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3. Reich Lebensborn E.V.rtf

3. Reich Lebensborn E.V.rtf

Titel: 3. Reich Lebensborn E.V.rtf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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einem Wasserglas voll Whisky die Verachtung in den Magen.
    Dann ging er mit dem ehemaligen SS-Obersturmbannführer auf Reisen ...
    Klaus Steinbach sitzt mit leeren Augen in überfüllten Zügen. Er fährt auf Trittbrettern und in Güterwagen. In seinem abgeschabten Offiziersmantel wird er wieder zum grauen Punkt in der fahlen Masse der deutschen Völkerwanderung des Jahres 1945.
    Er hat keine Richtung, aber ein Ziel. Er sucht viel mehr als den eigenen Sohn. Er sucht das Glück, das einmal zwischen ihm und Doris war. Und er weiß, daß er es nur finden wird, wenn er den Jungen zurückbringt.
    Zunächst läßt er sich vom Instinkt leiten. Alles Leben, das aus der tödlichen Presse der zusammengedrückten Fronten gerettet wurde, floh nach Nordwesten. Klaus schafft Hamburg in acht Tagen. Da erst beginnt die Odyssee nach dem verlorenen Sohn, der keine Eltern hat und keine Heimat und nicht einmal über einen richtigen Namen verfügt. Klaus fragt bei Jugendämtern und auf Pfarrgemeinden, in
    Diakonissenheimen und in Waisenhäusern. Er stößt auf Achselzucken mit und ohne Mitleid. Einmal bekommt er statt einer Auskunft einen Teller Suppe, und ein andermal wäre er fast verhaftet worden. Nach einem Kind zu fragen, das aus dem Lebensborn kommt, verrät Wissen über eine wahnwitzige 306
    Organisation.
    Die Schuhe zerfallen an den Füßen, die Hoffnung zerbröckelt im Gesicht. Klaus besitzt kein Geld mehr, um zu essen, und noch weniger verfügt er über Mut, aufzugeben. Er weiß, daß Erika bis zuletzt in Berlin war. Und solange sie konnte, auf den Jungen achtete. Er hat die Anschriften einiger Verwandter des jungen resoluten Mädchens. Aber bis jetzt taugten die Auskünfte nach Erikas Adresse nichts. So zieht er weiter, durch Schleswig-Holstein, durch Dörfer, Siedlungen und Städte. Von der Hoffnung hoffnungslos vorwärtsgepeitscht. Die Magd eines Landpfarrers wirft ihm die Tür vor der Nase zu. Im gleichen Moment kommt der Geistliche den Gartenweg herauf. Er hat einen struppigen, alten Kopf mit einer Haut wie ein Lederüberzug. Nur seine Augen leben noch.
    »Ja«, sagt der Pfarrer schlicht, als er die Frage von Klaus vernommen hat, »davon weiß ich was.«
    Er stopft sich bedächtig die Pfeife, während Klaus über das Seil der Erwartung taumelt.
    »Es war einmal eine Frau hier«, beginnt der Priester, »und hat gefragt, ob wir Pfarrstellen hier Waisenkinder aufnehmen könnten ... es waren so Drei-, Vierjährige aus diesen Naziheimen ...«
    »Und?« fragt Klaus benommen.
    »Ja«, brummt der Pfarrer, »bei mir ging es nicht ... auch für die Nächstenliebe braucht man Platz, und ich habe keinen ... Ich hab’ mir die Adresse der Frau notiert.«
    Klaus steckt den Zettel in die Tasche. So war es hundertmal. Namen, nichts wie Meilensteine einer namenlosen Verzweiflung.
    Der Pfarrer sieht an Klaus vorbei.
    »Suchet, und ihr werdet finden ...«, sagt er. Seine Worte 307
    schweben so verloren im Raum, als ob sie den Glauben an die Heilige Schrift verloren hätten.
    So bettelt sich Klaus weiter. Von Tür zu Tür. Nicht um Brot. Sondern um sein Kind. In Kiel. In Lübeck. In Hamburg.
    »Wir sind zwar nicht zuständig«, sagen die Beamten, »aber versuchen Sie doch mal ...«
    Und wieder hockt der entlassene Offizier auf der Bahn. Mit angezogenen Füßen. Mit tauben Ohren. Mit einem Loch im Magen. Der Regen tropft vom Wagendach. Draußen flitzen die Trümmer vorbei. Unter ihnen Tote. Auf ihnen Unkraut. Neben ihnen Frauen, die mit bloßen Händen die Steine abtragen. Die Größe der Zeit ... Räder müssen rollen für den Sieg. Führer befiel, wir folgen dir. Die Rattenplage ist unerträglich. Lysol gegen Leichen und Ungeziefer ...
    Nach Hause, denkt Klaus müde. Es ist sinnlos. Er wird Doris alles sagen und es wird nicht einmal mehr Überwindung kosten.
    »Ich hab’ dich angelogen«, wird er sagen, »dein Glück ist eine Lüge ... macht nichts, wenn du damit nicht fertig wirst ... ich bin schon lange daran kaputtgegangen.«
    Der Zettel des Pfarrers steckt noch in seiner Tasche. Die Frau wohnt in Hannover? Hannover? Ach ja, Erika hat dort Verwandte. Er hatte sie vergeblich gesucht. Er liest die Schrift:
    ›Erika Vogel‹ Erika? Seltsam ...
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