habe eines für mich sehr wichtigen und vorteilhaften Amtes zu walten. Er war eigentlich unberitten, hatte sich aber eines ledigen Packochsen bemächtigt, um seiner heutigen Würde gemäß zu erscheinen.
    Als die Gohk den erwähnten Plan erreichten, stellten sie sich auch in zwei Treffen auf und kamen dann, ihren Häuptling voran, waffenschwingend und schreiend auf uns zugerannt. Sie waren natürlich zu Fuß. Ihre Waffen bestanden in Spießen, Säbeln, Messern, Keulen, Bogen und Pfeilen. Einige von ihnen, selbstverständlich auch der Häuptling, hatten Flinten. Sobald sie sich gegen uns in Bewegung setzten, taten wir dasselbe gegen sie. Die nun folgenden Evolutionen bestanden darin, daß sie zwischen unsern Gliedern durchrannten und wir zwischen den ihrigen hindurchritten. Hauptsache dabei war natürlich der Lärm. Wer ein Gewehr hatte, schoß es möglichst oft ab; die anderen schwangen unter entsetzlichen Gebärden ihre Waffen, alle aber schrien, riefen und heulten, als ob sie verrückt geworden seien. Ich trug zu diesem schönen Konzert meinen Teil in so ehrlicher Weise bei, daß ich dann einige Tage lang an einer rauhen Kehle laborierte. Wer so reist wie ich, der muß mit den Nachtigallen singen und mit den Wölfen heulen können, sonst erregt er Anstoß allerorten.
    Als wir uns diesen Bewegungen und dieser Vokal-Kunstleistung eine Viertelstunde lang mit edler Begeisterung hingegeben hatten, blieben beide Parteien auf ein gegebenes Kommando einander gegenüber halten. Dann kam der Häuptling der Gohk mit vielen Verbeugungen auf den Raïs Effendina zu, wand den Leib bald nach rechts und bald nach links, als ob er an einer höchst energischen Pferdekolik leide, verdrehte die Augen, rang die Hände, sprang einige Schritte vor, dann wieder zurück, bewegte den Hals schraubenmäßig, wie eine Henne, welche mit dem Schnabel Eier legen will, druckte und schluckte, als ob er an einem mit hinuntergefahrenen Knochen ersticken wolle, und brachte endlich, endlich das zum Vorschein, was zum Vorschein kommen sollte, nämlich eine Rede, welche wohl über eine Viertelstunde dauerte und mich besonders durch die eine ihrer vielen auffälligen Eigenschaften entzückte, daß sie uns ihrer Länge wegen nicht übersetzt werden konnte. Als das letzte Wort verklungen war, brachen seine Gohk in ein wahrhaft tolles Jubelgeschrei aus, in welches wir aus Leibeskräften und mit Aufbietung aller Körperstärke einstimmten.
    Nun kam der bedeutungsvolle Moment, in welchem unser kommandierender Generalissimus zu antworten hatte. Er schickte sich dazu mit einem wohltönenden Räuspern an, ließ seinem Mund einen kurzen, edel klingenden Satz entfahren und schaltete darauf eine weise Pause ein, um Agadi Zeit zur Übersetzung zu lassen. Daran schloß er, immer in lieblicher Abwechslung, einige andere Sätze und Pausen, bis er zu der wohlbedachten Überzeugung gelangte, daß es mit seiner Beredsamkeit zu Ende sei. Er gab, um Ende und auch alles gut zu machen, mit der erhobenen Hand ein Zeichen, um uns zu einer frenetischen Anstrengung unserer Stimmwerkzeuge aufzufordern. Leider aber hatte der gute Raïs Effendina weder sich noch eine andere Person zu begeistern vermocht, weshalb das Resultat dieser Aufforderung eine ebenso allgemeine wie auffällige Stille war.
    Wir sahen uns dadurch, sozusagen, vor den Gohk blamiert. Ihr Anführer hatte den unsrigen um alle Pferdelängen geschlagen. Wie war dem abzuhelfen? Sollte der peinliche Eindruck,

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