296 - Totes Land
getötet. Nach einem kleinen geistigen Stoß wird er Rache nehmen wollen.«
»Da bin ich mir nicht sicher. Er braucht eine stärkere Motivation. Lassen wir ihn glauben, eine der Frauen lebe noch - und die andere habe er unter dem mentalen Zwang des Obersten Liquidators selbst ermordet. Wir besudeln seine Kleidung mit Blut, um die Geschichte zu stützen. Dann wird er sich nicht nur rächen, sondern die Überlebende befreien wollen.«
Da ließ Onda die Schultern hängen. »Es geht doch nicht.«
»Warum?«
»Weil die falsche Erinnerung zu labil ist. Sobald er etwas erlebt, was sich nicht mit ihr deckt, könnte sie zerbrechen.«
Tiisiv zuckte gleichgültig mit den Achseln. »Diesen Weißhaarigen, von dem er erzählt hat, hat ein Blutbaum gefressen. Der stellt kein Problem dar. Und die Frauen sind sicherlich irgendwo beim Tempel weggesperrt. Er wird ihnen schon nicht über den Weg laufen. Ich glaube, wir sollten es riskieren.«
»Aber wie können wir ihm eine Erinnerung an den Obersten Liquidator eingeben, wenn wir nicht genau wissen, wie er aussieht? Kein Nosfera ist nahe genug an ihn herangekommen, um ihn zusehen.«
»Er soll ein Fleischberg sein, das reicht aus. Dann wird sich unser Attentäter eben selbst nicht mehr deutlich daran erinnern.«
Gebannt lauschte Matt dem Wortwechsel. Dieser Plan war Wahnsinn. Er konnte unmöglich funktionieren. Außerdem wusste er davon, weil die Nosfera offenbar vergessen hatten, ihn geistig aus dem Gespräch auszuschalten.
Doch dann wurde ihm der Fehler in dieser Überlegung bewusst. Wenn sie ihm eine falsche Erinnerung eingaben, würden sie alles löschen, was er bisher gehört hatte. Und somit auch das Wissen um den Plan!
Aber war das überhaupt möglich? Wie sollte er je vergessen, dass Rulfan ein Opfer dieses… dieses… Wie hatte der Nosfera den Baum gleich noch genannt? Und wie lautete sein eigener Name?
Verflucht, es ging bereits los! Sie spielten schon mit seinem Gedächtnis herum.
Das darf nicht geschehen.
Erinnere dich, Matt! Vergiss nicht, was passiert ist. Lass dich… du darfst… lass…
Er schlug die Augen auf und sah eine ihm unbekannte Umgebung. Eine düstere Hütte. Und eine Frau mit strähnigen, schulterlangen schwarzen Haaren.
»Wo bin ich?«, brachte er krächzend hervor.
Er lag auf einem leidlich weichen Bett. Als er den Kopf hob, um sich umzusehen, hatte er das Gefühl, ein rostiges Sägeblatt würde sich langsam durch seinen Schädel fressen. Er ächzte und ließ den Kopf zurück aufs Kissen sinken.
Über die Fußspitzen hinweg entdeckte er ein Fenster, vor dem eine schwere Decke hing, die jegliches Licht aussperrte. Der düstere Schein im Inneren der Hütte stammte von einer flackernden Laterne auf einem Tisch in der anderen Ecke.
Die Frau, die auf einem Stuhl neben dem Bett saß, tupfte ihm mit einem Tuch die Stirn ab. Ihre dunklen Augen lagen tief in den Höhlen, die Wangen waren eingefallen. Die bleiche Gesichtshaut wirkte bei den miserablen Lichtverhältnissen gelblich und krank.
Für Matt gab es keinen Zweifel: Neben ihm saß eine Nosfera. Eine Blutsaugerin.
***
Gegenwart
Matt glotzte mit trübem Blick zu Rulfan, der neben ihm kniete und würgte.
Mit einem Mal erschien ihm alles glasklar. Er wusste nicht, ob es daran lag, dass das Lügengebäude in seinen Erinnerungen zusammengebrochen war, oder ob die Klarheit strahlenbedingt war. Sogar die letzten Lücken in seinem Gedächtnis schlossen sich.
Der Filmriss in der Hütte. Er hatte Tiisiv danach gefragt, warum er ihn trotz der fremden Sprache verstehen konnte - und war beim Luftschiff wieder erwacht. Tatsächlich hatte die Nosfera Onda die Nerven verloren und ihren Anführer angeschrien: »Ich hab doch gleich gesagt, dass es nicht klappt.« Anschließend hatte sie sich wie eine Furie aufgeführt.
Dadurch hatte Matt zwar die richtigen Erinnerungen nicht zurückgewonnen, aber vorsichtshalber hatte der Blutsauger auch diese Szene aus seinem Bewusstsein gelöscht.
Nachdem er die Waffen aus der MYRIAL II geholt hatte, war er so dreist gewesen zu fragen, warum Igoor und seine Gesellen ihn nicht begleiteten. Statt es ihm mühsam zu erklären, hatte er auch Matts Gedächtnis daran ausgelöscht.
Diese wiederholte Manipulation hatte aber offenbar dafür gesorgt, dass auch die Erinnerung, die erhalten bleiben sollte, in Mitleidenschaft gezogen wurde. Deshalb war sie nach seinem Erwachen auf der Lichtung zumindest kurzfristig verschwunden gewesen.
Und die hasserfüllte Stimme, die ihm
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