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3. Reich Lebensborn E.V.rtf

3. Reich Lebensborn E.V.rtf

Titel: 3. Reich Lebensborn E.V.rtf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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hängt ein Schild:
    ›Vogel ... dreimal läuten.‹
    308
    Klaus hört Schritte. Der Zettel flattert aus seiner Hand.
    »Erika ...«, sagt er starr.
    Sie ist kein Mädchen mehr. Das satte Blond ihrer Haare ist vergilbt. Die fülligen Lippen werden von scharfen Falten eingeengt. Die junge Frau lächelt nicht mehr. Ihr lockerer Witz ist in Berlin zurückgeblieben.
    »Ja ...«, erwidert sie mit seltsam regloser Stimme, »ich heiße Vogel ... mein Mann ... Berlin ...« Sie ordnet die Worte und setzt hinzu: »Ich bin Witwe ... und Sie suchen Ihr Kind ...«
    »Ja«, entgegnet Klaus fahl.
    Erikas Gesicht bleibt starr, als sie zu dem kraftlos in den Türrahmen gelehnten Vater sagt:
    »Ich weiß, wo es ist ...«
    Der Jeep rollte kreuz und quer. Der CIC-Leutnant saß vorne rechts neben dem Fahrer. Hinten kauerte Westroff-Meyer und steuerte die Denunziation. Ab und zu wies der amerikanische Offizier mit einer Geste den Fahrer an, ihm eine Zigarette zu geben. Auch die Lebensmittel erhielt der ehemalige SSObersturmbannführer aus zweiter Hand. Der Leutnant demonstrierte, daß er seinen Helfer nicht einmal mit der Beißzange anfassen wollte.
    Er sagte nichts. Kein Wort auf der ganzen Fahrt. Seit er das Grauen von Dachau gesehen hatte, graute ihm vor dem Sprecher.
    Immer das gleiche: der Wagen stoppte, Westroff-Meyer nickte. Der Leutnant nestelte an seiner Pistolentasche. Sie gingen zu dritt auf das Haus zu. Sie klingelten. Sie stürmten an der Frau oder dem Mann vorbei, der die Tür öffnete. In den Keller marsch, marsch, oder auf den Boden. Immer dasselbe betroffene Gesicht. Und immer die nämlichen, unsteten Augen und das bestätigende Kopfnicken der Resignation. Wieder einer gefaßt. Meistens mit Recht.
    309
    Der ehemalige Obersturmbannführer kannte die
    Schlupfwinkel seiner alten Kameraden gut. Seine Informationen saßen auf Taille. Von Station zu Station wirkte er zufriedener. Er lebte sich in seine Aufgabe ein, und seine Aufgabe lebte vom Verrat. Seine Gemeinheit bekam Beine, und die Beine liefen schneller als der Jeep. Der Wagen holperte durch die amerikanische Zone. Seine Achsen hämmerten im Rhythmus des Marsches: Alte Kameraden ...
    Wieder stoppte der Wagen. Vor einer Villa. Hier hatte sich der Sturmbannführer Schultes verkrochen, früher einmal einer der besten Freunde Westroff-Meyers. Er wurde gefunden. Er sah in das ausdruckslose Gesicht des CIC-Leutnants. Dann pendelte sein Blick zu Westroff-Meyer. Er begriff:
    »Du Sau!« sagte er, »du beschissene, erbärmliche Drecksau!«
    Westroff-Meyer schlug ihm ins Gesicht.
    Der Leutnant nickte und spuckte aus.
    Nach drei Wochen hatte der ehemalige Obersturmbannführer seinen letzten Kumpan den Amerikanern ans Messer geliefert.
    »Ich bin fertig«, sagte er zu dem Leutnant.
    »Denken Sie scharf nach, Herr Bauer.«
    »Ich habe Ihnen 14 SS-Funktionäre übergeben ...«
    »Sie haben ganz gut gearbeitet«, versetzte der CIC-Offizier fast schläfrig, »aber einer fehlt noch.«
    »Einer?«
    »Ja ... der ehemalige Obersturmbannführer Westroff-Meyer
    ... kennen Sie ihn, Herr Bauer?«
    »Nein«, antwortete der Denunziant tonlos.
    »Aber ich ... ich verhafte Sie hiermit wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, begangen in Polen, in Hunderten von Fällen ...«
    Der Leutnant spuckte zum letzten Male aus.
    »Das ist Betrug«, brüllte der ehemalige
    Obersturmbannführer. »Laßt mich gehen! ... Ich sage euch alles
    ... was ihr wollt ... aber mich doch nicht! Ich hab’ doch nichts getan! Das war doch nur die Vomi!«
    »Die sogenannte Volksdeutsche Mittelstelle, ja – mit der haben Sie immer zusammengearbeitet!«
    Der Leutnant winkelte träge das Bein ab und trat ihn gleichgültig in den Unterleib.
    Der ehemalige Obersturmbannführer sackte zusammen. Von da ab lebte er unter dem Strick, der leider viel zu kurz war, um alle Leute seines Schlages zu hängen ...
    19. KAPITEL

    Das Waisenhaus ist bei Flensburg. 77 Kinder des Lebensborns. Und nur eines wird gesucht. Die Kinder bleiben beamtetem Mitleid oder zeitgebundener Gleichgültigkeit überlassen. Konkursmasse des Dritten Reiches. Kinder ohne Mütter, ohne Liebe, ohne Zuhause, grau uniformiert, elendes, armseliges Strandgut einer Zeit, die nach Milchkarten rechnet, das Brot rationiert und die Fürsorge behördlich regelt. Endstation Lebensborn ...
    Erika begleitet Klaus.
    »Es ist besser so«, sagt sie, »mich kennen die Leute schon. Ich habe einen Teil der Kartei gerettet, und mache eine Art Abwicklung für den Lebensborn

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