2944 - Rache ist ein seltsames Spiel (German Edition)
Schütze konnte unter diesen Umständen zu einer tödlichen Gefahr werden.
Doch ich konnte mir nicht vorstellen, dass ein Computergenie wie Rooney ohne elektrischen Strom auskam. Er hatte garantiert das Energienetz von Con Edison angezapft, um hier seinen dunklen Machenschaften nachgehen zu können.
Im ersten Stockwerk wanderte der Lichtstrahl meiner Helmleuchte über die vielen Nähtische, an denen damals die Frauen geschuftet hatten. Hinter jeder davon konnte Rooney mit der Waffe im Anschlag lauern.
***
Kein Geräusch war zu hören. Nur aus der Ferne vernahm ich die Stiefeltritte von June und Blair, die sich die Kellertreppe hinabarbeiteten. Und dann entdeckte ich einen Lichtschalter. Mit meiner behandschuhten Linken betätigte ich ihn, während ich mit rechts die Maschinenpistole immer noch schussbereit hielt. Phil stand einige Schritte neben mir und bewegte die Mündung seiner Waffe langsam von links nach rechts.
Das Gebäude hing wirklich am Stromnetz. Jedenfalls leuchteten nun einige Neonröhren auf. Da bewegte sich etwas vor uns. Instinktiv richtete ich meine Maschinenpistolenmündung dorthin. Doch es war nur eine Schneiderpuppe, die hin und her wackelte.
Natürlich kann sich so ein Gegenstand nicht von selbst bewegen. Rooney hatte offenbar dagegen gestoßen, um uns abzulenken. Er selbst befand sich eine Mannslänge weit von der Schneiderpuppe entfernt. Das wurde mir im nächsten Moment klar.
Da kam er nämlich wie ein Springteufel aus seiner Box hinter einem Nähmaschinentisch hervor und schoss. Phil und ich duckten uns, die Kugel traf weder meinen Freund noch mich. Phil jagte eine Garbe aus seiner Maschinenpistole, um Rooney auf diese Art in Deckung zu zwingen.
Inzwischen rannte ich los, um die Distanz zu unserem Widersacher zu verringern. Das gelang mir auch. Ich hechtete hinter einen Tisch, während eine Patrone in die Nähmaschine unmittelbar neben mir hackte. Aber jetzt bewegte sich auch Phil vorwärts, wie ich aus dem Augenwinkel sehen konnte. Rooney konnte nicht auf uns beide gleichzeitig feuern. Daher war es auch möglich, ihn in die Zange zu nehmen.
Nun schoss ich auf den Kidnapper.
Rooney drehte sich um und rannte geduckt davon. Er hatte den Maschinensaal verlassen und zog sich in einen Seitenflügel zurück. Wir hatten den Grundriss gesehen und wussten, dass sich dort einige kleinere Lager- und Abstellräume befanden. Fenster gab es auch dort nicht.
Phil und ich setzten ihm sofort nach. Dabei mussten wir natürlich aufpassen, nicht blindlings in eine Falle zu laufen. Momentan hatte ich Rooney nicht mehr im Blickfeld. Mein Partner und ich bewegten uns weiter in die Richtung.
Bevor wir über unser weiteres Vorgehen entschieden hatten, kam per Funk eine Meldung von Blair Duvall.
»Jerry? Wir haben Laura Darro gefunden. Sie ist geschwächt und mit den Nerven fertig, aber sie lebt. Ich habe schon eine Ambulanz angefordert. – Ist bei euch alles okay? Es hört sich nach einer wüsten Ballerei an, was dort oben im Gebäude abläuft.«
»Ja, Rooney weicht keinen Schritt zurück, aber keine Angst, wir kriegen ihn.«
»Braucht ihr noch Unterstützung?«
»Einstweilen nicht, Blair.«
Im Handumdrehen durchsuchten Phil und ich die Nebengelasse auf dieser Etage. Es war schnell klar, dass sich Rooney nur in einem davon versteckt haben konnte. In allen anderen war kein Mensch zu sehen.
Ich donnerte mit dem Maschinenpistolen-Kolben gegen die verschlossene Tür.
»Geben Sie auf, Rooney! Wir haben unsere Kollegen Laura Darro befreit, und Ihre Freundin Lynn Bishop sitzt schon in Untersuchungshaft. Das Spiel ist aus.«
Einen Moment lang herrschte Totenstille. Dann ertönte eine raue Männerstimme. Sie kam mir bekannt vor, denn ich hatte ja das Telefonat zwischen Sid Rooney und unserer Kollegin Sarah Hunter mitgehört.
»Verflucht, dann werde ich die Sache eben auf meine Art beenden …«
Das konnte nur eines bedeuten. Ich trat sofort die Tür ein, die meinem Ansturm nicht widerstehen konnte. Sie flog weit auf. In dem kleinen Raum hockte Sid Rooney inmitten eines Sammelsuriums aus Elektronikteilen. Rooney hatte die Mündung seiner Pistole in den Mund gesteckt. Offenbar wollte er seinem Leben ein Ende setzen.
»Lassen Sie das«, sagte ich ruhig. »Das bringt doch nichts.«
Aber Laura Darros Kidnapper war offenbar völlig außer sich. Der Schweiß lief ihm in Strömen über sein hageres Gesicht, das wirre Haar stand vom Kopf ab, die Augen waren weit aufgerissen. Seine Pläne waren in sich
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