296 - Totes Land
Fleischberg wurde ein Teil des alten Sarkophags sichtbar. Auch er war zertrümmert wie die Außenhülle.
»Deshalb also!«, stöhnte Rulfan neben Matt auf.
Damit sprach er aus, was auch Matt durch den Kopf zuckte. Eingeschmolzen in die Wand aus Stahl und Beton ragte ein großer Daa'muren-Kristall! Er pulsierte grün. Ehrfurchtsvoll neigte das Volk den Kopf.
»Ich dachte, die wären alle erloschen, als der Wandler die Erde verlassen hat«, flüsterte der Albino.
»Ich auch!«, gab Matt zurück. »Aber vielleicht hat die Radioaktivität es bei diesem verhindert.«
Das Szenario stand ihm vor Augen: Beim Impakt des Kometen hatte der Kristall ein riesiges Loch in den Hangar gerissen. Der Daa'murengeist darin hatte überlebt und begonnen, seine geistigen Fühler auszustrecken - bis er auf die Bevölkerung stieß. Er musste einen Weg gefunden haben, sie gegen die Strahlung zu immunisieren, während die Prypten dachten, es wäre das Werk ihres Obersten Liquidators .
Matthew Drax glaubte beinahe zu spüren, wie sich seine Körperzellen unter den grünen Impulsen verstärkten, wie sie sich gegen die Radioaktivität stemmten.
Wie bizarr! Ein Daa'murenkristall rettete ihn vor dem sicheren Tod. Ja, mehr noch, er schenkte ihm sogar Immunität gegen die Strahlung. Auch wenn diese vermutlich nur für einen Monat anhielt. Das war die Frist, nach der laut Akimow das vermeintliche Ritual wiederholt werden musste. Wem der Oberste Liquidator den Zugang zum Tempel und somit zur heilenden Wirkung des Kristalls verwehrte, der starb den Strahlentod.
Langsam schöpfte Matt Hoffnung, dieses Abenteuer doch zu überleben. Jetzt mussten sie nur noch einen Weg finden, die Frauen zu befreien, dadurch die Zuchtpläne des Pryptenführers zu verhindern und dennoch unbehelligt von hier zu verschwinden.
Nichts einfacher als das. Vielleicht macht uns der freundliche Daa'mure ja auch noch unsichtbar , spottete die Stimme in Matts Hinterkopf. Diesmal war es seine eigene und nicht die von Igoor Tiisiv.
Sie brauchten einen Plan. Möglichst gut - und möglichst schnell. Womöglich könnten sie Akimow…
»Matt!«
Gäbe der pryptische Wächter, der bewusstlos vor ihnen lag, eine gute Geisel ab? Oder sollten sie besser…
»Matt!«
Rulfans eindringliche Stimme riss ihn aus den Gedanken. Da erst fiel ihm auf, dass der monotone Singsang der Menschen abgebrochen war. Die Lücke, die sich zwischen ihnen aufgetan hatte, klaffte so groß, dass er den Obersten Liquidator in all seiner Pracht sehen konnte. Und er sie!
Der Fleischberg reckte ihnen die Tentakelfinger entgegen. »Eindringlinge!«, rief er in schrillem Ton.
Die Köpfe der Prypten zuckten zu ihnen herum.
»Tötet sie!«
Matt umklammerte den Driller fester. So hatte er sich das nicht vorgestellt! Er hob die Waffe, doch da schloss sich die Lücke und somit das freie Schussfeld.
Verdammt! Er konnte doch nicht wahllos in die Menge feuern. Die Prypten befolgten auch nur die Befehle ihres verhassten Anführers.
Jeder weitere Gedanke erübrigte sich. Denn in diesem Augenblick begruben die Menschen Matt und Rulfan unter sich.
***
Die Rückkehr ins Leben war schmerzhaft und beängstigend.
Xij konnte sich nur noch verschwommen daran erinnern, dass einer der vermummten Gasmaskenträger sie aus ihrer und Aruulas Zelle geholt und an einen anderen Ort gebracht hatte. Sie hatte es nicht für möglich gehalten, aber bei jedem Schritt waren die Qualen noch stärker geworden.
Und irgendwann war sie geistig abgedriftet. Schlaglichter aus ihren bisherigen Existenzen flammten auf. Unzusammenhängend, chaotisch. Drachenschiffe, elektrische Gitarren, Saurier, Wölfe, Siechende in den Slums von Indien, Sterbende nach dem Kometeneinschlag.
Kreuz und quer durch die Zeiten. Vor, zurück, hin und her, ohne Sinn und ohne Ziel.
Sie starb! Das spürte sie nur allzu deutlich.
Sie wusste nun, dass der Tod für sie lediglich ein Stadium des Übergangs in einen neuen Körper bedeutete. Deshalb fürchtete sie sich nicht. Aber sie bedauerte es!
Xij mochte ihre derzeitige Erscheinung, die Gestalt der knabenhaften Frau. Und sie genoss die Bekanntschaft mit Matthew Drax. Sollte sie so schnell enden?
Doch dann klärte sich ihr Blick. Die Taubheit des Deliriums wich, die Schmerzen kehrten mit Urgewalt zurück. Augenblicklich tat es ihr leid, dass der Tod sie offenbar doch noch nicht haben wollte.
Ein Hustenanfall traktierte ihren Körper wie mit Nadelstichen bis in die hintersten Nervenenden. Als sei ihr ein Bein
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