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3 - Wächter des Zwielichts

3 - Wächter des Zwielichts

Titel: 3 - Wächter des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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und gebissen waren. Vermutlich bewegte sich Kostja in dieser Vampirmanier fort, bei der jede Bewegung unfassbar schnell wird und der Prozess des »Essens« nur ein paar Sekunden in Anspruch nimmt. »Werden sie jetzt zu Vampiren?«, wollte Lass wissen.
    »Nur wenn er das gewollt hat. Und nur wenn sie selbst einverstanden waren.« »Ich hätte nicht gedacht, dass man noch die Wahl hat.«
    »Man hat immer die Wahl«, antwortete ich, während ich die nächste Tür öffnete. Und begriff, dass wir am Ziel angelangt waren.
    Ein weitläufiger heller Saal. Voller Menschen, mindestens zwanzig Menschen. Darunter auch Kosmonauten, der russische Kommandant des Raumschiffs, ein Amerikaner und der Weltraumtourist, ein Schokoladenfabrikant aus Deutschland.
    Natürlich wiesen alle die gleiche wonnige Starre auf - mit Ausnahme von zwei Technikern in weißen Kitteln, deren Augen zwar ebenso ausdruckslos waren, deren Hände Kostja jedoch mit gewohnter Leichtigkeit in den Skaphander halfen. Keine leichte Aufgabe, denn die Raumanzüge sind maßgeschneidert und Kostja war etwas größer als der Deutsche.
    Der glücklose Tourist saß völlig nackt - Kostja war sich nicht zu fein gewesen, sogar seine Unterwäsche anzuziehen - etwas abseits und nuckelte an seinem Zeigefinger.
    »Ich habe nur noch zwei, drei Minuten«, sagte Kostja fröhlich. »Halt mich also nicht auf, Anton. Wenn du versuchst, dich mir in den Weg zu stellen, bring ich dich um.« Natürlich überraschte ihn mein Auftauchen nicht.
    »Die Rakete bekommt keine Starterlaubnis«, sagte ich. »Worauf hoffst du eigentlich? Die Hohen wissen, was du vorhast.«
    »Die Rakete wird starten, da kannst du machen, was du willst«, antwortete Kostja gelassen. »Die Luftverteidigung hier ist durchaus akzeptabel, das kannst du mir glauben. Und der Chef der Wachtposten vom Kosmodrom hat gerade eben alle notwendigen Befehle gegeben. Willst du mir weismachen, ihr würdet zum massiven Angriff mit ballistischen Raketen gegen mich blasen?« »Ja.«
    »Du bluffst«, antwortete Kostja ungerührt. »Ein Schlag seitens der Chinesen oder Amerikaner ist ausgeschlossen, das würde einen Weltkrieg auslösen. Unsere Raketen sind nicht auf Baikonur gerichtet. Flugzeuge mit taktischen Geschossen kommen hier nicht rein. Euch bleibt kein Ausweg. Lehnt euch zurück und genießt das Ganze.« Vielleicht hatte er Recht.
    Aber vielleicht hatten die Großen auch einen Plan, wie sie Baikonur durch einen Atomschlag vernichten konnten, ohne einen Weltkrieg zu provozieren. Das spielte keine Rolle.
    Das Wichtigste war, dass Kostja für sich schon alles entschieden hatte. Er würde sich nicht aufhalten lassen. Gleich würde man ihn zur Rakete bringen, ihn hineinsetzen... Und dann?
    Was könnte er tun, wenn er in diesem Eisenfass saß und ein Dutzend Hohe ihre Portale im Raumfahrtzentrum öffnen würden? Wenn sie im Handumdrehen das Gedächtnis des Chefs der Wachtposten reinigen würden und von all denjenigen, die auf einen Startknopf drücken müssen? Wenn sie den Befehl zur Sprengung der Rakete geben oder »aus der Hüfte« mit einem transportablen Kernsprengkopf schmeißen oder irgendeinen geheimen Sputnik mit einem Röntgenlaser einsetzen würden? Nichts könnte er machen!
    Ein Raumschiff ist kein Automobil, das man einfach klauen kann! Bei einem Raketenstart müssen Tausende von Menschen Hand anlegen, und in jeder Phase gibt es genügend »Knöpfchen zu drücken«, damit das Raumschiff auf gar keine Umlaufbahn kommt.
    Selbst wenn Kostja ein Idiot wäre - er ist jetzt ein Hoher Vampir und sollte die Realitätslinien lesen, die Zukunft voraussagen können und begreifen, dass wir ihn aufhalten würden. Oder...
    Oder das Kosmodrom, die Menschen, die er unter seine Kontrolle gebracht beziehungsweise betäubt hatte - all das musste eine Finte sein. Eine Finte, wie der Flughafen in Saratow. Er brauchte keine Rakete! Genau wie er kein Flugzeug brauchte! Er würde das Portal direkt im Kosmos öffnen.
    Aber warum war er dann erst nach Baikonur gekommen? Für den Skaphander? Quatsch. Das Zentrum zur Ausbildung von Kosmonauten wäre weitaus näher gewesen, und dort hätte er mit Sicherheit einen passenden Skaphander gefunden. Also war er nicht nur wegen des Anzugs hier...
    »Ich muss die Zaubersprüche lesen«, sagte Kostja. »Blut über die Seite verteilen. Im Vakuum geht das nicht.«
    Er erhob sich und schob die Techniker beiseite, die gehorsam strammstanden.
    »Ich muss das Portal in der Raumstation öffnen. Dafür muss ich die

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