Von der will ich alles, Darling
1. Kapitel
Der Mond hing wie eine große Kugel über dem schwarzen Pazifik, als dichte Wolken über ihn hinwegzogen und Regen verkündeten.
Danya Stepanov stand oben auf der Klippe, und weit unter ihm schlugen die Wellen an den Strand. Grübelnd starrte Danya auf die Lichter von Amoteh, der Kleinstadt im Südwesten des Staates Washington.
Nicht weit davon entfernt konnte man das "Amoteh Resort" ausmachen, den Ferienkomplex, den Danyas Cousin Mikhail leitete. Das Hotel bot Touristen Ruhe, Geschäftsleuten Veranstaltungsräume und vielen Einwohnern der Stadt eine Einnahmequelle, weil sie ihre kunsthandwerklichen Erzeugnisse dort verkaufen konnten. Auch die Möbeltischlerei von Danyas Onkel Fadey und dessen Sohn Jarek besaß in der großzügig angelegten Ferienanlage einen Ausstellungsraum.
Eine Windbö zerzauste Danya das Haar und trug salzige, sommerliche Meeresluft herbei.
Er drehte sich um und ging hinüber zu dem uralten Steingrab von Kamakani, einem hawaiischen Häuptling, der einer Legende nach dieses Land verflucht hatte, weil ihn Walfänger vor mehr als hundert Jahren gefangen genommen hatten, als er hier gestrandet war, und weil er nie mehr in sein Land und zu der Frau, die er liebte, zurückkehren durfte. Als er starb, hatte man ihn hier auf dem Strawberry Hill begraben.
Danya wusste, was Kamakani durchgemacht hatte, denn er trauerte um seine Frau, die viel zu früh gestorben war.
Vor neun Jahren hatte ein betrunkener Autofahrer Danyas junger Frau das Leben genommen. Und weil Danya am Lenkrad gesessen hatte, musste er immer wieder darüber nachdenken, ob er an diesem Unfall mit schuld war. Hätte er dem Fahrzeug, das wie aus dem Nichts von der Gegenfahrbahn direkt auf ihn zugeschossen kam, ausweichen können?
Gedankenverloren ging Danya zu den windschiefen Bäumen, die zwar winzig waren im Vergleich zu den riesigen Kiefern in seiner Heimat Wyoming, ihm mit ihrem Duft aber trotzdem ein Gefühl von Heimat vermittelten. Er atmete die salzige Luft ein und spürte den vertrauten Stich im Herzen. Sein Bruder Alexi, ursprünglich auch Rancher, hatte hier in Amoteh ein neues Leben begonnen. Jetzt, gut ein Jahr später, war er glücklich verheiratet und Vater. Würden auch Danyas Wunden der Vergangenheit heilen, wenn er hier zusammen mit seinem Vater Victor und den anderen Verwandten lebte?
Im letzten Jahr hatte Danya gespürt, dass er es auf der Ranch seines Vaters in Wyoming nicht mehr aushielt. Zu viel erinnerte ihn an seine Frau. Und Jeannie hätte es in Amoteh gefallen.
Sie hätte gern hier mit den anderen Stepanovs ihre Kinder großgezogen.
Danya atmete tief durch und fragte sich, ob sie wohl gerade bei ihm war, im Nebel schwebend, wartend …
Er dachte an das, was ihm nicht genommen worden war – eine große Familie, Nichten und Neffen, die er auf den Arm nehmen konnte, die florierende Firma, die er zusammen mit seinem Bruder betrieb …
Plötzlich hörte er Zweige knacken. Da war jemand ganz in der Nähe.
Danya lächelte traurig. Offensichtlich gab es noch mehr Menschen, die in der Nacht umherliefen, um mit ihrer Einsamkeit allein zu sein.
Da durchbrach ein lautes Wehklagen die Stille der Nacht. Danya stellte sich hinter einen Baumstamm und beobachtete die schemenhafte Gestalt. Sie warf ein Bündel auf den Boden vor Kamakanis Grab, drehte sich um und hob die Arme – verblüfft beobachtete Danya, wie eine Frau sich ihres Tops und dann ihrer Hose entledigte.
Eine Frau mit kurzen Haaren, aber sehr weiblichen Formen stand vor dem Grab. Im Mondlicht, das die Wolken durchdrang, wirkte sie fast mystisch, eine Göttin, die der Nacht huldigte.
Sie hob die Hände und rief wütend: "Verdammt, was ist los mit mir? Schau mich an, Häuptling. Ich habe all das, was andere Frauen auch haben – an einigen Stellen vielleicht nicht ganz so viel, aber ich habe alles, was dazugehört. Warum hat Ben also diese vollbusige, hirnlose Fluffy geheiratet und nicht mich?"
Eine Reihe von nicht sehr damenhaften Flüchen schallte durch die Dunkelheit, und Danya fürchtete, dass die Frau etwas Drastisches vorhatte – zum Beispiel, sich von den Klippen zu stürzen.
"Schau her, die Grundausstattung einer Dreißigjährigen. Ich korrigiere, die Luxusausstattung. Wir hatten Sex, auch wenn Ben nie sehr lange gebraucht hat, aber wir hatten bei unseren Jobs nie viel Zeit, und das passte mir gut so. Schau her, Brüste. Alles, was dazugehört."
Die Frau warf etwas zur Seite, vermutlich ihren BH, und zog anschließend auch
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